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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 23.2 Verdauungstrakt

PLE bei Hunden: Ursachen und Behandlung

veröffentlicht 07/06/2023

Geschrieben von Sara A. Jablonski

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Proteinverlustenteropathie ist ein heterogenes Syndrom bei Hunden, und jeder Einzelfall muss individuell angegangen werden.

Photomicrograph (x10 magnification) of marked intestinal lymphangiectasia Mikroskopische Aufnahme (x10) einer hochgradigen intestinalen Lymphangiektasie und einer mittelgradigen lymphoplasmazellulären, neutrophilen und eosinophilen Duodenitis bei einem 5 Jahre alten, weiblichen, kastrierten Soft-Coated Wheaten Terrier mit PLE

Kernaussagen

Canine Proteinverlustenteropathie (PLE) ist ein Syndrom, das als Folge einer Vielzahl verschiedener Erkrankungen entstehen kann. 


Chronische entzündliche Darmerkrankungen und intestinale Lymphangiektasie sind die häufigsten Ursachen der caninen PLE. 


Die Diagnose erfordert einen sorgfältigen Ausschluss anderer Ursachen einer Hypoalbuminämie, gefolgt von einer Schritt-für-Schritt-Abklärung möglicher Ursachen der PLE. 


Canine PLE ist ein heterogener Krankheitsprozess, aber diätetische Modifikationen gelten in vielen Fällen als eine wichtige Komponente der Therapie.


Einleitung

Proteinverlustenteropathie (PLE) ist ein Syndrom, das von einem übermäßigen Proteinverlust über die Darmschleimhaut gekennzeichnet ist. Die Erkrankung entsteht als Folge einer veränderten intestinalen Permeabilität und Proteinaufnahme, direkter Schleimhauterosionen oder Schleimhautulzerationen und sekundärem Proteinverlust und/oder im Zusammenhang mit einer veränderten lymphatischen Funktion und einem direkten Verlust proteinreicher Lymphe. Letztlich kann eine PLE also als Folge einer großen Bandbreite unterschiedlicher Erkrankungen entstehen, einschließlich neoplastischer, infektiöser, mechanischer, entzündlicher und gemischter Prozesse (Tabelle 1). Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) und intestinale Lymphangiektasie (IL) sind die häufigsten Ursachen von PLE 1. Der Begriff chronisch entzündliche Darmerkrankung beschreibt Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes mit klinischen Symptomen, die über einen Zeitraum von mindestens drei Wochen bestehen, mit Ausnahme neoplastischer, infektiöser, endokriner, mechanischer und extragastrointestinaler Ursachen und histologisch bestätigter intestinaler Entzündungen. Dagegen ist der Begriff „Inflammatory Bowel Disease“ (IBD) im typischen Fall reserviert für Hunde mit einer durch Biopsie gestützten Diagnose einer entzündlichen Darmerkrankung, bei denen unter Umständen bereits eine diätetische oder antibiotische Versuchsbehandlung gescheitert ist. In Anbetracht der Tatsache, dass diese strikten Kriterien in der Praxis tatsächlich nur von sehr wenigen Patienten erfüllt werden, werden im Allgemeinen die breiteren Termini chronische Enteropathie (CE) oder chronisch entzündliche Darmerkrankung (CED) bevorzugt. Bei der intestinalen Lymphangiektasie handelt es sich um eine Erkrankung, die durch eine variable Erweiterung intestinaler Lymphgefäße, eine Lymphangitis und/oder eine Lymphgefäßobstruktion oder Lymphgefäßruptur gekennzeichnet ist. Ein jüngster Review berichtet, dass bei 314/469 (68 %) Hunden mit PLE die Diagnose einer CED gestellt wurde, und bei 214/469 (46 %) die Diagnose einer IL 1. PLE kann auch bei Katzen auftreten, kommt aber signifikant häufiger bei Hunden vor. Dieser Review fokussiert sich auf die klinischen Befunde, die Diagnose und die Behandlung der häufigsten Ursachen der caninen PLE, also CED und IL, und diskutiert insbesondere die allerneuesten Updates.

Tabelle 1. Ätiologien der Proteinverlustenteropathie bei Hunden.

Erkrankungen, die die intestinale Permeabilität verändern und/oder Schleimhautschäden verursachen
Intestinale Ulzeration
Chronische Obstruktion des Darms:
  • Fremdkörper
  • Intussuszeption
Erkrankung der Darmkrypten (unklar, ob primäre Erkrankung oder sekundäre Veränderung)
Hypoadrenokortizismus (Addison)
Chronische Darmerkrankungen  
Infektiöse Darmerkrankungen:
  • Mykotisch (Histoplasmose, Pythiose)
  • Parasitär (Hakenwurm, Shistosomiasis)
  • Viral (Parvovirus)
  • Bakteriell – selten (Campylobacteriose, Salmonellose)
Neoplasie:
  • Intestinales Lymphom (solitär oder diffus)
  • Intestinales Adenokarzinom
Lymphatische Erkrankung
Primäre Lymphangiektasie (genetische Prädisposition)
Sekundäre Lymphangiektasie:
Häufig
  • Chronische Darmerkrankung
  • Intestinale Neoplasie
weniger häufig
  • Rechtsherzinsuffizienz
  • Konstriktive Perikarditis 
  • Portale Hypertonie
Fokale lipogranulomatöse Lymphangitis

 

Klinische Befunde

Eine Proteinverlustenteropathie kann bei Hunden jeden Alters diagnostiziert werden, und eine geschlechtsspezifische Prädisposition ist nicht bekannt. Zu den Rassen mit der nach den Angaben einer Vielzahl von Studien höchsten Prävalenz der PLE gehören der Yorkshire Terrier, Mischlinge, Border Collie, Deutscher Schäferhund und Rottweiler 1. Als Rassen mit besonderer Prädisposition für die Entwicklung von IL gelten der Norwegische Lundehund, der Chinesische Shar-Pei, und der Rottweiler sowie Malteser Terrier, Soft-Coated Wheaten Terrier und Yorkshire Terrier 1,2,3.

