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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 25.1 Sonstiges Wissenschaft

Chronische Klappenerkrankung bei Hunden

veröffentlicht 02/08/2023

Geschrieben von Rebecca L. Stepien

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español und English

Die chronische Herzklappenerkrankung (chronic valvular disease, CVD) ist eine häufig auftretende erworbene Herzerkrankung bei Hunden und kann bei dieser Spezies für bis zu 75% aller Fälle einer kongestiven Herzinsuffizienz (congestive heart failure, CHF) verantwortlich sein.

LA: linkes Atrium, LV: linker Ventrikel, IVS: interventrikuläres Septum, RA: rechtes Atrium

Kernaussagen

„Endokardiose”, „myxomatöse Klappenerkrankung” und „degenerative Klappenerkrankung” sind Begriffe zur Beschreibung der chronischen Klappenerkrankung des Hundes, der häufigsten erworbenen Herzerkrankung dieser Spezies.


Die ACVIM-Klassifikation dient einer Stadieneinteilung des Grades der Herzerkrankung und der Entwicklung eines Therapieplanes.


Die Messung der Ruheatemfrequenz zu Hause ist eine wichtige Methode zur Überwachung von Patienten mit chronischer Klappenerkrankung.


Die Behandlung eines Patienten mit erstmaliger kongestiver Herzinsuffizienz infolge chronischer Klappenerkrankung erfolgt in der Regel mit einer „Triple-Therapie“: Furosemid, Pimobendan und Angiotensin Converting Enzym-Hemmer.


Einleitung

Die auch als „degenerative Herzklappenerkrankung“, „myxomatöse Klappenerkrankung“ oder „Endokardiose“ bezeichnete chronische Herzklappenerkrankung verursacht eine fortschreitende Verdickung und Deformation der Klappensegel, wobei die Mitralklappe am häufigsten betroffen ist. In vielen Fällen einer Mitralklappenerkrankung sind ähnliche Veränderungen auch an der Trikuspidalklappe zu finden.

Epidemiologie

Die chronische Klappenerkrankung betrifft überwiegend Hunde mittleren bis fortgeschrittenen Alters, bei einigen Rassen, wie z. B. dem Cavalier King Charles Spaniel, wird aber auch ein früherer Beginn beschrieben. Während die Ätiologie bei den meisten Hunden unklar ist, konnte beim Cavalier King Charles Spaniel und beim Dackel eine genetische Neigung zur Entwicklung der chronischen Klappenerkrankung nachgewiesen werden 1,2. Bei anderen Hunderassen wird eine genetische Grundlage zumindest für einige der mit dieser Erkrankung einhergehenden Veränderungen vermutet. Sämtliche Hunderassen können betroffen sein, klinische Symptome verursacht die Klappenerkrankung am häufigsten jedoch bei Hunden kleiner und mittelgroßer Rassen.

Pathologie

Die histologischen Veränderungen der Herzklappe umfassen degenerative Veränderungen des Kollagens („myxomatöse Degeneration“) und die Entwicklung einer Klappenfibrose. Makroskopisch erscheinen die betroffenen Klappensegel bei Patienten mit chronischer Klappenerkrankung verdickt, von weißer bis gelblicher Farbe, mit knotigen, zum Teil deformierten Rändern 3. Im Unterschied zu Klappenveränderungen im Zusammenhang mit einer Infektion der Klappensegel (z. B. bakterielle Endocarditis) erscheint die endokardiale Oberfläche der unregelmäßig geformten Klappensegel in der Regel intakt und glatt. Die degenerativen Veränderungen betreffen häufig die Sehnenfäden (Chordae tendineae) sowie die Klappensegel selbst. Die Folgen sind eine Verdickung der Klappensegel und eine Elongation und/oder Ruptur der Sehnenfäden (Abbildung 1). Im Falle der Atrioventrikularklappen führt die durch das Remodeling verursachte Deformation der Klappensegel dazu, dass die Klappen nicht mehr vollständig schließen können, so dass es während der Systole zu einer Regurgitation von Blut kommt. Eine chronische Mitralbzw. Trikuspidalregurgitation führt zu atrialer und ventrikulärer Dilatation der betroffenen Herzseite. Sekundäre Schädigungen im Atrium sind die sogenannten Jet-Lesions (aufgeraute Stelle des Endokards an der Stelle, an der der Regurgitationsstrahl, also der „Jet“, auf die Vorhofwand trifft) und in einigen Fällen eine partielle Ruptur des atrialen Endokards (Abbildung 2) oder sogar eine vollständige Ruptur des linken Atriums.

Makroskopischer Befund des Mitralklappensegels eines älteren Dackels mit chronischer Klappenerkrankung

Abbildung 1. Makroskopischer Befund des Mitralklappensegels eines älteren Dackels mit chronischer Klappenerkrankung. Zu beachten ist die knotige Verdickung der Klappensegel mit erhaltener, glatter endokardialer Oberfläche. Der Pfeil deutet auf die ehemalige Anheftungsstelle eines rupturierten Sehnenfadens. 
© Dr. Rebecca L. Stepien

Linksseitige Ansicht des Herzens eines Maltesers mit vergrößertem linken Atrium und verdickten, knotigen Klappensegeln

Abbildung 2. Linksseitige Ansicht des Herzens eines Maltesers mit vergrößertem linken Atrium und verdickten, knotigen Klappensegeln. Die Pfeile deuten auf eine lineare endokardiale Ruptur. 
© Dr. Rebecca L. Stepien

Herzultraschallbefunde

Das echokardiographische Erscheinungsbild der chronischen Klappenerkrankung bei Hunden kann in anatomische und funktionelle Veränderungen der Klappensegel bzw. des Klappenapparates unterteilt werden, sowie in Veränderungen der Größe, der Form und der Funktion der Herzkammern, die sekundär infolge der Volumenbelastung aufgrund der Regurgitation entstehen.

Veränderungen der Klappen

Veränderungen der Anatomie umfassen eine Verdickung der Klappensegel mit unterschiedlichen Zunahmen der Echogenität. Das anteriore Mitralklappensegel scheint oft stärker deformiert als das posteriore Segel und kann in geöffnetem Zustand verkrümmt oder „hockeyschlägerartig“ geformt erscheinen. In geschlossenem Zustand kann ein Mitralklappenprolaps auffallen, wobei sich Anteile des Klappensegels während der Systole ballonartig in das Atrium hinein wölben. Ein Mitralklappenprolaps kann entstehen, wenn Sehnenfädenstrukturen elongiert oder rupturiert sind. Die Ruptur eines größeren Sehnenfadens kann zu einem „flatternden“ Mitralklappensegel führen, wobei der freie Rand des Segels während der Systole zurück in das Atrium schnellt und eine akute Verstärkung der valvulären Regurgitation verursacht (Abbildung 3 a-d). Eine Mitralregurgitation (MR) infolge solcher anatomischen Veränderungen kann mit Hilfe der farbcodierten Doppler-Sonographie dargestellt werden (Abbildung 4 a, b).

