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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 24.3 Ernährung

Katzen und diätetische Fasern

veröffentlicht 25/03/2021

Geschrieben von Allison Wara und Craig Datz

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español , English und ภาษาไทย

Ernährungswissenschaftler und Tierärzte interessieren sich bereits seit vielen Jahren für Fasern als Bestandteile von Tiernahrungen oder als diätetische Supplemente. Traditionell werden Fasern zur Verbesserung der Kotqualität und als Hilfsmittel beim Gewichtsmanagement eingesetzt.

Illustration unterschiedlicher Löslichkeiten und Viskositäten verschiedener Faserquellen, die zu gleichen Mengen in 100 ml Wasser gegeben wurden. Hafer- und Weizenkleie absorbieren kein Wasser, und nach 24 Stunden sind keine Veränderungen zu erkennen. Weizendextrinpulver löst sich unmittelbar und bleibt in Lösung. Psylliumpulver absorbiert Wasser und bildet nach 24 Stunden ein dickes, visköses Gel.

Key points

Fasern sind überraschend schwierig zu definieren, sie werden aber häufig nach ihren Eigenschaften wie Löslichkeit in Wasser, Viskosität und Fermentierbarkeit im Gastrointestinaltrakt klassifiziert. Zahlreiche kommerzielle Tiernahrungen enthalten zwei oder mehrere faserhaltige Inhaltsstoffe.


Diätetische Fasern, insbesondere langsam fermentierbare Fasern wie Cellulose und Erdnussschalen, sind nachweislich ein wirksames Mittel zur Erhöhung des Ingestavolumens im Gastrointestinaltrakt ohne zusätzliche Kalorienzufuhr.


Jüngste Übersichtsarbeiten zeigen, dass die Wirkung diätetischer Fasern bei Katzen mit Diabetes mellitus weitgehend unbekannt ist, dass bei diesen Patienten aber kohlenhydratarme, faserarme Diätnahrungen angezeigt sein können.


Die Empfehlungen zur diätetischen Behandlung einer Obstipation gehen weit auseinander. Einige Autoren empfehlen hochverdauliche, faserarme Diätnahrungen, andere befürworten dagegen faserreiche Diätnahrungen oder eine Fasersupplementierung.


Einleitung 

Ernährungswissenschaftler und Tierärzte interessieren sich bereits seit vielen Jahren für Fasern als Bestandteile von Tiernahrungen oder als diätetische Supplemente. Traditionell werden Fasern zur Verbesserung der Kotqualität und als Hilfsmittel beim Gewichtsmanagement eingesetzt. In jüngster Zeit konnte gezeigt werden, dass Fasern auch Effekte auf das gastrointestinale Mikrobiom haben und eine vorteilhafte Rolle bei der Behandlung verschiedener Erkrankungen spielen können. Dieser Artikel gibt einen kurzen Überblick über diätetische Fasern und diskutiert ihre potenziellen Vorteile bei verschiedenen, häufiger auftretenden Erkrankungen der Katze.

Definition 

Der Begriff Fasern ist überraschend schwierig zu definieren. In der humanen Ernährungslehre werden Fasern gegenwärtig beschrieben als „...Kohlenhydratpolymere mit zehn oder mehr monomeren Einheiten, die durch endogene Enzyme im Dünndarm nicht hydrolysiert werden...” 1. Im Bereich der Tierernährung werden Fasern in den USA dagegen so definiert: „…große Klasse pflanzlicher Kohlenhydrate, die der Hydrolyse im Verdauungstrakt widerstehen“ 2. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Beschreibungen von Fasern, abhängig von der Quelle, der Zusammensetzung, den angewendeten Analysemethoden, ihren physiologischen Effekten und unterschiedlichen Kennzeichnungsvorschriften für Nahrungs- bzw. Futtermittel.