Klinisch äußert sich eine PLE bei Hunden in den meisten Fällen in Form von chronisch rezidivierenden oder progressiven gastrointestinalen Symptomen, Gewichtsverlust und Symptomen im Zusammenhang mit einer Hypoalbuminämie (z. B. Aszites, Pleuraerguss, subkutanes Ödem). Am häufigsten werden Diarrhoe, Gewichtsverlust und verminderter Appetit beobachtet, während Erbrechen weniger häufig auftritt. In 5-10 % aller Fälle fehlen gastrointestinale Symptome, und diese Hunde werden dann meist zur Abklärung von klinischen Symptomen im Zusammenhang mit einer Hypoalbuminämie zur Untersuchung vorgestellt. Seltener werden Patienten auch aufgrund von systemischen Komplikationen einer PLE vorgestellt. So können z. B. Hunde mit signifikanter ionisierter Hypokalzämie einen Tremor oder Gesichtsreiben zeigen oder fokale oder generalisierte Anfälle entwickeln, und eine Thromboembolie in Folge einer PLE kann zu respiratorischen, neurologischen oder muskuloskelettalen Symptomen führen 1,4,5

Die klinische Untersuchung liefert sehr variable Befunde. In einigen Fällen verläuft die Untersuchung weitgehend unauffällig, bei anderen Patienten werden dagegen hochgradige Veränderungen festgestellt. Häufig beobachtete Anomalien sind eine verminderte Body Condition und/oder Muscle Condition aufgrund der Malnutrition (Abbildung 1a und 1b), ein vergrößertes Abdomen (mit palpierbarer Fluktuationswelle), periphere Ödeme und/oder herabgesetzte Lungengeräusche aufgrund eines Pleuraergusses. Selten wird auch eine Chemosis infolge einer Hypoalbuminämie beobachtet (Abbildung 2). Bei der Rektaluntersuchung können eine verdickte oder aufgeraute Rektalschleimhaut und/oder diarrhoische Fäzes festzustellen sein.

Images depicting the body condition of a 4-year-old, female neuter Soft-Coated Wheaten Terrier
a
Chemosis (eine seltene klinische Folge von Hypoalbuminämie) bei einem 5 Jahre alten, männlichen, kastrierten Border Collie mit PLE infolge einer mittelgradigen lymphoplasmazellulären und neutrophilen Enteritis und einer geringgradigen intestinalen Lymphangiektasie
b

Abbildung 1. Body Condition eines 4 Jahre alten, kastrierten, weiblichen Soft-Coated Wheaten Terriers, vor dem Einsetzen der Symptome einer PLE (a) und nach der Diagnose einer PLE infolge einer hochgradigen intestinalen Lymphangiektasie und einer mittelgradigen lymphoplasmazellulären Enteritis (b).
© Sara A. Jablonski

 

Hypoalbuminämie ist die charakteristische biochemische Veränderung bei Patienten mit PLE. Weitere häufige Befunde im großen Blutbild und in der Serumbiochemie sind Lymphopenie, unterschiedliche Grade von Leukozytose, Hypocholesterinämie, reduziertes Serumkreatinin, erhöhte Leberenzymaktivitäten (typischerweise geringgradige Anstiege), reduziertes Gesamtkalzium und Magnesium im Serum und Hypoglobulinämie. Eine Hypoglobulinämie wird zwar häufig festgestellt, einige Hunde mit PLE weisen aber physiologische oder sogar erhöhte Globulinkonzentrationen im Serum auf.

Eine Gesamt-Hypokalzämie ist eine sekundäre Folge der Hypoalbuminämie. Häufig tritt aber auch eine ionisierte Hypokalzämie auf, oft im Zusammenhang mit einer reduzierten Serumkonzentration von 25-Hydroxyvitamin D. Eine begleitende ionisierte Hypomagnesämie und sekundäre Störungen der Nebenschilddrüsen können ebenfalls vorhanden sein 6,7. Im Idealfall sollten bei einem Patienten mit PLE-Verdacht also sämtliche genannte Parameter gemessen werden. Eine Hypocobalaminämie wird bei Hunden mit PLE ebenfalls häufig beobachtet, ebenso wie niedrige Folsäurekonzentrationen im Serum und ein Anstieg der caninen Pankreaslipase-Immunreaktivität (cPLI). Und schließlich zeigen viskoelastische Tests bei Hunden mit PLE einen Zustand der Hyperkoagulabilität 8, dieser Befund steht aber nicht direkt im Zusammenhang mit der Entwicklung einer Thromboembolie. 