Right parasternal long axis view
a
Right parasternal long axis view of the mitral and tricuspid valves
b
Right parasternal long axis view of the mitral valve
c
Right parasternal long axis view of the mitral valve
d

 

Abbildung 3. Diese Herzultraschallbilder von Hunden mit chronischer Klappenerkrankung illustrieren verschiedene echokardiographische Muster dieser Erkrankung. LA: linkes Atrium, LV: linker Ventrikel.
(a) Rechte parasternale Längsachsenansicht (Diastole). Der Pfeil deutet auf das verdickte anteriore Mitralklappensegel. Zu beachten ist das kugelförmige Erscheinungsbild von linkem Atrium und linkem Ventrikel, das eine exzentrische Hypertrophie infolge einer chronischen Volumenbelastung widerspiegelt. 
© Dr. Heidi B. Kellihan
(b) Rechte parasternale Längsachsenansicht der Mitral- und Trikuspidalklappen (Systole). Der Pfeil deutet auf das verdickte und prolabierende septale Trikuspidalklappensegel. Der Stern markiert ein prolabiertes Segment des anterioren Mitralklappensegels. 
© Dr. Heidi B. Kellihan
(c) Rechte parasternale Längsachsenansicht der Mitralklappe (Enddiastole). Der Pfeil deutet auf ein prolabiertes Segment des anterioren Mitralklappensegels. 
© Dr. Rebecca L. Stepien
(d) Rechte parasternale Längsachsenansicht der Mitralklappe (Systole). Der Pfeil deutet auf einen flatternden Anteil des anterioren Mitralklappensegels. 
© Dr. Rebecca L. Stepien

 

Bei der Klassifizierung des Grades der Klappenveränderungen berücksichtigt man verschiedene Faktoren wie den Grad der anatomischen Veränderung der Klappe, das Vorhandensein bzw. Fehlen eines Mitralklappenprolapses und eines Mitralklappenflatterns, die Größe des farbcodierten Mitralinsuffizienz-Jets (insbesondere an seiner Quelle am Klappensegel) und das Vorhandensein einer linksatrialen Vergrößerung 4. Bei chronischer Erkrankung der Trikuspidalklappe scheint das septale Segel oft stärker betroffen als das murale Segel, wobei sonographisch ähnliche Veränderungen wie bei der entsprechenden Erkrankung der Mitralklappe zu beobachten sind (Verdickung, erhöhte Echogenität, Prolaps, Abbildung 3b). Auch hier weist eine Dilatation des rechten Atriums in der Regel auf eine höhergradige Trikuspidalregurgitation hin.

Right parasternal long axis view optimized for the left ventricular inflow tract
a
Left apical parasternal long axis view optimized for the left ventricular inflow tract
b

 

Abbildung 4. 
(a) Rechte parasternale Längsachsenansicht, optimiert für den linksventrikulären Zuflusstrakt (Systole). Die kleinen Pfeile deuten auf die Mitralklappensegel. Der Farb-Jet im linken Atrium während der Systole zeigt eine Mitralregurgitation an. LA: linkes Atrium, LV: linker Ventrikel. 
© Dr. Rebecca L. Stepien
(b) Linke apikale parasternale Längsachsenansicht, optimiert für den linksventrikulären Zuflusstrakt (Systole). Der Pfeil deutet auf den Punkt, an dem die Breite des Mitralregurgitationsjets als Indikator des Regurgitationsgrades beurteilt werden kann. LA: linkes Atrium, LV: linker Ventrikel, IVS: interventrikuläres Septum, RA: rechtes Atrium. 
© Dr. Rebecca L. Stepien

 

Weitere echokardiographische Befunde

Kardiales Remodeling infolge einer chronischen atrioventrikulären Regurgitation ist ein häufiger Befund. Der Grad des Remodelings wird beeinflusst durch den Grad der Regurgitation. Bei mittel- bis hochgradiger Mitralklappenregurgitation kommt es zu einer fortschreitenden Dilatation des linken Atriums. Der linke Ventrikel dilatiert und erhält ein zunehmend sphärisches Erscheinungsbild (d. h. exzentrische Hypertrophie, Abbildung 3a). Anfangs kann die freie Wand des linken Ventrikels geringgradig verdickt sein, im weiteren Verlauf der Erkrankung kann es dann mit zunehmender ventrikulärer Dilatation zu einer Verdünnung der freien Wand und des interventrikulären Septums kommen. Eine mittel- bis hochgradige Trikuspidalregurgitation führt zu ähnlichen Veränderungen im rechten Herzen (Abbildung 3 b).

Die anhand der Verkürzungsfraktion gemessene systolische Funktion des Herzens kann in den mittelgradigen Stadien einer Mitralregurgitation zunächst erhöht erscheinen, wobei jedoch unklar ist, ob diese offenbar vorteilhaften funktionellen Veränderungen ein Artefakt der reduzierten Nachlast sind oder einen tatsächlichen Anstieg der systolischen Funktion repräsentieren (Abbildung 5). Mit dem weiteren Fortschreiten der chronischen Klappenerkrankung und der weiter zunehmenden Dilatation des Ventrikels kann die Verkürzungsfraktion wieder physiologische Werte erreichen, und dies wiederum kann die frühen Stadien einer myokardialen systolischen Insuffizienz anzeigen. Eine hochgradige Mitralregurgitation kann infolge des chronisch erhöhten linksatrialen Drucks zu sekundärer pulmonaler Hypertonie führen. Im Falle einer pulmonalen Hypertonie kommt es zu einer sekundären Dilatation des rechten Atriums und des rechten Ventrikels und dadurch möglicherweise zur Entwicklung einer systolischen Rechtsherzinsuffizienz („Rechtsherzinsuffizienz infolge Linksherzinsuffizienz“).

M-Mode-Echokardiogramm eines Hundes mit Mitralregurgitation

Abbildung 5. M-Mode-Echokardiogramm eines Hundes mit Mitralregurgitation. Zu beachten ist die vermehrte Exkursion (Pfeil) des interventrikulären Septums (IVS) gegenüber der Exkursion der linksventrikulären Wand (LVW). 
© Dr. Rebecca L. Stepien

Klinische Beurteilung

Die Richtlinien des American College of Veterinary Internal Medicine (ACVIM) für die Klassifizierung von Herzerkrankungen bei Hunden (Abbildung 6) sind eine hilfreiche Orientierung für eine Diskussion chronischer Klappenerkrankungen bei klinischen Patienten 5 und dienen als Referenz für die Diagnose und die Behandlung, da sie auf der Grundlage klinischer Befunde eine Klassifikation ermöglichen und somit auch eine Orientierung für die Behandlung liefern.