Häufig werden diätetische Fasern nach ihren Eigenschaften wie der Löslichkeit in Wasser, ihrer Viskosität und der Fermentierbarkeit im Gastrointestinaltrakt klassifiziert. Tabelle 1 fasst die wesentlichen Charakteristika verschiedener häufig in Tiernahrungen eingesetzter Faserquellen zusammen. Eine präzise Vorhersage der gesundheitsfördernden Wirkungen einer bestimmten Faserquelle kann sehr schwierig sein. Hinzu kommt, dass zahlreiche kommerzielle Katzennahrungen zwei oder mehr faserhaltige Zutaten enthalten. Fermentierbare Fasern können beispielsweise als Energiesubstrat für Bakterien im Dickdarm dienen, wobei unter anderem kurzkettige Fettsäuren entstehen 3, die wiederum von der Darmwand absorbiert werden und die Struktur und Funktion von Darmzellen verändern können. Nicht fermentierbare Fasern erhöhen tendenziell das Gewicht und das Volumen der Fäzes und können die Darmpassage beschleunigen 3. Faserquellen mit hoher Viskosität haben oft eine hohe Wasserbindungskapazität und können dadurch zur Bildung weicherer, feuchterer Fäzes führen. Als wahrscheinlich gilt heute, dass Veränderungen der diätetischen Fasermengen und Fasertypen einen Einfluss auf die gastrointestinale Mikrobiota haben, die Forschung über die Auswirkungen diätetischer Fasern auf das Mikrobiom befindet sich aber noch im Frühstadium 4. Abbildung 1 illustriert unterschiedliche Löslichkeiten und Viskositäten verschiedener Faserquellen.

 
Tabelle 1. Eigenschaften häufig in Tiernahrung eingesetzter Faserquellen.
Quelle Löslichkeit Viskosität Fermentierbarkeit
Rübenschnitzel Niedrig Niedrig Moderat
Kleie Niedrig Niedrig Moderat
Cellulose Niedrig Niedrig Niedrig
Guargummi Hoch  Hoch  Hoch 
Pektin Hoch  Hoch  Hoch 
Psyllium (Flohsamen) Moderat Hoch  Moderat
Sojaschalen Niedrig Niedrig Niedrig
Abbildung 1. Illustration unterschiedlicher Löslichkeiten und Viskositäten verschiedener Faserquellen, die zu gleichen Mengen in 100 ml Wasser gegeben wurden. Hafer- und Weizenkleie absorbieren kein Wasser, und nach 24 Stunden sind keine Veränderungen zu erkennen. Weizendextrinpulver löst sich unmittelbar und bleibt in Lösung. Psylliumpulver absorbiert Wasser und bildet nach 24 Stunden ein dickes, visköses Gel. © Allison Wara - Craig Datz

Fasern und ihre Rolle bei Erkrankungen 

Adipositas

In Nordamerika ist Adipositas die häufigste Form der Fehlernährung bei veterinärmedizinischen Patienten. Geschätzt wird, dass 35,1% aller adulten Katzen in den USA entweder übergewichtig oder adipös sind 5 (Abbildung 2). Adipositas prädisponiert Katzen nachweislich für eine ganze Reihe verschiedener Erkrankungen wie Diabetes mellitus, hepatische Lipidose, Erkrankungen des Harntraktes, orthopädische Erkrankungen und Hauterkrankungen.

 
Abbildung 2. Adipositas ist die bei veterinärmedizinischen Patienten am häufigsten auftretende Form der Fehlernährung. Man schätzt, dass in den USA 35,1% aller adulten Katzen übergewichtig oder adipös sind. © Shutterstock

Diätetische Fasern werden sowohl bei Hunden als auch bei Katzen zur Unterstützung der Adipositasbehandlung eingesetzt. Insbesondere langsam fermentierbare Fasern wie Cellulose und Erdnussschalen sind nachweislich ein wirksames Mittel für eine Erhöhung des Ingestavolumens im Gastrointestinaltrakt, ohne zusätzliche Kalorienzufuhr. In kommerziellen Tiernahrungen können diätetische Fasern von Vorteil sein, da sie wahrscheinlich zu einer geringeren diätetischen Energieaufnahme führen. Gemischte diätetische Fasern sollen darüber hinaus die Glucoseabsorption aus dem Magendarmtrakt mindern, eine Magendehnung induzieren (die den Cholecystokinin-Pathway der Sättigung stimuliert), die Magenentleerung verzögern und eine längere ileale Passagezeit fördern 6. In der Literatur sind entsprechende Wirkungen diätetischer Fasern auf die Nahrungsaufnahme bei Katzen bislang zwar noch nicht ausführlich beschrieben, spekuliert wird aber, dass mit Fasern angereicherte Nahrung eine übermäßige Nahrungsaufnahme reduzieren kann, und damit eine potenziell protektive Rolle gegen die Entstehung der felinen Adipositas spielt 7.