Chemosis

Abbildung 2. Chemosis (eine seltene klinische Folge von Hypoalbuminämie) bei einem 5 Jahre alten, männlichen, kastrierten Border Collie mit PLE infolge einer mittelgradigen lymphoplasmazellulären und neutrophilen Enteritis und einer geringgradigen intestinalen Lymphangiektasie.
© Sara A. Jablonski

Diagnose

In Fällen mit PLE-Verdacht umfasst das initiale diagnostische Work-up zunächst einen sorgfältigen differenzialdiagnostischen Ausschluss sämtlicher GI-unabhängiger Ursachen von Hypoalbuminämie (Tabelle 2). Falls erforderlich, kann mit Hilfe der Messung des fäkalen alpha-1-Proteinaseinhibitors bestätigt werden, dass tatsächlich ein Proteinverlust über den Gastrointestinaltrakt vorliegt. Alpha-1-Proteinaseinhibitor hat eine ähnliche Größe wie Albumin, wird normalerweise im Darm nicht aktiv absorbiert oder sezerniert und nicht hydrolysiert, und ist deshalb ein idealer Marker für intestinalen Proteinverlust 9. Am sinnvollsten ist dieser Test wahrscheinlich bei Patienten mit begleitendem renalen Proteinverlust oder begleitender Leberdysfunktion, da diese Zustände die PLE-Diagnose erheblich komplizieren können. Nach diesem Schritt wird zunächst eine Reihe weiterer Tests empfohlen, bevor schließlich eine Darmbiopsie für die endgültige Diagnose durchgeführt wird. Unter anderem gehören dazu ein Screening auf Hypoadrenokortizismus: ein basaler Cortisolwert im Serum > 2 µg/dl schließt Hypoadrenokortizismus aus, unterhalb dieses Grenzwertes sollte aber ein ACTH-Stimulationstest erfolgen, um einen Hypoadrenokortizismus sicher ausschließen zu können. Weitere diagnostische Maßnahmen sind eine Kotuntersuchung auf Helminthen und Giardia duodenalis, aber auch Bild gebende Verfahren sowie spezifische Tests auf Infektionskrankheiten (z. B. Urinantigentest und rektale Geschabsel mit Zytologie zur Untersuchung auf Histoplasmose), je nach potenzieller Exposition und klinischem Verdacht im Einzelfall. 

Tabelle 2. GI-unabhängige Ursachen von Hypoalbuminämie und Tests für deren Ausschluss.

Erkrankung Test(s) zum Ausschluss
Leberinsuffizienz/-dysfunktion  Gallensäuretests 
Proteinverlustnephropathie Harnanalyse +/- Urin- Protein:Kreatinin Verhältnis
Pankreasinsuffizienz Trypsin-like Immunoreactivity im Serum (gefastet)
Hämorrhagie Klinische Untersuchung einschließlich Rektaluntersuchung, Untersuchung auf Ergüsse in Körperhöhlen  
Verdünnung oder Redistribution von Albumin 
Untersuchung auf Nieren- und Herzerkrankungen
Untersuchung auf Hinweise für Vaskulitis oder Ergüsse

 

Thoraxröntgenaufnahmen können hilfreich sein, um Hinweise auf einen Pleuraerguss, Metastasen oder eine mykotische Erkrankung zu finden, und abdominale Röntgenaufnahmen dienen der Abklärung des Verdachtes einer chronischen Obstruktion des Dünndarms. Eine abdominale Ultraschalluntersuchung kann hilfreich sein für den Ausschluss fokaler oder extraluminaler Läsionen, die einen Einfluss auf die diagnostische Herangehensweise haben könnten. Die Sonographie dient aber auch der nicht-invasiven Entnahme von Feinnadelaspiraten von Zubildungen oder veränderter Lymphknoten. Wenn vorhanden, lässt sich auf sonographischem Wege zudem ein Peritonealerguss erkennen. Im Falle eines Bauchhöhlenergusses sollten Proben der abdominalen Flüssigkeit zur Analyse entnommen werden, denn bei einem Patienten mit PLE würde man hier ein reines Transsudat erwarten. Hyperechogene Streifen in der Mukosa (Abbildung 3) bei der abdominalen Sonographie stützen die Diagnose einer intestinalen Lymphangiektasie, sind für Letztere aber nicht spezifisch 10. Das diagnostische Work-up sollte in jedem Fall aber auch ein Screening auf die oben genannten labordiagnostischen Anomalien umfassen – allen voran eine ionisierte Hypokalzämie und eine Hypocobalaminämie. 

Transversaler Ultraschall-Scan des Dünndarms mit hyperechogenen Streifen in der Mukosa bei einem 7 Jahre alten

Abbildung 3. Transversaler Ultraschall-Scan des Dünndarms mit hyperechogenen Streifen in der Mukosa bei einem 7 Jahre alten, weiblichen, kastrierten Goldendoodle mit PLE.
© Sara A. Jablonski

