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Veterinary Focus

Ausgabe nummer Ernährung

Beratungsgespräche über Ernährung: Die Rolle von TFAs

veröffentlicht 21/02/2025

Geschrieben von Liesbeth A. Verhoef-Hamers

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español und English

Von TFAs geführte Beratungsgespräche über Ernährung sind ein wirksames Instrument in der tierärztlichen Praxis, mit dessen Hilfe ein besseres Verständnis und eine bessere Compliance der Tierhalter*innen erreicht werden kann. 

Eine TFA sitzt vor einem Tierhalterin und schreibt auf einem Klemmbrett.

Kernaussagen

Tiermedizinische Fachangestellte sollten in der Praxis an vorderster Front bei Beratungsgesprächen über Ernährung stehen.


Effektive Kommunikation und ein umfassendes Verständnis der Ernährungssituation eines Haustieres sind entscheidende Komponenten für eine optimale tierärztliche Versorgung.


Tiermedizinische Fachangestellte können und sollten proaktiv auf Tierhalter*innen zugehen und kommunikative Herausforderungen aktiv angehen.


Gespräche mit Tierhalter*innen über Ernährung ihres Tieres können gelegentlich problematisch sein, da die Fütterung oft als emotionaler Akt betrachtet wird.


Einleitung

Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle für die allgemeine Gesundheit von Haustieren, und eine adäquate Ernährungsberatung ist unerlässlich, um die Lebensqualität von Tieren zu verbessern und chronischen Erkrankungen vorzubeugen. Hinzu kommt, dass sich gut informierte Tierhalter*innen heute in zunehmendem Maße der Auswirkungen von Ernährung auf die Gesundheit ihres Tieres bewusst sind und deshalb sehr viel höhere Erwartungen an eine professionelle Ernährungsberatung haben 1. Dennoch haben viele Kunde*innen tierärztlicher Praxen immer noch das Gefühl, dass der Themenbereich Ernährung in der tierärztlichen Konsultation nicht in adäquatem Maße berücksichtigt wird 1,2. Ob es dabei um die Behandlung von Adipositas oder um die Vorbeugung chronischer Erkrankungen geht oder einfach nur darum, dass Haustiere eine ausgewogene Versorgung mit Nährstoffen erhalten, die Ernährung sollte stets ein zentrales Thema in jeder tierärztlichen Konsultation sein, gewissermaßen als „fünftes lebenswichtiges Kriterium“ 3,4 – neben Temperatur, Puls, Atmung und Schmerzbeurteilung.

Eine effektive Kommunikation und ein umfassendes Verständnis der Ernährung eines Haustieres sind entscheidende Komponenten einer optimalen tierärztlichen Versorgung. Bevor jedoch Ernährungsempfehlungen gegeben oder Gespräche über das Ernährungsmanagement begonnen werden, muss zunächst eine umfassende Ernährungsanamnese erhoben werden 3,5. Dieser Artikel befasst sich mit der zentralen Rolle des Themas Ernährung bei der tierärztlichen Versorgung mit Fokus auf der wichtigen Bedeutung einer effektiven Kommunikation und der aktiven Beteiligung von TFAs mit dem Ziel einer Optimierung der Tiergesundheit 6.

Die Bedeutung der Ernährung  

Bei der tierärztlichen Versorgung geht es nicht nur um die Behandlung von Krankheiten, sondern auch um die Vorbeugung von Erkrankungen und die Förderung des langfristigen Wohlbefindens der Tiere. Gute Ernährung spielt dabei eine ganz wesentliche Rolle, denn sie sorgt für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und beugt Adipositas, Diabetes, chronische Verdauungsprobleme und sogar orthopädische Erkrankungen vor 6. Trotz der allgemein bekannten Vorteile einer guten und bedarfsgerechten Ernährung weisen verschiedene Studien darauf hin, dass viele Tierhalter*innen in ihrer tierärztlichen Praxis nach wie vor keine adäquate Ernährungsberatung erhalten 1,2. Untersuchungen zufolge ist das tierärztliche Praxisteam für die meisten Tierhalter*innen zwar immer noch die primäre und wichtigste Quelle von Ernährungsberatung, dennoch suchen viele Kund*innen zusätzliche Orientierungshilfen in externen und oft unzuverlässigen Quellen 1,2. Dieser Umstand weist darauf hin, dass zwischen Tierärzt*innen und Tierhalter*innen bei diesem wichtigen Thema nach wie vor eine erhebliche Kommunikationslücke besteht.