Durch Hunger motiviertes Bettelverhalten bei übergewichtigen Katzen beeinträchtigt oft die Besitzercompliance und kann dazu führen, dass die Ziele der Gewichtsreduktion bei zu Adipositas neigenden Tieren nicht erreicht werden. Der Zusatz von Fasern in kommerziellen Tiernahrungen soll eine verbesserte Sättigung induzieren und dieses unerwünschte Bettelverhalten somit reduzieren. Eine Studie zur Evaluierung von Strategien zur Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Katzen beobachtete reduzierte „Bettel-Scores“ (d. h. weniger Lautäußerungen und weniger anhängliches Verhalten) bei Fütterung einer Nahrung mit Fasern hoher Wasserbindungskapazität im Vergleich zu einer Nahrung, die überwiegend unlösliche Fasern enthält 8. Nicht nur die Fasermenge, sondern auch der Fasertyp kann also einen Einfluss auf die Sättigung haben.

Trotz der potenziellen therapeutischen Eigenschaften von Fasern bei Adipositas sollte nicht unerwähnt bleiben, dass diätetische Fasern auch zu einer reduzierten Proteinverdaulichkeit führen können. Mit Fasern angereicherte Diätnahrungen zur Gewichtsreduktion müssen dies durch höhere diätetische Proteinkonzentrationen kompensieren. Wichtig ist darüber hinaus das Verhältnis zwischen langsam fermentierbaren und schnell fermentierbaren Fasern, denn die Forschung zeigt, dass ein Zusatz schnell fermentierbarer Fasern in sättigungsfördernden Konzentrationen gastrointestinale Nebenwirkungen wie Flatulenz und Diarrhoe auslösen kann 9. Trotz der eher spärlichen Informationen über die Wirkung diätetischer Fasern bei felinen Patienten und trotz der diesbezüglich zum Teil widersprüchlichen Ergebnisse bleibt insgesamt aber festzuhalten, dass ein Zusatz diätetischer Fasern in kommerzielle Diätnahrungen im Rahmen der Gewichtsreduktion bei Tieren mit Adipositasneigung hilfreich sein kann.