Patienten mit Risiko für die Entwicklung einer chronischen Klappenerkrankung (ACVIM Stadium A)

Bei Patienten mit Risiko für die Entwicklung einer chronischen Klappenerkrankung handelt es sich meist um ältere Hunde kleiner bis mittelgroßer Rassen, wobei Rüden häufiger betroffen sind als Hündinnen. Hunde der „Risikorassen“ werden zum Beispiel im Rahmen von Screenings für eine routinemäßige Beurteilung oder eine Zuchttauglichkeitsuntersuchung vorgestellt. Die Stadium-A-Population, also Patienten, die auf der Grundlage ihrer Rasse oder ihres Rassetyps als „Risikopatienten“ bewertet werden, bei der klinische Untersuchungen aber keine abnormen kardiologischen Befunde zeigen, benötigen keine Therapie. Besitzer oder Züchter betroffener Hunde sollten aber in jedem Fall auf zukünftige Risiken dieser Erkrankung hingewiesen und über klinische Symptome informiert werden, die auf die Entwicklung einer Herzerkrankung oder einer kongestiven Herzinsuffizienz hinweisen könnten (z. B. Husten, erhöhte Atemfrequenz oder erhöhte Atmungsanstrengung, Anzeichen für vermehrte Ermüdung). Bei Risikorassen sind jährliche klinische Untersuchungen mit sorgfältiger Auskultation zu empfehlen, um frühzeitig Herzgeräusche nachzuweisen, die auf eine einsetzende chronische Klappenerkrankung hindeuten können.

ACVIM-Klassifikationssystem für Herzerkrankungen und Herzinsuffizienz

Abbildung 6. ACVIM-Klassifikationssystem für Herzerkrankungen und Herzinsuffizienz, angewendet für chronische Klappenerkrankungen. 
*CVD: chronic valvular disease (chronische Klappenerkrankung); ACEI: angiotensin-converting enzyme inhibitor (ACE-Hemmer); CHF: congestive heart failure (kongestive Herzinsuffizienz); RRR: resting respiratory rate (Ruheatemfrequenz)

Patienten mit Herzgeräusch, aber ohne klinische Symptome (ACVIM Stadium B1 oder B2) 

Vorbericht

Hunde mit chronischer Klappenerkrankung können auskultatorische Veränderungen aufweisen (typischerweise systolische Herzgeräusche), die bereits drei bis fünf Jahre vor Beginn der klinischen Symptome nachweisbar sind. Während dieser präklinischen Jahre haben betroffene Patienten in der Regel keinen Husten, keine Atemschwierigkeiten, keine Synkopen und keine vermehrte Ermüdungsneigung, so dass die Herzgeräusche meist als „Zufallsbefund“ bei einer routinemäßigen klinischen Untersuchung entdeckt werden. In den späteren Stadien einer präklinischen chronischen Klappenerkrankung lassen sich bei einigen Hunden zusätzlich Galoppgeräusche oder Arrhythmien (unregelmäßiger Herzrhythmus mit Pulsdefiziten) nachweisen. Die Pulsstärke ist in der Regel physiologisch. Mit dem Fortschreiten der Kardiomegalie bei Hunden mit einer Beeinträchtigung der großen Atemwege (z. B. entzündliche Atemwegserkrankung oder Bronchomalazie) kann sich infolge einer Kompression des linken Hauptbronchus durch das vergrößerte linke Atrium ein trockener, unproduktiver Husten entwickeln. Ein paroxysmaler, trockener, unproduktiver Husten ohne Veränderung der Atemfrequenz oder Atemanstrengung bei einem Hund mit Verdacht auf Mitralregurgitation weist in der Regel eher auf eine Kardiomegalie hin als auf eine kongestive Herzinsuffizienz.

Klinische Untersuchung

Die am weitesten verbreitete Methode zur erstmaligen Diagnose einer chronischen Klappenerkrankung ist der Nachweis eines Herzgeräusches bei der routinemäßigen klinischen Untersuchung. In den frühen Stadien einer chronischen Klappenerkrankung (Stadium B1 oder B2) liegt die Herzfrequenz im physiologischen Bereich, und der Patient kann einen regulären Herzrhythmus oder eine Sinusarrhythmie aufweisen. Das Geräusch einer Mitralregurgitation ist in der Regel am besten über der linken Herzspitze zu auskultieren (Stelle des palpierbaren Herzspitzenstoßes) und tritt während der Systole auf, was bestätigt wird, wenn das Geräusch simultan zum palpierten Femoralispuls auftritt. Die Intensität von Herzgeräuschen wird bei Hunden auf einer Skala von 1-6 klassifiziert, wobei die Grade 1 und 2 geringgradige Geräusche repräsentieren, die Grade 3 und 4 Geräusche mittelgradiger Intensität und die Grade 5 bis 6 die lautesten Geräusche bezeichnen. Herzgeräusche der Grade 5 und 6 gehen mit einem palpierbaren systolischen „Thrill“ (Vibration) im Bereich über der maximalen Intensität des Geräusches einher. Bei Hunden mit chronischer Klappenerkrankung besteht ein Zusammenhang zwischen der Intensität des Herzgeräusches und dem Grad der Regurgitation, wobei Geräusche des Grades 4 bis 6 hochgradigere Erkrankungen repräsentieren. Bei Hunden mit Trikuspidalregurgitation kann ein systolisches Geräusch mit maximaler Intensität über der rechten Herzspitze auskultiert werden (etwa im vierten Interkostalraum auf der rechten Thoraxseite). Bei Patienten mit gleichzeitig vorhandener Mitral- und Trikuspidalregurgitation kann es schwierig sein, die zugehörigen Herzgeräusche zu unterscheiden bzw. zuzuordnen. Ein palpierbarer Jugularispuls mit jedem Herzschlag stützt die Diagnose einer hämodynamisch signifikanten Trikuspidalregurgitation.

In den frühen Stadien einer chronischen Klappenerkrankung kann dem Besitzer die Durchführung einer Reihe von diagnostischen Tests angeboten werden, deren Ziel darin besteht, die Diagnose zu bestätigen, den Erkrankungsgrad zu klassifizieren und weitere wichtige Basisinformationen zu sammeln ( z. B. Serumbiochemie), die für Vergleiche in der Zukunft hilfreich sein können oder die Erhebung eines aktuellen Status der Organfunktionen im Hinblick auf eine einzuleitende Therapie unterstützen.