Die endgültige Diagnose erfordert oft eine Biopsie mit Histopathologie, die bei diesen Patienten aus mehreren Gründen ein wichtiger diagnostischer Schritt ist. Zunächst können mittels Biopsie infektiöse und neoplastische Ursachen einer PLE ausgeschlossen werden, sie unterstützt aber auch die Diagnose einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, einer IL oder beider Entitäten (und wenn beide vorliegen, welcher Prozess dominant erscheint). Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass 76 % der Hunde mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung und Hypoalbuminämie auch einen gewissen Grad einer intestinalen Lymphangiektasie/dilatierter Lymphkapillaren aufweisen 11, diese Prozesse treten also häufig kombiniert auf. Eine chirurgische Exploration zur Entnahme von Biopsieproben hat den Vorteil, dass auch fokale Areale der Erkrankung für die Biopsie gefunden werden können und dass systematisch sämtliche Segmente des Darms untersucht und gegebenenfalls bioptiert werden können, gegebenenfalls aber auch andere Organe und Gewebe wie die Leber und Lymphknoten. Dennoch bietet die Entnahme von Darmgewebe mit Hilfe eines flexiblen Endoskops zahlreiche Vorteile und stellt die allgemein bevorzugte Option für die Biopsie dar, da sie weitaus weniger invasiv ist und mit einer im Vergleich zur Laparotomie sehr viel schnelleren postbioptischen Erholung einhergeht. Hinzu kommt, dass die Endoskopie eine direkte Visualisierung der Schleimhaut und eine zielgenaue Entnahme abnormen Gewebes ermöglicht. Insbesondere die so genannten „weißen Flecken“ auf der Schleimhaut (Abbildung 4) werden mit einer Lymphangiektasie assoziiert 12. Da sich die pathologischen Veränderungen in verschiedenen Darmabschnitten unterscheiden können, wird dringend empfohlen, sowohl eine Ösophagogastroduodenoskopie („oben“) als auch eine Ileokoloskopie („unten“) durchzuführen 13. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Endoskopie auch ihre Grenzen hat. So kann die Qualität endoskopischer Bioptate die Genauigkeit der Diagnose beeinflussen, das Jejunum kann typischerweise nicht bioptiert werden und tiefer in der Darmwand sitzende Läsionen können sich der endoskopischen Probenentnahme entziehen. Hinzu kommt, dass es zwar durchaus Guidelines für die Interpretation entzündlicher und morphologischer Veränderungen der gastrointestinalen Schleimhaut von Hunden und Katzen gibt (WSAVA Scoring System) 14, bezüglich der Interpretation intestinaler Biopsieproben aber nach wie vor Kontroversen und eine Inter-Beobachter-Variabilität herrschen. Zudem korrelieren histopathologische Befunde nicht durchgängig und präzise mit den klinischen Symptomen oder dem therapeutischen Ansprechen. Ein Teil der Verantwortung liegt hier bei dem Tierarzt oder der Tierärztin, der/die die Befunde interpretiert. Wichtig ist, dass der histopathologische Bericht vollständig gelesen wird, und dass die klinische Beurteilung des Patienten in die Interpretation einbezogen wird, insbesondere wenn die histopathologischen Ergebnisse nicht richtig zu den anderen Befunden passen.

Erweiterte Lymphkapillaren sind makroskopisch erkennbar als stecknadelkopfartige bis koaleszierende

Abbildung 4. Erweiterte Lymphkapillaren sind makroskopisch erkennbar als stecknadelkopfartige bis koaleszierende „Weiße Flecken“ im Dünndarm eines 5 Jahre alten, weiblichen, kastrierten Soft-Coated Wheaten Terriers mit histologisch bestätigter hochgradiger intestinaler Lymphangiektasie und dem klinischen Syndrom einer PLE.
© Sara A. Jablonski

Häufige histopathologische Befunde bei Hunden mit PLE sind eine intestinale Lymphangiektasie (Abbildung 5), Schleimhautödeme, verschiedene Typen und Grade entzündlicher Infiltrate und dilatierte, zystische Krypten (Abbildung 6). In endoskopisch gewonnenen Darmbioptaten findet man eine intestinale Lymphangiektasie in den Zotten, in der Lamina propria der Mukosa und in der Submukosa 15. Es ist daher wichtig, dass bei der histopathologischen Beurteilung alle diese Abschnitte sorgfältig auf Hinweise für eine Lymphangiektasie untersucht werden. Läsionen im Bereich der Darmkrypten scheinen insbesondere bei Yorkshire Terriern häufig vorzukommen 2. Wenn bei der Beurteilung von Bioptaten der Verdacht einer bakteriellen Adhärenz/Invasion entsteht, kann eine Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) in Erwägung gezogen werden, um Bakterien im Formalin-fixierten Gewebe nachzuweisen. In einigen Fällen können immunhistochemische Untersuchungen und eine PCR auf Antigen-Rezeptor-Rearrangements (PARR) erforderlich sein, um die Differenzierung zwischen intestinalem Lymphom und entzündlichen Infiltraten zu unterstützen.

Mikroskopische Aufnahme (x10) einer hochgradigen intestinalen Lymphangiektasie und einer mittelgradigen lymphoplasmazellulären

Abbildung 5. Mikroskopische Aufnahme (x10) einer hochgradigen intestinalen Lymphangiektasie und einer mittelgradigen lymphoplasmazellulären, neutrophilen und eosinophilen Duodenitis bei einem 5 Jahre alten, weiblichen, kastrierten Soft-Coated Wheaten Terrier mit PLE. 
© Victoria Watson, DVM, PhD, Dip. ACVP

Mikroskopische Aufnahme einer hochgradig dilatierten Darmkrypte mit degenerierten Entzündungszellen und dazwischen gelagertem eosinophilem

Abbildung 6. Mikroskopische Aufnahme einer hochgradig dilatierten Darmkrypte mit degenerierten Entzündungszellen und dazwischen gelagertem eosinophilem, nekrotischem Debris und Schleim bei einem 6 Jahre alten, männlichen, kastrierten, kleinen Mischlingshund mit PLE.
© Victoria Watson, DVM, PhD, Dipl. ACVP

Behandlung

Die Diskussion der Behandlung neoplastischer, infektiöser, mechanischer und gemischter Ursachen von PLE würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Dieser Abschnitt konzentriert sich deshalb in erster Linie auf die Behandlung der durch chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) und intestinale Lymphangiektasie (IL) verursachten PLE. Der Schweregrad der klinischen Erkrankung kann einen entscheidenden Einfluss auf die therapeutische Herangehensweise haben. So kann zum Beispiel bei klinisch relativ stabilen Hunden mit vermuteter oder bestätigter PLE allein eine diätetische Behandlung ein vernünftiger therapeutischer Ansatz sein. Nachweislich erfolgreich ist diese Strategie bei Yorkshire Terriern 16 und bei verschiedenen anderen Rassen 17. Wichtig ist an dieser Stelle die Anmerkung, das sich die Behandlungsansätze in individuellen Fällen einer caninen PLE oft unterscheiden werden, da es sich wie bereits erwähnt um einen sehr heterogenen Krankheitsprozess handelt. Mit anderen Worten: es gibt kein allgemeingültiges, standardisiertes „Rezept“ für die Behandlung von PLE. Dringend anzuraten ist vielmehr ein in jedem Einzelfall individuell maßgeschneidertes therapeutisches Vorgehen, dass sich an sämtlichen verfügbaren Informationen über den Patienten und seine Erkrankung orientiert. 