Diabetes mellitus 

Ältere Berichte in der Literatur legen nahe, dass diätetische Fasern die glycämische Kontrolle bei Hunden und Katzen verbessern und die Behandlung des Diabetes mellitus unterstützen 10. Neuere Übersichtsarbeiten kommen jedoch zu dem Schluss, dass der Effekt diätetischer Fasern bei diabetischen Katzen unbekannt ist,und dass bei betroffenen Patienten möglicherweise eher kohlenhydrat- und faserarme Diätnahrungen angezeigt sind 11. Die Ergebnisse diätetischer Studien mit diabetischen Katzen sind aber schwierig zu interpretieren, da die verwendeten Diätnahrungen nicht nur unterschiedliche Fasergehalte aufweisen, sondern sich auch in ihren Protein-, Fett- und Kohlenhydratanteilen unterscheiden und meist aus unterschiedlichen Zutaten zusammengesetzt sind.In einer randomisierten, kontrollierten Crossover-Studie 12 wurden 16 diabetische Katzen entweder mit einer faserreichen Nahrung (12% Cellulose auf Basis der Trockenmasse) oder mit einer faserarmen Nahrung (Zusatz von Maisstärke) gefüttert. Bei den mit der faserreichen Diätnahrung gefütterten Katzen wurden niedrigere prä- und postprandiale Blutglucosespiegel gemessen. Die Insulindosen und die Konzentrationen des glycolysierten Hämoglobins zeigten jedoch keine signifikanten Unterschiede. Zudem konnte bei vier Katzen unter der faserreichen Diät keinerlei Verbesserung des Blutglucosespiegels festgestellt werden. Die Autoren schlussfolgerten, dass ihre Ergebnisse die Fütterung einer Diätnahrung mit Cellulosezusatz bei Katzen mit Diabetes mellitus stützen. Diese Daten decken sich mit den Ergebnissen einer unveröffentlichten Studie derselben Autoren, in der bei neun von 13 diabetischen Katzen eine Verbesserung der glycämischen Kontrolle mit Hilfe einer faserreichen Diät erreicht werden konnte. Zwischen den beiden in dieser Studie eingesetzten Nahrungen gab es neben dem Fasergehalt jedoch noch weitere Unterschiede, die das Ergebnis beeinflusst haben könnten. So hatte die faserarme Diätnahrung einen niedrigeren Protein- und einen höheren Kohlenhydratgehalt als die faserreiche Nahrung, und bei der faserreichen Nahrung war die Kalorienaufnahme insgesamt niedriger. Die vier Katzen in der zuvor genannten Studie, die auf die faserreiche Diät nicht angesprochen hatten, wiesen ein niedrigeres durchschnittliches Körpergewicht auf (4,7 kg gegenüber 5,5 kg), so dass ein Effekt des Körperfettanteils nicht ausgeschlossen werden kann 12.
Eine weitere randomisierte Studie 13 evaluierte zwei Feuchtnahrungen (Dosennahrung) bei Katzen mit Diabetes mellitus, die auch mit Insulin behandelt wurden. Es handelte sich zum einen um eine Diätnahrung mit moderatem Kohlenhydratgehalt (26%) und hohem Fasergehalt (11% Rohfaser) in der Trockenmasse, während die andere Nahrung einen niedrigen Kohlenhydratgehalt (15%) und einen niedrigen Fasergehalt (1% Rohfasern) aufwies. Die meisten, wenn auch nicht alle, untersuchten Katzen zeigten in beiden Diätgruppen eine Verbesserung der Blutzucker- und Fructosaminspiegel. Ab Woche 16 konnte das Insulin bei 68% der Katzen mit der kohlenhydrat- und faserarmen Nahrung abgesetzt werden und bei 41% der Katzen mit der Nahrung mit moderatem Kohlenhydratgehalt und hohem Faseranteil. Die Schlussfolgerung der Autoren lautet, dass Katzen mit höherer Wahrscheinlichkeit eine gute Blutzuckerregulierung oder einen insulin-unabhängigen Status erreichen, wenn sie eine Diätnahrung mit niedrigem Kohlenhydratgehalt und niedrigem Faseranteil erhalten. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die beiden getesteten Nahrungen sich auch in ihren Zutaten (Maismehl in der Nahrung mit moderatem Kohlenhydrat- und hohem Fasergehalt vs. Sojamehl und Maisglutenmehl in der kohlenhydrat- und faserarmen Nahrung) und im Fettgehalt unterschieden (41% Fett in der Nahrung mit moderatem Kohlenhydrat- und hohem Fasergehalt vs. 51% Fett in der kohlenhydrat- und faserarmen Nahrung auf Basis der metabolisierbaren Energie). Es ist deshalb schwierig, zu entscheiden, ob für die Ergebnisse letztlich der Fasergehalt, der Kohlenhydratgehalt oder der Fettgehalt oder eine bestimmte Kombination von Inhaltsstoffen verantwortlich waren 13.
Aktuelle Richtlinien für Menschen mit Diabetes mellitus beinhalten unter anderem eine diätetische Therapie 14. Die Aufnahme diätetischer Fasern geht bei diabetischen Menschen zwar nachweislich mit einer niedrigeren Mortalität sämtlicher Ursachen einher, für eine verbesserte glycämische Kontrolle bei vermehrter Aufnahme von Fasern oder Vollkorngetreide gibt es aber nur wenige Evidenzen. Mehrere Studien zur Wirkung diätetischer Fasern bei Hunden mit Diabetes mellitus liefern unterschiedliche Ergebnisse, und letztlich verantwortlich für eine Verbesserung der glycämischen Kontrolle bei faserreichen Diätnahrungen könnte eine mit solchen Nahrungen verknüpfte Reduzierung der Kalorienaufnahme sein 11. Gegenwärtig gibt es also nur wenige Evidenzen, die für einen direkten Effekt diätetischer Fasern bei Katzen mit Diabetes mellitus sprechen. Strategien zur Gewichtsreduktion, die unter anderem auch Nahrungen mit einem hohen Anteil diätetischer Fasern beinhalten, können jedoch eine Rolle bei der Behandlung dieser Patienten spielen.
 