The World Small Animal Veterinary Association (WSAVA) recommends addressing nutrition in every veterinary consultation (Figure 1) 4. Bei der Umsetzung dieser Empfehlung sehen sich praktische Tierärzt*innen aber häufig mit Problemen konfrontiert wie Zeitmangel, mangelndem Interesse oder Engagement auf Seiten der Kund*innen und schlicht fehlendem Wissen, wie das Thema Ernährung möglichst effektiv in die Konsultation einbezogen werden kann. Eine Voraussetzung der Überwindung dieser Herausforderungen ist eine strukturierte und konsequente Herangehensweise, in der Tiermedizinische Fachangestellte eine zentrale Rolle spielen, insbesondere bei der Führung von Beratungsgesprächen über Ernährung 6.

Ein Tierarzt steht vor einer Tierhalterin, die einen Hund in ihren Armen hält. Der Tierarzt streichelt den Hund.

Abbildung 1. Nach Empfehlung der WSAVA sollte das Thema Ernährung integraler Bestandteil jeder tierärztlichen Konsultation sein, auch wenn dies durch verschiedene Faktoren – wie Zeitmangel, mangelndes Engagement des Kunden und fehlendes Wissen – erschwert werden kann.
© Shutterstock

Erfolgreiche Gespräche über Ernährung

Tiermedizinische Fachangestellte sind ganz besonders geeignet, um Gespräche zum Thema Ernährung zu führen, da sie aufgrund ihrer fundierten Ausbildung in der Lage sind, praktische Empfehlungen zu geben und ein unterstützendes Umfeld für Tierhalter*innen zu schaffen 6. Routinemäßige Gewichtskontrollen, verknüpft mit informativen Beratungsgesprächen in kritischen Lebensphasen der Tiere, können langfristige Vorteile bringen 3,4,5. Auch wenn diese Gespräche möglicherweise keine unmittelbar erkennbaren Ergebnisse bringen, liegt ihr Wert insbesondere darin, dass sie die Gesundheit des Tieres über einen längeren Zeitraum positiv beeinflussen. So zeigen beispielsweise Studien, dass die Kontrolle des Körpergewichts und die Anwendung von Wachstumstabellen bei Hunde- und Katzenwelpen in erheblichem Maße zur Prävention von Adipositas beitragen können, also einer der wichtigsten Ursachen vieler chronischer Erkrankungen. Die Aufrechterhaltung eines idealen Body Condition Score (BCS) während des gesamten Lebens verlängert nicht nur die Lebensspanne, sondern verbessert auch die Gesundheit eines Haustieres in signifikantem Maße 7,8. Diese Befunde unterstreichen die wichtige Bedeutung eines proaktiven Ernährungsmanagements in jeder Lebensphase eines Haustieres.

TFAs können Gespräche über Ernährung in reguläre Sprechstunden oder Beratungen einbauen (Abbildung 2) 6. Diese Gespräche müssen sich nicht ausschließlich auf konkrete Empfehlungen spezifischer Nahrungen konzentrieren, sondern können auch allgemeinere Aspekte beinhalten wie Tipps zur Umstellung auf Produkte, die dem jeweiligen Lebensstadium angepasst sind, oder Hinweise zur praktischen Umsetzung von Programmen für die Gewichtsabnahme. Eine Diskussion über die Möglichkeiten der Einführung spezifischer Fütterungsmethoden – wie z. B. über Puzzle-Feeder, mittels Streufütterung oder durch strukturierte Fütterungszeiten – bereichert diese Thematik zusätzlich und adressiert sowohl Ernährungsbedürfnisse als auch Verhaltensfragen.