Röntgen

Das Thoraxröntgen ist ein ganz wesentlicher Bestandteil der diagnostischen Beurteilung des Patienten, da es unter anderem die Bestimmung der Herzgröße mit Hilfe der Methode des Vertebral Heart Score (VHS) ermöglicht(6 (Abbildung 7) sowie eine Beurteilung der Lungengefäße und des Lungenparenchyms auf Lungeninfiltrate und Stauungen, die typisch sind für eine kongestive Herzinsuffizienz. Bei Patienten ohne klinische Symptome kann die im Rahmen einer Röntgenverlaufsuntersuchung über einen längeren Zeitraum beurteilte Herzgröße für eine Einschätzung der Wahrscheinlichkeit einer Entwicklung einer kongestiven Herzinsuffizienz in naher Zukunft eingesetzt werden. Eine VHS > 12 oder ein Anstieg der VHS um etwa 0,7 VHS-Einheiten zwischen den monatlichen Untersuchungen weist auf eine bevorstehende kongestive Herzinsuffizienz hin 7,8. Bei Patienten ohne klinische Symptome können Baseline-Röntgenaufnahmen eine physiologische Herzgröße (Stadium B1) oder eine gering- bis hochgradige Herzvergrößerung (Stadium B2) nachweisen. Die Kenntnis des Grades der Kardiomegalie eines Patienten ermöglicht es dem Tierarzt, den Besitzer gezielt über die Entwicklung von Symptomen einer kongestiven Herzinsuffizienz bei seinem Tier aufzuklären und für die entsprechenden klinischen Anzeichen zu sensibilisieren. Patienten im Stadium B1 können über einen Zeitraum von zwei bis zu vier Jahren ohne klinische Symptome bleiben, während sich bei Hunden mit nachweisbarer Herzvergrößerung klinische Symptome einer kongestiven Herzinsuffizienz deutlich früher entwickeln können. Die Prognose für Patienten mit chronischer Klappenerkrankung ohne klinische Symptome ist relativ optimistisch. In einer Studie waren 70% der präklinischen Hunde auch sechs Jahre später noch am Leben 9.

Beurteilung des Vertebral Heart Score (VHS)

Abbildung 7. Beurteilung des Vertebral Heart Score (VHS) 6. Die Länge der Längsachse (L) addiert mit der Länge der Kurzachse (W) wird beginnend am kranialen Rand des Wirbelkörpers von Th4 an die Wirbelsäule angelegt (Pfeil). Der Normalwert des VHS (L + W) bei Hunden ist < 10,5 Wirbelkörper. Dieser Hund hat einen VHS von 11,75, der eine mittelgradige Kardiomegalie widerspiegelt. Zu erkennen ist zudem eine Anhebung der Trachea, die eine LV-Vergrößerung widerspiegelt, sowie eine mittel- bis hochgradige LA-Vergrößerung. 
© University of Wisconsin

Herzultraschall

Eine Herzultraschalluntersuchung ist für die Erstellung der Verdachtsdiagnose einer chronischen Klappenerkrankung in den frühen Stadien in der Regel nicht notwendig, wenn das Signalement des Hundes und die Befunde der klinischen Untersuchung bei einem Patienten ohne klinische Symptome für eine Mitral- und/oder Trikuspidalregurgitation sprechen. Andererseits hat eine Herzultraschalluntersuchung bereits zum Zeitpunkt des erstmaligen Nachweises eines Herzgeräusches den Vorteil einer sicheren Bestätigung der Verdachtsdiagnose chronische Klappenerkrankung. Darüber hinaus ist die Echokardiographie die diagnostische Methode der Wahl bei Hunden mit zusätzlichem Risiko einer okkulten dilatativen Kardiomyopathie (z. B. große Rassen). Schließlich kann eine Herzultraschalluntersuchung wichtige ergänzende Informationen liefern, wenn unerwartete klinische Befunde festgestellt werden (z. B. unregelmäßiger Herzrhythmus bei einem Hund ohne weitere klinische Symptome).

Weitere diagnostische Tests

Die Bestimmung von Biomarkern, insbesondere NT-proBNP, wurde bei dieser Art von Patienten evaluiert und kann sich insbesondere bei der Identifizierung von Hunden mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer kongestiven Herzinsuffizienz innerhalb von einem Jahr als hilfreich erweisen 8. Gegenwärtig gilt die NT-proBNP-Bestimmung bei Patienten mit chronischer Klappenerkrankung ohne klinische Symptome jedoch nicht als diagnostisch, sie kann aber durchaus einige hilfreiche zusätzliche Informationen liefern 10. Weitere diagnostische Methoden können bei individuellen Patienten je nach klinischen Befunden (z. B. ein EKG bei unregelmäßigem Herzrhythmus) oder bei bekannter begleitender Erkrankung (z. B. Blutdruckmessung bei Nierenerkrankung) angezeigt sein.

Überwachung

Bei einem Patienten mit diagnostiziertem Stadium B2 ist die Einleitung einer Überwachung der Ruheatemfrequenz zu Hause sinnvoll (Tabelle 1). Besitzer sollten geschult werden, die Ruheatemfrequenz ihres Tieres zu überwachen und ihren Tierarzt zu kontaktieren, wenn diese den Referenzbereich (< 25 Atemzüge pro Minute) überschreitet 11.

Tabelle 1. Die Überwachung der Ruheatemfrequenz (resting respiratory rate, RRR) eines Hundes zu Hause kann frühe Warnhinweise auf entstehende Probleme erkennen lassen und dient der Beurteilung der Wirksamkeit der medikamentösen Behandlung. Die folgenden Tipps können hilfreich sein.

  • Die physiologische RRR (Hund in Ruhe, kein Hecheln und keine übermäßig warme Umgebung) beträgt in der Regel ~16-24 Atemzüge pro Minute.
  • Tiere mit einem Vorbericht über kongestive Herzinsuffizienz und gut eingestellter Medikation sollten eine RRR < 30-32 Atemzügen pro Minute haben.
  • Bei der Ermittlung der Atemfrequenz umfasst ein Atemzug einen vollen Atemzyklus, also einmal Einatmen und einmal Ausatmen.
  • Man zählt die Anzahl der Atmungszyklen (Einatmen/ Ausatmen) innerhalb von 10 Sekunden und multipliziert das Ergebnis mit dem Faktor 6, um die Atemzüge pro Minute“ zu erhalten.
  • Die RRR wird über mindestens eine Woche täglich gemessen, um eine Vorstellung von der normalen Atemfrequenz des Hundes zu bekommen. Diese Werte werden protokolliert, um einen Basalwert zu etablieren. Danach wird die RRR in festgelegten Intervallen überwacht und aufgezeichnet.
  • Die RRR-Aufzeichnungen sollten zum nächsten Untersuchungstermin mitgenommen werden, damit der Tierarzt Informationen über mögliche Trends erhält.
  • Die Kenntnis der normalen Atemfrequenz kann dem Besitzer helfen, zu erkennen, ob sein Hund ein Problem entwickelt. So kann der Besitzer die Atemfrequenz zum Beispiel unmittelbar messen, wenn sein Hund auffällig schnell oder abnorm atmet, und diese mit den zuvor etablierten Normalwerten seines Hundes vergleichen.
  • Liegt die neue Atemfrequenz um mehr als 10 Atemzüge pro Minute über dem Normalwert des Hundes, kann dies ein Hinweis auf das Vorliegen eines Problems sein.
  • Wenn sich der Hund beruhigt hat und keine Beschwerden zeigt, kann die RRR nach einer Stunde erneut gemessen werden. Persistiert die Erhöhung, sollte der Tierarzt konsultiert werden, um die auffälligen Befunde zu besprechen.
  • Liegt die RRR des Hundes über 32 Atemzügen pro Minute, ist eine vermehrte Atmungsanstrengung zu beobachten oder macht der Hund den Eindruck, als habe er Beschwerden, kann es sich um eine akute Notfallsituation handeln. In diesen Fällen sollte unmittelbar der behandelnde Tierarzt oder der Notdienst kontaktiert werden.