Auch wenn die Behandlung stets gezielt auf den vermuteten oder bestätigten zugrundeliegenden Krankheitsprozess ausgerichtet sein sollte – denn bei der PLE handelt es sich um eine lebensbedrohende Erkrankung mit hoher Mortalitätsrate – scheint es am sichersten, zunächst davon auszugehen, dass bei einem gegebenen PLE-Patienten sämtliche Prozesse (Lymphflüssigkeitsverlust, erhöhte intestinale Permeabilität, Schleimhautschäden) vorliegen, und den Patienten dementsprechend zu behandeln. Insbesondere gilt dies für Patienten mit hochgradiger Erkrankung und Patienten, die auf eine initiale Behandlung nicht ansprechen.

Diätetik

Die Behandlung der einer PLE zugrundeliegenden Erkrankung beginnt zunächst mit diätetischen Modifikationen, und viele Gastroenterologen halten diese therapeutische Komponente für das Fundament einer jeden PLE-Behandlung. Eine entsprechende Studie legt nahe, dass Hunde mit PLE mit höherer Wahrscheinlichkeit – ohne zusätzlichen Bedarf an Glukokortikoiden – auf eine diätetische Therapie ansprechen, wenn ihr Canine Chronic Enteropathy Clinical Activity Index (CCECAI) unterhalb eines Scores von 8 liegt 17. Da sich Hunde mit PLE in einem katabolen Zustand befinden und eine ausgeprägt negative Energie- und Proteinbilanz aufweisen können, ist eine adäquate Ernährung von ganz zentraler Bedeutung. Zudem stützt sich die Behandlung einer durch CED oder IL verursachten PLE auf diätetische Modifikationen. Anekdotischen Berichten zufolge ist die ideale Nahrung für diese Patienten hoch verdaulich, enthält adäquate Mengen an Proteinen und weist einen reduzierten Fettgehalt auf. Bei der Wahl der im Einzelfall am besten geeigneten diätetischen Strategie sollte aber stets auch die diätetische Vorgeschichte des Hundes berücksichtigt werden. Eine fettarme Nahrung wird typischerweise bei Hunden mit IL empfohlen, während Hunde mit CED eine Nahrung mit einem neuen, also zuvor noch nie gefütterten Protein oder mit hydrolysierten Proteinen erhalten sollten. Zu beachten ist hierbei aber, dass es bislang keinen endgültigen Konsens darüber gibt, welche Kriterien für eine „Low-fat“ Diätnahrung in der Tiermedizin gelten. Kommerzielle „Low-fat“-Nahrungen enthalten 17-26 g Fett/Mcal ME (1,7-2,6 g/100 kcal), während „Ultra Low-fat“-Nahrungen meist < 15 g Fett/Mcal ME (< 1,5 g / 100 kcal) enthalten. Bei Hunden mit PLE aufgrund einer IL bessert sich der Zustand allein mit einer fettarmen Ernährung oft sehr deutlich, einige Patienten benötigen jedoch eine hochgradigere Fettrestriktion, die über das hinausgeht, was mit kommerziell erhältlichen Diätnahrungen erreichbar ist. Hinzu kommt, dass viele der kommerziellen Nahrungen mit den geringsten Fettgehalten auf Geflügel basieren, und dadurch unter Umständen nicht geeignet sind für Hunde mit IL, die begleitend eine CED aufweisen. Gegenwärtig gibt es mindestens eine kommerziell erhältliche Feuchtnahrung in der Dose auf der Basis von Schwein, einer Komponente also, die für viele Hunde eine neue, also zuvor noch nie gefütterte Proteinquelle darstellen kann. Hunde, die eine über das mit kommerziellen Nahrungen erreichbare Maß hinausgehende Fettrestriktion benötigen, und Hunde, die sowohl unter signifikanter IL als auch unter signifikanter CED leiden, brauchen unter Umständen aber eine spezielle, von einem Fachtierarzt oder einer Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik formulierte, zu Hause selbst hergestellte Diätnahrung, mit der die diätetischen Belange beider Erkrankungen berücksichtigt werden können. Bei Hunden mit PLE aufgrund einer CED aber ohne oder mit nur geringgradiger begleitender IL, kann eine Diätnahrung mit hydrolysierten Proteinen oder neuen, also zuvor noch nie gefütterten Proteinen in Erwägung gezogen werden, aber auch hier wird empfohlen, entsprechende Nahrungen mit vergleichsweise niedrigerem Fettgehalt in Betracht zu ziehen, da eine IL durchaus übersehen werden kann, wobei die Serumalbuminkonzentrationen bei Hunden mit entzündlicher PLE mit Läsionen der Lymphkapillaren korrelieren 11,18. Weitere diätetische Überlegungen betreffen die Form der Nahrung (trocken oder feucht), die Fütterungshäufigkeit (oft ist es vorteilhaft, PLE-Hunden mehrmals täglich kleine Mahlzeiten zu geben), die Futtermenge und schließlich den Fasergehalt, da einige Hunde von zusätzlichen Fasern profitieren können. Unabhängig davon, ob letztlich eine kommerzielle therapeutische Diätnahrung oder eine zu Hause selbst zubereitete Nahrung eingesetzt werden soll, ist eine Konsultation bei einem Fachtierarzt oder einer Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik hilfreich und in jedem PLE-Fall zu empfehlen. 