Diarrhoe

Zahlreiche Enteropathien führen bei Katzen potenziell zur Entstehung einer chronischen Diarrhoe, einer häufig auftretenden und oft sehr frustrierenden klinischen Symptomatik, die sehr oft Anlass für die Vorstellung betroffener Katzen beim Tierarzt ist. Diarrhoe äußert sich in vielen Fällen mit einer Erhöhung der Defäkationshäufigkeit, einer Zunahme des Kotvolumens und einem erhöhten fäkalen Feuchtigkeitsgehalt, nicht selten auch in Kombination mit Kotabsatz an ungeeigneten Stellen. Ätiologisch betrachtet, sind chronische Diarrhoen bei adulten Katzen am häufigsten entzündlicher Natur (Inflammatory Bowel Disease) oder diätetischen Ursprungs (Futtermittelallergie oder Futtermittelintoleranz). Seltener liegen Tumorerkrankungen zugrunde. Diätetische Maßnahmen können eine vorteilhafte Rolle bei der Behandlung einer Diarrhoe spielen und zu einer erfolgreichen Kontrolle ihres Auftretens und ihres Schweregrades beitragen. Physikalische Eigenschaften von Fasern können jedoch sowohl zu einer Beschleunigung als auch zu einer Verlangsamung der Darmpassage führen. So zeigen entsprechende Untersuchungen, dass Rübenschnitzel eine kurze Darmpassage-zeit bei Hunden fördern, während Cellulose die Darmpassagezeit verlängert 15. Deutlich weniger Informationen gibt es dagegen über den Einfluss von Fasern auf die Darmpassage bei Katzen. Die gesammelten Kenntnisse aus Untersuchungen an Menschen und Hunden sowie die umfassenden klinischen Erfahrungen praktischer Tierärzte legen jedoch nahe, dass diätetische Fasern bei der Spezies Katze dieselben Effekte haben dürften.

Lösliche Fasern absorbieren Wasser aus dem Gastrointestinaltrakt und bilden dabei ein visköses Gel, das die Menge des freien fäkalen Wassers reduzieren und auf diese Weise eine Normalisierung der Kotkonsistenz unterstützen kann. Zudem verlangsamt das visköse Gel die Darmpassage und kann sich bei der Behandlung von Patienten mit sekretorischer oder osmotischer Diarrhoe als hilfreich erweisen, da es unter anderem auch luminale Toxine absorbiert. Liegt einer Diarrhoe ursächlich eine erhöhte Motilität zugrunde, können unlösliche Fasern zudem eine Reduzierung bestimmter Formen myoelektrischer Aktivitäten im Dickdarm unterstützen 16.

Trotz des Fehlens entsprechender randomisierter, kontrollierter Studien befürworten einige Tierärzte eine Supplementierung der Nahrung mit diätetischen Fasern bei Hunden und Katzen mit IBD, wenn Diarrhoe Teil des klinischen Geschehens ist. Bei Verdacht auf eine Futtermittelüberempfindlichkeit als zugrunde liegende Ursache werden in der Regel Diätnahrungen mit neuen (zuvor noch nie gefütterten) oder hydrolysierten Proteinen empfohlen. Eine zusätzliche Fasersupplementierung dieser therapeutischen Diätnahrungen kann zu einer Verbesserung der intestinalen Motilität und des Wassergleichgewichts sowie zur Normalisierung der intestinalen Mikroflora beitragen 6. Flohsamenschalen und Weizenkleie werden in solchen Fällen mit Erfolg eingesetzt. In anderen Situationen sprechen IBD-Patienten dagegen am besten auf hochverdauliche, faserarme Diätnahrungen an. Bei einigen Patienten mit IBD kann eine Fasersupplementierung also durchaus auch kontraindiziert sein. Entscheidend für das klinische Outcome ist deshalb eine sorgfältige individuelle Beurteilung der spezifischen Situation eines jeden Patienten.