 

Patienten mit chronischer Klappenerkrankung und klinischen Symptomen einer kongestiven Herzinsuffizienz (ACVIM Stadium C oder D)

Vorbericht

Bei Hunden mit chronischer Klappenerkrankung und kongestiver Herzinsuffizienz wurde unter Umständen zuvor bereits ein Herzgeräusch diagnostiziert, bis zum Eintritt der kongestiven Herzinsuffizienz hatten sich aber keine weiteren klinischen Symptome gezeigt. Einige Hunde mit Mitralregurgitation hatten zuvor möglicherweise einen trockenen Husten mit nur geringer Auswirkung auf die Lebensqualität gezeigt. Der Verdacht auf eine kongestive Herzinsuffizienz besteht, wenn sich in der jüngsten Vorgeschichte Hinweise auf respiratorische Anomalien verschiedener Grade und Kombinationen (erhöhte Atemfrequenz und Atemanstrengung), vermehrte Müdigkeit und schnelle Ermüdung bei Belastung oder (selten) Synkopen finden lassen. Allgemeine Symptome einer systemischen Erkrankung, wie zum Beispiel ein Gewichtsverlust oder auffällige Verhaltensänderungen (weniger verspielt oder insgesamt ruhiger) können ebenfalls zu beobachten sein. Zu beachten ist, dass Hunde mit chronischer Klappenerkrankung und zuvor bereits diagnostizierter, jetzt aber kompensierter kongestiver Herzinsuffizienz immer noch dem Stadium C zugeordnet werden, da in diesen Fällen Arzneimittel erforderlich sind, um den kompensierten Zustand aufrechtzuerhalten.

Klinische Untersuchung

Bei Patienten mit kongestiver Herzinsuffizienz (Stadium C oder D) werden wie in den frühen Stadien der Erkrankung Herzgeräusche nachgewiesen, darüber hinaus sind aber noch weitere klinische Befunde festzustellen, die auf ein niedriges Herzzeitvolumen oder eine Flüssigkeitsretention zurückzuführen sind. Bei Hunden mit kongestiver Linksherzinsuffizienz können eine erhöhte Atmungsanstrengung und Husten aufgrund eines Lungenödems festzustellen sein. Patienten mit hochgradiger kongestiver Herzinsuffizienz können zyanotisch sein und weißen Schaum mit Blutbeimengungen hoch husten. Die Lunge ist in der Regel auskultatorisch auffällig und zeigt verstärkte Geräusche der großen Atemwege bis hin zu einem leicht nachweisbaren Knistern, das auf eine Akkumulation von Flüssigkeit in den Alveolen hinweist. Aszites und eine Erweiterung der V. jugularis sprechen in der Regel für eine kongestive Rechtsherzinsuffizienz als Folge einer chronischen Trikuspidalklappenerkrankung oder aufgrund einer sekundären, durch eine Linksherzinsuffizienz hervorgerufenen pulmonalen Hypertonie oder einer Kombination beider Phänomene. Unregelmäßige Herzrhythmen können eine hochgradige chronische Klappenerkrankung mit oder ohne kongestive Herzinsuffizienz begleiten. Häufig auftretende Arrhythmien werden in der Regel einer hochgradigen atrialen Dilatation zugeschrieben und umfassen supraventrikuläre Extrasystolen, atriale Tachykardie oder Vorhofflimmern. Seltener entwickeln Patienten mit chronischer Klappenerkrankung auch eine ventrikuläre Ektopie.

Sobald der Verdacht einer kongestiven Herzinsuffizienz bei einem Patienten mit einem für eine chronische Klappenerkrankung sprechenden Herzgeräusch besteht, sind weitere diagnostische Schritte erforderlich, um den Grad der Herzinsuffizienz einzuschätzen und einen gezielten Therapieplan zu erstellen. Thoraxröntgenaufnahmen liefern meist hilfreiche Informationen über das Vorhandensein bzw. Fehlen einer kongestiven Herzinsuffizienz und deren Grad, während die Echokardiographie in erster Linie Informationen über die zugrunde liegende Erkrankung und die Entwicklung von Komplikationen, wie zum Beispiel einer pulmonalen Hypertonie, liefert.

Röntgendiagnostik

Die initiale Beurteilung der Herzgröße in Verbindung mit typischen Befunden einer Linksherzinsuffizienz (d. h. interstitielle oder alveoläre Infiltrate bei gleichzeitiger Vergrößerung des linken Atriums und Lungenvenenstauung) bei einem Patienten mit neu aufgetretenen klinischen Symptomen bestätigt die Diagnose einer kongestiven Herzinsuffizienz und dient zugleich als Basis für spätere Vergleiche nach Einleitung der Therapie (Abbildung 8). Bei Patienten mit klinischen Symptomen einer kongestiven Rechtsherzinsuffizienz (insbesondere Aszites) dient die Röntgendiagnostik dem Nachweis eines Pleuraergusses und der Beurteilung von Strukturen des rechten Herzens (einschließlich der Pulmonalarterien), die auf eine pulmonale Hypertonie hindeuten. Wenn eine linksseitige Herzerkrankung zur Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie mit nachfolgender sekundärer Rechtsherzinsuffizienz geführt hat, findet man im Röntgenbild eine Vergrößerung von Strukturen sowohl des linken als auch des rechten Herzens. Eine Röntgenverlaufsuntersuchung ist von unschätzbarem Wert für die Beurteilung des Therapieerfolges, aber auch für die Langzeitüberwachung des Status von Patienten mit kongestiver Herzinsuffizienz.