Schließlich muss berücksichtigt werden, dass ein fehlendes Ansprechen auf eine gewählte diätetische Strategie nicht bedeuten muss, dass der Hund generell nicht auf diätetische Maßnahmen anspricht oder dass die Erkrankung nicht von einer Optimierung oder Anpassung der diätetischen Therapie profitieren kann. In einer Studie sprachen 8 von 10 Hunden mit steroidrefraktärer entzündlicher PLE auf eine diätetische Modifikation an 19. Viele Hunde mit PLE, bei denen kommerzielle Diätnahrungen und Behandlungen mit Glukokortikoiden und anderen immunsuppressiven Arzneimitteln gescheitert sind, können nach den Erfahrungen der Autorin durch Fütterung einer neuen, also zuvor noch nie verabreichten und signifikant fettreduzierten (< 15 % ME), fachtierärztlich formulierten, zu Hause selbst zubereiteten Diätnahrung gerettet werden. In einigen Fällen benötigen Hunde mit PLE unter Umständen nicht unbedingt eine Nahrung mit neuem Protein, sondern lediglich eine über das mit kommerziellen Diätnahrungen erreichbare Maß hinausgehende diätetische Fettrestriktion; in diesen Fällen muss dann in der Regel auf zu Hause selbst zubereitete Nahrungen zurückgegriffen werden. Box 1 liefert eine Zusammenfassung der spezifischen Diätnahrungen bei PLE. 

Box 1. Zusammenfassung ausgewählter spezifischer Diätnahrungen bei PLE-assoziierten Erkrankungen.

Intestinale Lymphangiektasie: eine kommerzielle therapeutische Low-Fat-Diätnahrung oder eine zu Hause selbst zubereitete Low-Fat- oder Ultra-Low-Fat Diätnahrung, formuliert von einem Fachtierarzt oder einer Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik.
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen: eine kommerzielle therapeutische hydrolysierte oder hypoallergene Diätnahrung, mit Priorität auf Produkten mit den vergleichsweise niedrigeren Fettgehalten oder eine entsprechende zu Hause selbst zubereitete Diätnahrung, formuliert von einem Fachtierarzt oder einer Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik.
Lymphangiektasie und chronisch entzündliche Darmerkrankungen kombiniert: Kommerzielle hydrolysierte oder hypoallergene Diätnahrungen mit vergleichsweise niedrigeren Fettgehalten, oder kommerzielle therapeutische Low-Fat-Diätnahrungen. In einigen Fällen führt die Behandlung der einen Erkrankung zur Resolution der anderen. In Fällen, in denen beide Erkrankungen diätetisch behandelt werden müssen, kann eine zu Hause selbst zubereitete Diätnahrung erforderlich sein, formuliert von einem Fachtierarzt oder einer Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik.

 

Antiinflammatorische und immunsuppressive Therapie

Die Pathogenese der chronisch entzündlichen Darmerkrankung wird zwar nicht vollständig verstanden, man vermutet aber, dass der GI-Trakt betroffener Individuen eine anhaltende Immunreaktion auf endogene oder exogene Antigene (aus der Nahrung, bakteriell und/oder aus der Umwelt) zeigt. Zudem geht eine bei PLE-Patienten vorhandene Lymphangiektasie mit einer Lymphangitis einher, in deren Folge eine Lymphleckage auftritt, die wiederum eine sekundäre Enteritis induziert. Aus diesen Gründen besteht die initiale Behandlungsstrategie bei PLE in der Regel aus der Gabe von Prednison oder Prednisolon, und zwar sowohl bei CED als auch bei IL. Eine mögliche Ausnahme sind klinisch stabile Patienten, die initial allein auf diätetischem Weg behandelt werden und ein nachhaltiges klinisches und biochemisches Ansprechen zeigen. 

Zu berücksichtigen ist aber, dass eine Steroidtherapie bei Hunden mit PLE signifikante Nebenwirkungen haben kann, und in einigen Fällen können Glukokortikoide die katabolen und hyperkoagulabilen Zustände bei diesen Patienten zusätzlich verstärken 20. Immunsuppressive Dosen von Glukokortikoiden können vor allem dann risikoreich sein, wenn ein Hund mit PLE auch eine Beeinträchtigung der Darmbarriere aufweist. Nach Auffassung der Autorin ist es deshalb wichtig, die Dosierung der Glukokortikoide im Einzelfall sehr sorgfältig abzuwägen und stets die konservativste Dosierung zu verwenden, die erfolgreich sein könnte. Ein mögliches alternatives Glukokortikoid ist Budesonid, das einen hohen First-Pass-Effekt hat und eine hohe Affinität für intestinale Steroid-Rezeptoren besitzt. 