Eine TFA sitzt vor einem Tierhalterin und schreibt auf einem Klemmbrett.

Abbildung 2. Tiermedizinische Fachangestellte können Gespräche über die Ernährung in die regulären Sprechstunden einbauen und auf allgemeine Empfehlungen wie die Umstellung auf altersgerechte Produkte, die praktische Umsetzung von Gewichtsreduktionsprogrammen und die Verwendung von Puzzle-Feedern ausweiten.
© Shutterstock

Umfassende Ernährungsanamnese

Eine erfolgreiche Konsultation beginnt damit, dass man sich einen detaillierten Überblick über die aktuelle Ernährungssituation, die Fütterungsgewohnheiten und den Gesundheitszustand des Tieres verschafft 5. Die WSAVA-Formulare zur Ernährungsanamnese (https://wsava.org/wp-content/uploads/2020/01/Diet-History-Form.pdf) (Abbildung 3) sind ein nützliches Instrument für die Erfassung dieser grundlegenden Informationen über Ernährung, Fütterungsgewohnheiten und den Gesundheitszustand des Tieres und stellen sicher, dass keine wichtigen Punkte übersehen werden 4,9. Solche Formulare können jedoch nicht das gesamte Bild erfassen und müssen deshalb durch offene Fragen der TFAs an die Halter*innen ergänzt werden, z. B.: „Wenn Sie eine Woche verreisen würden und ich würde Ihr Haustier betreuen, was würden Sie mir dann über seine täglichen Routinen mitteilen wollen?“ Eine solche Herangehensweise fördert detaillierte Antworten, unterstützt das Erkennen relevanter Gewohnheiten und stärkt die Bindung zwischen dem Praxisteam und Tierbesitzer*innen, womit letztlich sichergestellt wird, dass eine möglichst präzise Ernährungsanamnese erhoben und eine gute Zusammenarbeit gefördert wird 3,4,5,6.

Ein Hund sitzt auf einem Untersuchungstisch. Eine Person lehnt auf dem Tisch und füllt ein Formular zur Ernährungsanamnese aus. Auf dem Untersuchungstisch befindet sich ein Stethoskop.

Abbildung 3. Das WSAVA-Formular für die Ernährungsanamnese ist ein unschätzbar wertvolles Hilfsmittel, um Informationen über die aktuelle Ernährung, Fütterungsgewohnheiten und den Gesundheitszustand des Tieres zu erheben.
© Ewan McNeill

Warum sollten Besitzer*innen einbezogen werden? 