Film obtained on emergency presentation
a
same patient after 48 hours’ therapy with furosemide and oxygen
b

 

Abbildung 8. Linkslaterale Thoraxröntgenaufnahmen eines Hundes mit chronischer Klappenerkrankung im Stadium C. (a) Die Aufnahme entstand im Rahmen der Notfallbehandlung. Zu beachten sind die signifikante Kardiomegalie und die hochgradigen, fleckenförmigen alveolären Infiltrate, die auf ein akutes Lungenödem hinweisen (Pfeile). 
© University of Wisconsin  
(b) Derselbe Hund nach 48-stündiger Behandlung mit Furosemid und Sauerstoff. Die Lungeninfiltrate sind vollständig zurückgegangen. Zu beachten ist die Kompression des linken Hauptbronchus durch das hochgradig vergrößerte linke Atrium (Pfeil). 
© University of Wisconsin 

 

Herzultraschall

Eine Herzultraschalluntersuchung zum Zeitpunkt der Diagnose einer kongestiven Herzinsuffizienz (am stabilen Patienten) liefert wertvolle zusätzliche Informationen. Wenn entsprechende sonographische Befunde nicht bereits vorliegen, kann die Sonographie eine exakte anatomische und funktionelle Diagnose der chronischen Klappenerkrankung liefern. Sie dient darüber hinaus der genaueren Einschätzung des Grades der Erkrankung sowie dem Screening auf Komplikationen, wie zum Beispiel einer pulmonalen Hypertonie, einer Ruptur von Sehnenfäden oder einer Ruptur des linken Atriums. Bei Patienten mit chronischer Klappenerkrankung leistet die Echokardiographie oft die wertvollsten Dienste als diagnostisches Tool zur Bestimmung des Status an bestimmten Zeitpunkten und dient eher weniger als Instrument zur Langzeitüberwachung einer kongestiven Herzinsuffizienz.

Biomarker

Die Serumkonzentration von NT-proBNP kann hilfreich sein für die Diagnose einer kongestiven Herzinsuffizienz bei Hunden mit bekannter chronischer Klappenerkrankung und Atemnot, wenn nicht klar ist, ob die Atembeschwerden auf eine kongestive Herzinsuffizienz oder auf eine originäre Atemwegserkrankung zurückzuführen sind. Die genauen Werte variieren zwar je nach Studie, eine erhöhte NT-proBNP Konzentration (z. B. > ~1000 pmol/l) spricht jedoch für eine kongestive Herzinsuffizienz als Ursache einer Dyspnoe, während NT-proBNP-Werte im Normalbereich eher in Richtung respiratorischer Ursache deuten 12. In jedem Fall sollten NT-proBNP-Werte jedoch eher als unterstützend betrachtet werden und nicht unbedingt als diagnostisch für eine Herzerkrankung 10.

Therapie bei Hunden mit chronischer Klappenerkrankung

ACVIM Stadium A

Patienten mit erhöhtem Risiko für eine chronische Klappenerkrankung, aber ohne klinische Symptome benötigen wie oben erwähnt keine spezifische Behandlung. Bislang hat keine Therapie den Nachweis erbracht, dass sie den Beginn der chronischen Klappenerkrankung bei diesen Risikopatienten verhindern oder verzögern kann. Bei jeder klinischen Untersuchung solcher Patienten sollte ein Screening auf Hinweise für eine chronische Klappenerkrankung (z. B. ein systolisches Herzgeräusch) erfolgen, begleitet von einer Diskussion der damit verbundenen Risiken.

ACVIM Stadium B1

Wie im Stadium A benötigen auch Patienten mit chronischer Klappenerkrankung im Stadium B1 keine spezifische Therapie. Notwendig ist jetzt aber eine intensivere Beratung und Schulung der Besitzer, da die Erkrankung in diesem Stadium bereits vorhanden ist. Dies ist unter anderem ein guter Zeitpunkt, um das Körpergewicht und die Body Condition des Patienten zu optimieren, wenn diese nicht bereits im Idealbereich liegen. Eine ausführliche Besprechung von Themen wie Ernährung und körperliche Bewegung, aber auch möglicher klinischer Symptome einer chronischen Klappenerkrankung sensibilisiert den Besitzer für ein intensiveres Management und eine engere Überwachung seines Tieres.

ACVIM Stadium B2

Mit dem weiteren Fortschreiten der chronischen Klappenerkrankung kommt es zu einer Herzvergrößerung, die sich je nach individuellem Patienten unterschiedlich stark und schnell entwickelt. Im frühen Stadium B2 wird die Kardiomegalie mittels Röntgenaufnahmen oder Herzultraschall festgestellt, sie muss in dieser Phase aber nicht besonders hochgradig sein. Die meisten Kardiologen empfehlen zu diesem Zeitpunkt keine spezifische Therapie.

Mit weiter zunehmender Kardiomegalie werden die Empfehlungen hinsichtlich der Therapie weniger einheitlich. Wichtige Faktoren für die therapeutische Entscheidungsfindung sind der Grad der Herzvergrößerung und begleitende Röntgenbefunde sowie das Vorhandensein oder Fehlen von Husten infolge einer Kompression des Hauptbronchus mit oder ohne zugrunde liegende Anomalien der großen Luftwege. Wenn die Kardiomegalie stark ausgeprägt ist und die Entwicklung einer kongestiven Herzinsuffizienz in naher Zukunft als wahrscheinlich gilt, empfiehlt die Autorin in der Regel die Einleitung einer Therapie mit einem Angiotensin Converting Enzyme-Hemmer (ACE-Hemmer) 13. Bei Patienten mit Husten aufgrund einer Kardiomegalie kann eine Therapie mit ACE-Hemmer oder Antitussiva (z. B. Butorphanol) oder eine Kombination beider Behandlungen durchgeführt werden. Gegenwärtig gibt es keinen nachgewiesenen Vorteil einer routinemäßigen Einleitung einer Pimobendan-Therapie in diesem Stadium.

ACVIM Stadium C (kongestive Herzinsuffizienz)

Die Diagnose einer kongestiven Herzinsuffizienz bei einem Hund mit chronischer Klappenerkrankung ist in der Regel der Zeitpunkt für die Einleitung einer gezielten Behandlung der kongestiven Herzinsuffizienz. Die akute Behandlung bei Notfallpatienten mit Atemnot unterscheidet sich geringfügig von der Therapie der chronischen kongestiven Herzinsuffizienz (siehe unten). In den meisten Fällen muss die Behandlung einer kongestiven Herzinsuffizienz lebenslang durchgeführt werden, wobei sich allerdings Anzahl und Art der Arzneimittel sowie deren Dosierung im Laufe der Zeit verändern können.