Obstipation

Die Prävalenz der Obstipation in der gesamten Katzenpopulation ist weitgehend unbekannt, den meisten praktischen Tierärzten werden aber immer wieder Katzen mit unterschiedlich hochgradigen Defäkationsschwierigkeiten vorgestellt (Abbildung 3). Häufige oder rezidivierende Obstipationen können letztlich zur Entwicklung einer Koprostase führen, die auf routinemäßige Behandlungsmaßnahmen in der Regel nicht mehr anspricht. Bei fortschreitender Obstipation/Koprostase können betroffene Katzen ein Megacolon entwickeln. Dabei handelt es sich um das (oft idiopathische) Endstadium, das durch eine Erweiterung des Dickdarms, einen Verlust der motorischen Funktion der glatten Muskulatur und die Unfähigkeit, Kot abzusetzen, charakterisiert ist. Die Behandlung eines Megacolons richtet sich nach der im Einzelfall zugrunde liegenden Ursache, dem Grad der Erkrankung und ihrer Chronizität. In den frühen Stadien oder bei geringgradig ausgeprägter Obstipation sprechen Patienten oft auf eine mechanische Entfernung impaktierter Fäzes und eine Behandlung mit Laxanzien an. Mittelgradig betroffene Katzen benötigen unter Umständen eine Therapie mit dickdarmwirksamen prokinetischen Arzneimitteln, und in hochgradigen Fällen ist ein chirurgischer Eingriff in Form einer subtotalen Colektomie möglicherweise die einzige Option.

 

Abbildung 3. Diese Katze leidet unter chronischer Obstipation aufgrund einer schmerzhaften Defäkation infolge einer traumatischen Schädigung von Schwanzwirbeln. Solche Patienten können von einer Diätnahrung mit modifiziertem Fasergehalt profitieren. © Dr. Ewan McNeill

Die Empfehlungen für die diätetische Therapie von Obstipationen variieren erheblich. Einige Autoren befürworten hochverdauliche, faserarme Diätnahrungen, während andere faserreiche Diätnahrungen oder eine Fasersupplementierung bevorzugen 17. Verschiedene diätetische Fasertypen und Fasermengen haben unterschiedliche Auswirkungen auf den Dickdarm. So wirken bestimmte schlecht fermentierbare Fasern, wie zum Beispiel Cellulose, als Quellstoffe laxierend und können eine Erweiterung des Dickdarmlumens fördern und damit die Darmpassagerate unterstützen 17. Abhängig vom verwendeten Cellulosetyp und der Faserlänge hat Cellulose jedoch unterschiedliche Auswirkungen auf die fäkale Trockenmasse und auf die Kotqualität bei Hunden 18. Andere Faserquellen, wie zum Beispiel Flohsamen (Psyllium), können aufgrund ihrer hohen Wasserbindungskapazität ein visköses Gel bilden, das die Passage der Fäzes unterstützt. Diätnahrungen mit niedrigem Fasergehalt und hoher Verdaulichkeit können zu einer Reduzierung der Menge der gebildeten Fäzes führen, sie stimulieren jedoch weder die Darmmotilität noch die Darmpassage 17. Da Dehydratation zu den möglichen Ursachen einer Obstipation gehört, werden oft Feuchtnahrungen (Dosennahrungen) empfohlen, um die Wasseraufnahme des Patienten zu erhöhen, je nach Indikation ergänzt um eine parenterale Flüssigkeitstherapie. Feuchtnahrungen haben jedoch zum Teil sehr unterschiedliche Fasertypen und Fasergehalte, und sind nicht unbedingt gleichermaßen gut für alle Katzen mit Obstipation geeignet.