Die Einbeziehung der Tierhalter*innen in Entscheidungen bezüglich der Ernährung ihrer Tiere ist der Schlüssel zu einem langfristigen Erfolg. Wenn sich Besitzer*innen gut informiert fühlen und den Eindruck haben, in die Entscheidungsprozesse einbezogen zu sein, halten sie sich mit höherer Wahrscheinlichkeit auch längerfristig an die Ernährungsempfehlungen. Belegt wird dies unter anderem durch Studien, die zeigen, dass Besitzer*innen sich sicherer fühlen und eher bereit sind, Ernährungsumstellungen vorzunehmen, wenn sie vom Praxisteam klare und evidenzbasierte Anleitungen erhalten 1,2,3,4,5. TFAs sind besonders geeignet für diese Aufgabe und können Tierhalter*innen während des gesamten Entscheidungsprozesses unterstützend begleiten. Mit Hilfe einer umfassenden Analyse der aktuellen Ernährungssituation und klar formulierten Ernährungsempfehlungen stellen TFAs sicher, dass Besitzer*innen die empfohlenen Veränderungen verstehen und entsprechend motiviert sind, diese auch praktisch umzusetzen und einzuhalten. Wenn das Thema Ernährung zu einem routinemäßigen Bestandteil jeder Konsultation wird, fördert dies eine bessere Compliance und verbessert so letztlich die Gesundheit des Tieres 3,4. Regelmäßige Follow-up-Termine sind von entscheidender Bedeutung für den Erfolg von Ernährungsprogrammen. Insbesondere bei Tieren mit chronischen Erkrankungen oder besonderen Ernährungsbedürfnissen, z. B. bei Adipositas oder Nierenerkrankungen, sind eine fortgesetzte Überwachung und gegebenenfalls entsprechende Anpassungen unabdingbar. Regelmäßige Praxisbesuche bieten TFAs und dem restlichen Praxisteam die Möglichkeit, Fortschritte zu beurteilen, gegebenenfalls notwendige Anpassungen vorzunehmen und somit sicherzustellen, dass der Ernährungsplan auch weiterhin den sich verändernden Bedürfnissen des Tieres gerecht wird (Abbildung 4) 3,4.

Ein Hund liegt auf einer Waage, und ein Mitarbeiter des Tierarztes hält den Hund am Hals fest. Ein anderer Mitarbeiter des Tierarztes steht mit einem Klemmbrett auf dem Rücken und schaut auf die Anzeige der Waage.

Abbildung 4. Viele Tiere weisen eine chronische Erkrankung auf oder haben spezifische diätetische Bedürfnisse, die eine fortgesetzte Überwachung und Anpassung erfordern. Regelmäßige Follow-ups geben dem Praxisteam die Möglichkeit, die Fortschritte des Tieres neu zu bewerten und gegebenenfalls erforderliche Anpassungen vorzunehmen.
© Shutterstock

Kommunikative Herausforderungen meistern 

Gespräche über Ernährung können sich als Herausforderung erweisen, da Besitzer*innen die Fütterung ihres Tieres nicht selten als einen emotionalen Akt betrachten. In der Tat ist die Fütterung für viele Tierhalter*innen ein Ausdruck ihrer Liebe gegenüber dem Tier, und hier besteht die Gefahr, dass Ernährungsempfehlungen als eine persönliche Kritik empfunden werden. Diese oft sehr enge emotionale Bindung zum Tier kann zu Widerständen auf Seiten von Tierhalter*innen führen, insbesondere wenn die vorgeschlagenen Änderungen im Widerspruch zu langjährigen Fütterungspraktiken stehen 1,3,10,11. Im heutigen digitalen Zeitalter beziehen Tierhalter Informationen zur Ernährung ihrer Tiere häufig aus nicht fachkundigen Quellen, z. B. in entsprechenden Gruppen in sozialen Medien oder in Internetforen 1,2,12. Leider geben diese laienhaften Quellen oft widersprüchliche, anekdotische und wissenschaftlich unbewiesene Empfehlungen. So sind beispielsweise alternative Ernährungsformen wie die Rohfütterung oder unausgewogene, zu Hause selbst zubereitete Nahrungen trotz des Mangels an soliden wissenschaftlichen Evidenzen heute vielfach auf dem Vormarsch und bergen zum Teil erhebliche Gesundheitsrisiken 13,14,15,16,17,18,19. Tierärzt*innen und TFAs müssen deshalb eine proaktive Rolle bei der Aufklärung von Besitzer*innen über die Bedeutung einer ausgewogenen, evidenzbasierten Ernährung übernehmen und sollten stets wissenschaftlich fundierte Empfehlungen geben, dabei aber auch immer die Sichtweise der Tierhalter*innen respektieren 2,4,6,10,12.

Liesbeth A. Verhoef-Hamers

Proaktive und konsequente Gespräche über Ernährung können Krankheiten vorbeugen, die Lebenserwartung steigern und die allgemeine Gesundheit von Tieren verbessern.