Akute kongestive Herzinsuffizienz

Hunde mit akuter kongestiver Herzinsuffizienz infolge einer chronischen Klappenerkrankung werden in der Regel mit Atemnot vorgestellt. Parallel zur ersten diagnostischen Beurteilung sollte eine unmittelbare Sauerstofftherapie eingeleitet werden (z. B. Sauerstoffkäfig oder „Flow-by“ Supplementierung). Besteht auf der Grundlage des Vorberichts und der klinischen Untersuchung der Verdacht auf eine kongestive Herzinsuffizienz, kann das Vorhandensein von Flüssigkeit in der Lunge, also eines Lungenödems, mit Hilfe von Thoraxröntgenaufnahmen abgeklärt werden. Bei klinisch instabilen Patienten muss unter Umständen zunächst auf die Anfertigung von Röntgenaufnahmen verzichtet werden. In diesen Fällen kann sich eine sofortige parenterale Applikation von Furosemid als lebensrettend erweisen. Hunde, die eine orale Medikation zulassen, können Pimobendan erhalten, sobald dies möglich ist. In einigen Ländern steht Pimobendan in injizierbarer Form zur intravenösen Applikation zur Verfügung und kann in diesen Fällen als Alternative bei Hunden eingesetzt werden, die nicht auf oralem Weg behandelt werden können. Nach der initialen Furosemidgabe wird der Patient bei minimaler Manipulation zunächst beobachtet, bis sich die Atemfrequenz und die Atmungsanstrengung gebessert haben. Eine zweite parenterale Furosemiddosis kann verabreicht werden, wenn innerhalb von 30 bis 60 Minuten nach der ersten Injektion kein Harnabsatz zu beobachten ist. Bei sehr ängstlichen Patienten kann Butorphanol in niedrigen Dosen subkutan oder intramuskulär verabreicht werden, um eine sehr leichte Sedierung einzuleiten. Bei Hunden mit signifikantem Aszites und entsprechenden Beschwerden kann eine Abdominozentese durchgeführt werden, um den die Atmung behindernden abdominalen Druck auf das Zwerchfell zu lindern. Bei einigen Patienten kann es zur Entwicklung einer Hypotonie kommen, wenn die gesamte Aszites-Flüssigkeit entfernt wird. In der Regel wird das Entfernen von etwa 75% der vorhandenen Aszites-Flüssigkeit gut vertragen. Ergänzend zu empfehlen sind Käfigruhe mit minimaler Bewegung/körperlicher Anstrengung und eine Sauerstoffsupplementierung, bis das akute Lungenödem abgeklungen ist.

Langzeitbehandlung einer kongestiven Herzinsuffizienz

Sobald sich der Zustand eines Patienten mit kongestiver Herzinsuffizienz soweit verbessert hat, dass keine Sauerstofftherapie mehr erforderlich ist, kann die Behandlung auf oralem Wege zu Hause fortgesetzt werden, wobei mehrere Arzneimittel nachweislich Überlebensvorteile mit sich bringen 14,15,16,17. Eine kongestive Linksherzinsuffizienz wird initial mit der sogenannten „Triple-Therapie“ behandelt (Furosemid, Pimobendan und ACE-Hemmer), bei vielen Patienten ergänzt durch eine Dauermedikation mit Spironolacton. Furosemid und Pimobendan sollten zuerst verabreicht werden, da sie von ganz wesentlicher Bedeutung sind für die frühe Behandlung des Lungenödems infolge einer kongestiven Linksherzinsuffizienz. Sobald der Patient rehydriert ist (zuverlässig erkennbar an der Wiederkehr des Appetits) kann auch ein ACE-Hemmer sicher eingesetzt werden. Dehydrierte Patienten können unter einer Behandlung mit einem ACE-Hemmer eine prärenale Azotämie entwickeln. In diesen Fällen sollte der ACE-Hemmer während der Rehydrierung abgesetzt werden und erst dann wieder verabreicht werden, wenn sich der Zustand des Hundes ausreichend stabilisiert hat. Ebenso wie ACE-Hemmer gilt auch Spironolacton eher als Mittel der chronischen Langzeitbehandlung und weniger als akutes Therapeutikum bei kongestiver Herzinsuffizienz. Spironolacton wirkt als neurohormoneller Blocker, der bei Verabreichung bereits früh im Verlauf einer chronischen kongestiven Herzinsuffizienz die Natrium- und Wasserretention mindern und die Überlebensrate steigern kann 17. Sobald sich der Zustand des Patienten zu Hause stabilisiert hat, kann schrittweise eine Rückkehr zu normaler körperlicher Belastung eingeleitet werden, wobei jedoch zu beachten ist, dass betroffene Hunde stärkere Anstrengungen, wie zum Beispiel zeitlich ausgedehntes oder intensives „Stöckchen werfen“ oder sportliche Betätigungen unter Wettbewerbsbedingungen, möglicherweise nicht mehr tolerieren werden.

ACVIM Stadium D (therapieresistente kongestive Herzinsuffizienz)

Ein unter Langzeittherapie zunächst stabiler Patient mit chronischer Klappenerkrankung kann mit der Zeit therapieresistent werden. Klinisch äußert sich dies unter Umständen durch ein Rezidiv der Herzinsuffizienz trotz stabiler Medikation oder durch eine unvollständige Resolution der Herzinsuffizienz unter der Triple-Therapie. Die Besitzer betroffener Hunde sollten in diesen Fällen sehr sorgfältig befragt werden über die exakte Dosierung der Medikamente mit besonderem Augenmerk auf möglicherweise versehentlich versäumten Medikamentengaben. Eine sorgfältige klinische Beurteilung des Patienten kann darüber hinaus weitere Befunde liefern, die den Verdacht einer systemischen Erkrankung, einer Arrhythmie oder einer Entwicklung von Komplikationen, wie zum Beispiel einer pulmonalen Hypertonie, aufkommen lassen. Auch metabolische Veränderungen, wie zum Beispiel eine Dehydratation oder eine Hypokaliämie, können die Therapie einer kongestiven Herzinsuffizienz beeinträchtigen. Komplikationen wie Arrhythmien oder eine pulmonale Hypertonie erfordern zur vollständigen Abklärung in der Regel zusätzliche diagnostische Maßnahmen und gegebenenfalls gezielte therapeutische Maßnahmen. Ist ein Rezidiv der kongestiven Herzinsuffizienz auf das Fortschreiten der chronischen Klappenerkrankung zurückzuführen (d. h., andere potenzielle Ursachen konnten ausgeschlossen werden), sind unter Umständen zusätzliche orale arterielle Vasodilatatoren wie Amlodipin erforderlich, um die linke Herzseite zusätzlich zu entlasten. Hunde mit hochgradiger rezidivierender kongestiver Herzinsuffizienz müssen unter Umständen vorübergehend stationär aufgenommen werden, um Sauerstoff zu supplementieren und parenterale inotrope Arzneimittel wie Dobutamin zu verabreichen. Das Hinzuziehen eines Spezialisten oder die Überweisung an eine spezialisierte Klinik kann in solchen Fällen von Vorteil sein. Ein Konsens-Artikel über die Diagnose und Therapie der chronischen Klappenerkrankung bei Hunden wurde veröffentlicht 5. Tabelle 2 fasst häufig eingesetzte Arzneimittel, ihre Anwendung und ihre Dosierung zusammen. Eine hilfreiche Arzneimittelliste ist zudem online zugänglich.*

* https://cardiaceducationgroup.org/resource/formularies/ 

Tabelle 2. Dosierung von Arzneimitteln zur akuten oder chronischen Behandlung chronischer Klappenerkrankungen beim Hund.