Immunsuppressive Arzneimittel werden in einigen PLE-Fällen bereits zum Zeitpunkt der Diagnose eingesetzt, meist aber erst bei unzureichendem Ansprechen auf adäquate Glukokortikoid-Dosen oder wenn Glukokortikoide hochgradige Nebenwirkungen haben. Wichtig ist an dieser Stelle die Anmerkung, dass es in Fällen einer primären IL keine Hinweise auf einen Immunprozess gibt, so dass eine immunsuppressive Behandlung bei diesen Hunden nicht gerechtfertigt erscheint. Eine jüngste Studie zum Vergleich der Zeit bis zur Normalisierung des Albuminspiegels und des Langzeit-Outcomes bei Hunden mit entzündlicher PLE, die entweder mit Steroiden allein oder mit Steroiden in Kombination mit einem Second-Line-Immunsuppressivum behandelt wurden, fand keine Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen 21. Die Autorin empfiehlt daher die Anwendung immunsuppressiver Arzneistoffe (z. B. Cyclosporin 5 mg/kg PO alle 12-24 Std. oder Chlorambucil 4-6 mg/m2 PO alle 24 Std. über 7-14 Tage, dann Dosisreduktion) bei Patienten mit steroidrefraktärer CED oder bei initial steroidresponsiven Patienten, die aber Rezidive entwickeln, wenn die Steroide ausgeschlichen werden. Box 2 zeigt eine Zusammenfassung der genannten therapeutischen Optionen bei PLE. 

Wenn bei einem Patienten CED und IL in Kombination vorhanden sind und beide Entitäten zu der PLE beizutragen scheinen, kann es durchaus schwierig sein, den im Einzelfall am besten geeigneten therapeutischen Ansatz festzulegen, da ein Prozess den anderen antreiben kann. Wenn zum Beispiel eine intestinale Lymphangiektasie eine signifikante Komponente des Krankheitsprozesses darstellt, ist es möglicherweise am besten, zuerst die IL therapeutisch in Angriff zu nehmen, und weitere therapeutische Maßnahmen erst dann einzuleiten, wenn der Patient auf diese initiale Behandlung gegen die IL nicht anspricht.

Box 2. Arzneimittelempfehlungen zur Behandlung der caninen PLE.

Intestinale Lymphangiektasie 
  • Antiinflammatorische Glukokortikoidtherapie (z. B. Prednison/Prednisolon 0,5-1 mg/kg/Tag) zur Linderung des Entzündungsgeschehens im Zusammenhang mit einer Lymphleckage und der Bildung von Granulomen
  • Nach dem Ansprechen Dosis alle 3-4 Wochen um 25 % ausschleichen 
  • Keine Evidenzen, dass Immunsuppressiva hilfreich sind bei der Behandlung von IL 
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
  •  Antiinflammatorische bis immunsuppressive Dosen von Prednison (0,5-2 mg/kg/Tag) 
  • Nach dem Ansprechen Dosis alle 3-4 Wochen um 25 % ausschleichen 
  • Eventuell zusätzliche Immunsuppressiva in Fällen einer steroidrefraktären PLE oder bei Entstehung von Rezidiven während des Ausschleichens. Am häufigsten 

 

Unterstützende Maßnahmen und Umgang mit Komplikationen  

Da Hunde mit PLE eine veränderte Darmmikrobiota, also eine intestinale Dysbiose entwickeln können, kann sich in einigen Fällen der Einsatz von Probiotika als hilfreich erweisen. Mindestens ein kommerzieller probiotischer Stamm hat nach den Ergebnissen einer kontrollierten Studie einen vorteilhaften Effekt 22. Da auch Cobalamin eine wichtige Komponente für die Gesundheit und die Funktion des GI-Traktes ist, sollte ein etwaiger Mangel dieses Vitamins ebenfalls behandelt werden. Traditionell wird Cobalamin subkutan verabreicht, jüngste Arbeiten zeigen jedoch, dass eine orale Gabe auch bei Hunden mit Darmerkrankung wirksam sein kann 23. Eine Supplementierung von Folsäure sollte bei Hunden mit Folsäuremangel in Erwägung gezogen werden (200 µg/kg PO alle 24 Std. – wenn < 20 kg – und 400 µg/kg PO alle 24 Std. – wenn >20 kg), wobei Präparate aus der Humanmedizin auch bei Hunden akzeptabel sind. 

Eine spezifische Behandlung wird bei Hunden mit signifikanter ionisierter Hypokalzämie empfohlen. Wenn entsprechende klinische Symptome wie Muskelzuckungen, Tremor oder Gesichtsreiben beobachtet werden, kann eine parenterale Gabe von 10 % Kalziumglukonat erforderlich sein (0,5-1 ml/kg, langsam IV über 10-30 Minuten unter Überwachung der Herzfrequenz, idealerweise mit EKG-Monitoring). Auch die orale Gabe von Kalziumkarbonat kann in diesen Fällen hilfreich sein (25-50 mg/kg alle 24 Std. oder elementares Kalzium in geteilter Dosis alle 12 Std.). Da eine Hypomagnesämie auch die Kalziumabsorption beeinträchtigen kann, kann nach Bedarf auch orales Magnesiumhydroxid verabreicht werden (1-2 mEq/kg alle 24 Stunden oder als geteilte Dosis alle 12 Std.). Viele Hunde mit ionisierter Hypokalzämie weisen zudem einen niedrigen 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel auf und können von einer Behandlung mit Calcitriol profitieren (20-30 ng/kg PO alle 24 Stunden über 3-4 Tage, gefolgt von einer Erhaltungsdosis von 5-15 ng/kg alle 24 Std., am besten mit Abstand zu Steroiden). Nicht bekannt ist, ob Hunde mit PLE, die eine D-Hypovitaminose bei Normokalzämie aufweisen, von der Gabe von Vitamin-D-Produkten profitieren würden. Das Thromboserisiko wird bei Hunden mit PLE generell als hoch eingeschätzt (auf Grundlage der 2022 CURATIVE Guidelines), und dementsprechend wird bei diesen Patienten eine Thromboseprophylaxe empfohlen 24. Viele betroffene Hunde erhalten deshalb den Thrombozytenaggregationshemmer Clopidogrel in einer Dosierung von 2-3 mg/kg PO alle 24 Std., aber auch die Gabe von Faktor-Xa-Hemmern (z. B. Apixaban, Rivaroxaban) zur Thromboseprophylaxe kann in Betracht gezogen werden.