Bislang untersuchte nur eine einzige veröffentlichte Studie die Effekte einer kommerziellen Diätnahrung bei obstipierten Katzen 19. In dieser unkontrollierten klinischen Studie erhielten 66 Katzen mit Obstipation eine kommerzielle Trockennahrung mit moderatem Fasergehalt und Flohsamen als dominierender Faserquelle (zusammen mit anderen Faserquellen wie Zichorie, Fructo-Oligosaccharide, Mannan-Oligosaccharide, Reis und Mais). Die Kotkonsistenz und die subjektive Besserung der klinischen Symptome wurden sowohl von Tierärzten als auch von den Tierbesitzern beurteilt. 56 Katzen hatten die Studie beendet, und alle hatten den Ergebnissen zufolge die Nahrung aufgenommen und Verbesserungen ihrer fäkalen Scores gezeigt. Bei den meisten unter medikamentöser Behandlung gegen Obstipation stehenden Katzen konnten die entsprechenden Arzneimittel vollständig abgesetzt werden. In dieser Studie gab es zwar weder eine Kontrollgruppe noch eine Kontrollnahrung, die positiven Ergebnisse sprechen jedoch für die Anwendung dieser mit Flohsamen angereicherten Diätnahrung als primäre oder unterstützende Therapie bei Katzen mit Obstipation oder Koprostase 19.

Hypercalcämie

Hypercalcämie ist eine bei Katzen relativ selten auftretende Erkrankung. Ätiologisch handelt es sich in den meisten Fällen um idiopathische Hypercalcämien oder Hypercalcämien im Zusammenhang mit einer Tumorerkrankung, einer chronischen Nierenerkrankung oder eines primären Hyperparathyreoidismus. Klinische Symptome fehlen in der Regel in den Frühstadien der Erkrankung, die meist als Zufallsbefund im Rahmen einer routinemäßigen Blutuntersuchung diagnostiziert werden. Mit dem weiteren Fortschreiten der Erkrankung werden klinische Symptome jedoch zunehmend deutlich und umfassen Erbrechen, Anorexie, Gewichtsverlust, Dysurie und Harnabsatz an ungeeigneten Stellen. Die medikamentöse Therapie richtet sich in der Regel nach der zugrundeliegenden Ursache.
Diätetische Interventionen sind oft unwirksam, da Hypercalcämien in den meisten Fällen aus einer erhöhten Calciumresorption aus Knochengewebe und aus einer Reabsorption von Calcium in den Nierentubuli entstehen. Eine Umstellung der Ernährung auf ein Produkt mit niedrigem Calciumgehalt begünstigt deshalb nur eine Untergruppe von Patienten mit erhöhter intestinaler Calciumabsorption, zum Beispiel bei zugrundeliegender Hypervitaminose D. Bei Menschen führen faserreiche Diätnahrungen Untersuchungen zufolge zu einer Senkung des Risikos einer Hypercalcämie und einer Calciumoxalaturolithiasis, indem sie intestinales Calcium binden, die Calciumabsorption aus dem Gastrointestinaltrakt verhindern und die Darmpassage beschleunigen 20. In der Veterinärmedizin gibt es aber nur sehr wenige Studien, die entsprechende Befunde stützen. Bei fünf Katzen mit idiopathischer Hypercalcämie und Calciumoxalaturolithiasis führten mit Fasern angereicherte Diätnahrungen zu einer Resolution der Hypercalcämie 21. In einer anderen Studie wurde ein entsprechender Effekt jedoch nicht festgestellt 22. Bevor schlüssige diätetische Empfehlungen ausgesprochen werden können, sind also noch weitere Untersuchungen zur Rolle der diätetischen Therapie bei Katzen mit Hypercalcämie erforderlich.
 