Arzneimittel Indikationen (ACVIM Klassifikation) Wirkungen bei CVD-Patienten Dosierung
Furosemid Stadium C/D Diurese bei akuter oder chronischer CHF, Linderung von Lungenödemen, thorakaler oder abdominaler Ergüsses Parenteral: 2-4 mg/kg, alle 1-6 h IV/ IM/SC
PO: 1-6 mg/kg, alle 8-12 h bis zu einer maximalen Tagesdosis von 12 mg/kg
Pimobendan Stadium C/D Positiv inotroper, ausgewogener Vasodilatator bei akuter oder chronischer CHF PO: 0,25-0,3 mg/kg, alle 12 h
Benazepril Stadium B2
Stadium C/D
Reduzierung der Vor- und Nachlast, Reduzierung der Natrium-/Wasserretention bei akuter oder chronischer CHF PO: 0,25-0,5 mg/kg, alle 12-24 h
Enalapril Stadium B2
Stadium C/D
Reduzierung der Vor- und Nachlast, Reduzierung der Natrium-/Wasserretention bei akuter oder chronischer CHF PO: 0,25-0,5 mg/kg, alle 12 h
Spironolacton Stadium C/D Reduzierung der Natrium-/Wasserretention bei chronischer CHF PO: 1-2 mg/kg, alle 12 h oder 2 mg/kg, alle 24 h
Amlodipin Stadium C/D Reduzierung der Nachlast bei CHF im Stadium D
PO: 0,1-0,2 mg/kg, alle 12 h oder 0,2-0,4 mg/kg, alle 24 h
Butorphanol Stadium B2 gegen Husten
Stadium C/D
Antitussivum, Anxiolytikum bei akuter CHF Parenteral: 0,1-0,5 mg/kg, IV/IM/SC PO: 0,5-1,0 mg/kg, alle 4-6 h

 

Diätetische Empfehlungen für Patienten mit Klappenerkrankung

Die diätetischen Empfehlungen für Hunde mit chronischen Herzklappenerkrankungen werden ständig weiterentwickelt. Früher wurden für diese Patienten in der Regel Diätnahrungen mit starker Natrium- und Proteinrestriktion empfohlen. Jüngste Erkenntnisse sprechen jedoch dafür, dass zur wirksamen Unterstützung der Behandlung chronischer Herzklappenerkrankungen eher Nahrungen mit qualitativ hochwertigen Proteinen, moderater Natriumrestriktion und supplementierten Omega-3-Fettsäuren geeignet sind. Eine Omega-3-Fettsäuren-Supplementierung, entweder separat oder als integraler Bestandteil der Rezeptur kommerzieller Diätnahrungen, hat bei Hunden Untersuchungen zufolge einen vorteilhaften Effekt und zwar sowohl vor dem Auftreten einer Herzinsuffizienz 18 als auch bei bereits etablierter klinischer Herzinsuffizienz 19, wahrscheinlich aufgrund von anti-inflammatorischen und antikachektischen Effekten dieser essenziellen Fettsäuren 20. Diätnahrungen mit moderater Natriumrestriktion und erhöhtem Gehalt an Omega-3-Fettsäuren und Aminosäuren wie Taurin und Carnitin können bereits in den frühen Stadien einer Klappenerkrankung (Stadium B), also vor dem Auftreten einer kongestiven Herzinsuffizienz, von Vorteil sein 18.

Prognose bei chronischer Klappenerkrankung

Der klinische Verlauf chronischer Klappenerkrankungen bei Hunden ist nicht vorhersehbar, insbesondere nicht in den frühen Stadien. Besitzer sollten zum Zeitpunkt der Diagnose der Herzerkrankung (z. B. zum Zeitpunkt, an dem ein Herzgeräusch entdeckt wird) zwar über das Wesen der Erkrankung und mögliche klinische Symptome aufgeklärt werden, zugleich aber darauf hingewiesen werden, dass viele Hunde mit chronischer Klappenerkrankung nie eine kongestive Herzinsuffizienz entwickeln werden. Die Erkrankung entwickelt sich tendenziell fortschreitend, die Progressionsrate unterscheidet sich jedoch von Hund zu Hund. Die Zeitdauer bis zum Einsetzen einer kongestiven Herzinsuffizienz, wenn diese überhaupt eintritt, hängt unter anderem davon ab, wie frühzeitig die Erkrankung diagnostiziert wird. Tiere mit sehr schwachen Geräuschen (≤ Grad 2/6) einer Mitralregurgitation und ohne Kardiomegalie bleiben in der Regel über längere Zeit frei von klinischen Symptomen als Tiere mit zum Zeitpunkt der Diagnose lauten Geräuschen (≥ Grad 4/6) oder deutlich ausgeprägter Kardiomegalie. Insgesamt können Hunde mit präklinischer chronischer Klappenerkrankung über einen Zeitraum von zwei bis vier Jahren frei von klinischen Symptomen bleiben 9,21,22.

Wenn sich eine kongestive Herzinsuffizienz entwickelt hat, hängt das Überleben des Patienten ganz entscheidend von der Wahl der Therapie ab 14,15, andere Faktoren haben jedoch einen Einfluss auf die Überlebensrate. Hunde, deren Besitzer eine enge Überwachung realisieren und entstehende Probleme frühzeitig erkennen, und Hunde, die eine medikamentöse Behandlung gut vertragen, überleben tendenziell länger und haben eine bessere Lebensqualität. Im Allgemeinen können bei Hunden mit optimal eingestellter Triple-Therapie Überlebenszeiten von etwa 6 bis 18 Monaten nach Eintreten einer kongestiven Herzinsuffizienz erwartet werden.

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Rebecca L. Stepien

Rebecca L. Stepien

Dr. Stepien schloss ihr Tiermedizinstudium an der School of Veterinary Medicine der University of Wisconsin (USA) ab und erhielt einen Master’s Degree an der The Ohio State University Mehr lesen

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