Eine Drainage abdominaler oder thorakaler Ergüsse ist nur dann zu empfehlen, wenn klinische Beschwerden oder Atmungsschwierigkeiten vorliegen. Von der Anwendung von Diuretika wird dagegen abgeraten, da sie oft ineffektiv sind und Dehydratation fördern können. Jegliche Flüssigkeitstherapie mit kristalloiden Lösungen sollte aufgrund der bestehenden Hypoproteinämie sehr vorsichtig erfolgen, und Plasma muss in substanziellen Volumina verabreicht werden, um den Albuminspiegel eines Patienten in relevantem Maße zu erhöhen, so dass diese Option in der Regel nicht praktikabel ist. Wenn es um die Behandlung von Ödemen geht, sind Kolloide wie Hydroxyethylstärke die sinnvollste Option. Die Anwendung von konzentriertem Humanalbumin (25 %) wird bei Hunden nicht empfohlen 25. Ein canines Albuminprodukt ist in einigen Ländern erhältlich und anekdotischen Berichten zufolge bei Hunden mit PLE wirksam. Und schließlich profitieren Hunde mit PLE oft auch von weiteren unterstützenden Maßnahmen wie der Gabe von Arzneimitteln zur Linderung von Erbrechen und Nausea (z. B. Maropitant 2 mg/kg PO alle 24 Std.).

Spekulative Behandlung 

Wenn ein Hund mit PLE ohne die vorteilhaften Erkenntnisse aus einer Darmbiopsie behandelt werden soll, müssen zunächst die Risiken (Fehldiagnose, potenzielle Schäden, wenn eine infektiöse Darmerkrankung vorliegt) mit dem Hundehalter diskutiert werden. Zu berücksichtigen sind zudem die Rasse des Patienten und die Frage etwaiger bekannter Prädispositionen. Liegen keine Biopsiebefunde oder keine rassespezifischen Prädispositionen vor, geht man wahrscheinlich am besten davon aus, dass bei einem Hund mit PLE sowohl eine IL als auch eine CED vorliegen und behandelt den Patienten dann dementsprechend.

Sara A. Jablonski

Da sich Hunde mit PLE in einem katabolen Zustand befinden und eine ausgeprägt negative Energie- und Proteinbilanz aufweisen können, ist eine adäquate Ernährung von zentraler Bedeutung.

Sara A. Jablonski

Therapierefraktäre Fälle und Prognose

Einige Hunde mit PLE sprechen klinisch oder biochemisch gar nicht oder nur minimal auf antiinflammatorische oder immunsuppressive Dosen von Steroiden und Second-Line-Immunsuppressiva an. In diesen Fällen empfiehlt die Autorin ein Ausschleichen der entsprechenden Medikationen und eine Fokussierung der Therapie auf diätetische Anpassungen (im Idealfall mit Beratung eines Fachtierarztes oder einer Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik), auf die Behandlung von Mangelzuständen und auf die Prävention von Komplikationen. Anekdotischen Berichten zufolge zeigen einige Hunde mit einer durch intestinale Lymphangiektasie verursachten therapierefraktären PLE eine Besserung nach Gabe des synthetischen Somatostatin-Analogons Octretoid (5-10 µg/kg SC, alle 8-12 Std.), gegenwärtig gibt es aber kaum belastbare Informationen über die Wirksamkeit und mögliche Nebenwirkungen dieser Behandlungsoption. 

In einem Review über 445 Fälle von PLE bei Hunden traten bei 54,2 % der Hunde krankheitsassoziierte Todesfälle auf 1. Mit dem zunehmenden Verständnis der sehr heterogenen Natur dieser Erkrankung und der Notwendigkeit individualisierter Behandlungsstrategien sollten zukünftig jedoch bessere Outcomes erreichbar sein. Trotz der im Allgemeinen vorsichtigen Prognose sprechen einige Hunde mit PLE hervorragend auf die Behandlung an, aber selbst bei anfangs gut ansprechenden Patienten sind Rezidive jederzeit möglich. Betroffene Hunde sollten deshalb regelmäßig und häufig überwacht werden, und eine Behandlung kann lebenslang erforderlich sein.

Schlussfolgerung

Bei der Proteinverlustenteropathie (PLE) handelt es sich um ein heterogenes Syndrom bei Hunden, das am häufigsten verursacht wird durch eine chronisch entzündliche Darmerkrankung, eine intestinale Lymphangiektasie oder eine Kombination beider Entitäten. Die Diagnose basiert auf dem Ausschluss anderer Ursachen einer Hypoalbuminämie, gefolgt von einem systematischen Work-up zur Klärung der spezifischen Ursache. Die Behandlung sollte individuell auf den Einzelfall zugeschnitten werden und sich nach der spezifischen Ursache der PLE des Patienten richten. Bei vielen Hunden mit PLE bildet das diätetische Management das Fundament der Therapie.

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Sara A. Jablonski

Sara A. Jablonski

Dr. Jablonski (zuvor Wennogle) schloss ihr Tiermedizinstudium im Jahr 2011 Mehr lesen

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