Haarballen

Das Erbrechen bzw. die Regurgitation von Haarballen ist ein bei Katzen in der Praxis relativ häufig zu beobachtendes Phänomen, das bislang im Rahmen wissenschaftlicher Studien aber eher spärlich untersucht wurde (Abbildung 4). Eine jüngste Übersichtsarbeit zu diesem Thema 23 unterteilt die Ursachen in zwei Gruppen, entweder eine exzessive orale Aufnahme von Haaren oder eine veränderte Motilität im Bereich des oberen Gastrointestinaltraktes. Eine vermehrte orale Aufnahme von Haaren beobachtet man unter anderem bei Katzen mit pruriginösen Hauterkrankungen oder bei Katzen mit übertriebener Fellpflege („Overgrooming“) aufgrund von Schmerzen oder Angstproblemen. Chronische Magen-oder Darmprobleme, wie zum Beispiel die Inflammatory Bowel Disease, können mit Veränderungen der Motilität einhergehen und auf diesem Weg zu einer Akkumulation von Haaren im Verdauungstrakt führen. Können Haarballen nicht durch Erbrechen oder Regurgitation ausgeschieden werden, besteht die Gefahr einer partiellen oder vollständigen intestinalen Obstruktion, einer Festsetzung in der Speiseröhre oder eines Eintritts in den Nasopharynx.

 

Abbildung 4. Erbrechen oder Regurgitieren von Haarballen ist ein bei Katzen relativ häufig zu beobachtendes Phänomen. Haarballen können einige schwerwiegende Probleme verursachen, wie zum Beispiel Obstruktionen im Bereich der Speiseröhre oder des Darms. © Royal Canin

 

Kommerzielle Diätnahrungen zur Bekämpfung oder Vorbeugung von Haarballen enthalten verschiedene Typen und Mengen diätetischer Fasern. Eine Übersicht über die in den USA erhältlichen Trockenund Feuchtnahrungen für Katzen mit beanspruchter Anti-Haarballen-Wirkung kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass sich die auf den Zutatenlisten aufgeführten Faserquellen durch eine sehr große Vielfalt auszeichnen. Zum Einsatz kommen beispielsweise pulverförmige Cellulose, Rübentrockenschnitzel, Sojaschalen, getrocknete Zichorienwurzel, Reisschalen, Reiskleie, Erbsenkleiemehl, Erbsenfasern, Haferfasern, Inulin und Psyllium (Flohsamen). Veröffentlichte wissenschaftliche Studien zu dieser Thematik sind sehr spärlich. Eine Crossover-Studie verglich eine übliche Erhaltungsnahrung mit einer mit Fasern angereicherten Nahrung bei 102 Katzen über einen Zeitraum von zwei Monaten und zeigte im Durchschnitt 21,5% weniger Haarballen und eine Reduktion der Erbrechenshäufigkeit um 21,8% mit der faserreichen Diätnahrung 24. Eine weitere Studie mit 16 gesunden Katzen verglich die Wirkung einer Trockennahrung mit moderatem Fasergehalt (6,9% im Endprodukt) und einer Trockennahrung mit hohem Faseranteil (14,2%), auf die fäkale Haarausscheidung 25. Nach drei Wochen schieden die Katzen mit der faserreichen Diätnahrung im Durchschnitt zweimal so viele Haare aus, wie die Katzen mit der moderat faserhaltigen Nahrung. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass entweder die Fasermenge oder der Fasertyp (Psyllium und Cellulose) in der faserreichen Diätnahrung zu einer Beschleunigung der Haarpassage durch den Verdauungstrakt führt, und auf diese Weise die Inzidenz der Regurgitation oder des Erbrechens von Haarballen herabsetzen kann.

Schlussfolgerung 

Sowohl die Menge als auch der Typ der in einer Katzennahrung enthaltenen diätetischen Fasern können einen Einfluss auf die Darmgesundheit und die Darmfunktion haben. Diätetische Fasern spielen nachweislich eine vorteilhafte Rolle bei der Behandlung verschiedener klinischer Erkrankungen. Weitere Studien sind erforderlich, um die Wirkungen spezifischer Diätnahrungen und Fasersupplemente bei Katzen genauer zu evaluieren.
 

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Allison Wara

Allison Wara

Allison Wara, College of Veterinary Medicine, University of Missouri, Columbia, Missouri, USA Mehr lesen

Craig Datz

Craig Datz

Craig Datz schloss 1987 sein Studium am Virginia-Maryland Regional College of Veterinary Medicine ab. Er verfügt über 14 Jahre Erfahrung in der privaten Kleintierpraxis und 11 Jahre Lehrerfahrung an der University of Missouri School of Veterinary Medicine in den Abteilungen Klinische Ernährung und Community Clinic. Mehr lesen

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