Liesbeth A. Verhoef-Hamers

Umgang mit unkonventionellen Ernährungsformen

Wenn ein Tier eine „nicht-traditionelle“ oder „unkonventionelle“ Ernährung erhält, wie z. B. Rohfütterung, vegane Ernährung oder andere potenziell unausgewogene Nahrungen, ist es wichtig, das Gespräch mit entsprechendem Einfühlungsvermögen, Verständnis und sachlichen Informationen anzugehen. Hier erfahren Sie, wie solche Gespräche effektiv geführt werden können:

1. Verstehen Sie die Perspektive des Besitzers: Fragen Sie den Tierhalter zunächst nach der aktuellen Fütterung seines Tieres und hören Sie sich an, aus welchen Gründen er sich für diese Form der Ernährung entschieden hat. Viele Kund*innen haben von bestimmten Ernährungsformen – wie z. B. Rohfütterung – aus dem Internet oder von anderen Tierhaltern gehört. Wichtig ist, dass Sie unvoreingenommen und nicht wertend oder vorverurteilend sind und sich nach den Zielen und Motiven des Tierhalters erkundigen, z. B., ob er sich von der Ernährung eine bessere Fellqualität, mehr Energie für sein Tier oder eine Gewichtsabnahme verspricht. Wenn Sie die Beweggründe des Tierhalters verstehen, können Sie das Gespräch gezielt auf die potenziellen Vorteile und Risiken dieser Ernährung seines Tieres lenken.

2. Diskutieren Sie die Risiken einer unkonventionellen Ernährung, indem Sie potenzielle Probleme benennen und erläutern:

  • Bakterielle Kontamination: Rohes Fleisch kann gesundheitsschädliche Bakterien (z. B. Salmonella spp., E. coli) enthalten, die sowohl bei Haustieren als auch bei Menschen zu Magen-Darm-Problemen führen können, insbesondere bei jungen, alten, trächtigen und immunsupprimierten Tieren (sogenannte „YOPI-Tiere“; Young, Old, Pregnant, Immunosuppressed) 13,14,15,16,17.
  • Unausgewogene Nährstoffversorgung: Alternativen Nahrungen fehlt es oft an essenziellen Vitaminen und Mineralstoffen, und dies kann im Laufe der Zeit zu Mangelerscheinungen und Gesundheitsproblemen führen 13,14,18
  • Gefahren durch Knochen: Rohe Knochen, insbesondere wenn sie eine ungünstige Größe haben oder nicht richtig erhitzt sind, können ein Erstickungsrisiko darstellen, die Zähne schädigen oder Verdauungsprobleme hervorrufen (Abbildung 5) 19.
  • Parasiten: Rohes Fleisch kann Parasiten enthalten, die eine zusätzliche Gefahr für die Gesundheit von Haustieren und ihren Besitzer*innen darstellen können 15,16,17.

Die Hauptrisiken einer unausgewogenen Ernährung sind:

  • Nährstoffmangel: Unausgewogene Nahrungen können zu Mangelernährung führen, die sich auf die Energie, die Fellqualität und die allgemeine Gesundheit des Tieres auswirkt 13,14,18,20.
  • Adipositas oder Untergewicht: Unausgewogene Nahrungen können zu Gewichtsproblemen wie Adipositas oder schlechtem Wachstum bei Hunde- und Katzenwelpen beitragen 18,20
  • Gesundheitsrisiken: Eine unausgewogene Nährstoffversorgung kann Organe belasten und mit der Zeit zu Nieren-, Leber- oder Herzproblemen führen 18,20
Ein junger Hund liegt auf einem Teppich im Boden und kaut auf einem großen Rohhautknochen.

Abbildung 5. Einige Besitzer*innen geben ihren Hunden gerne regelmäßig Knochen. Diese bergen aber die Gefahr des Erstickens, einer Beschädigung von Zähnen oder einer Schädigung des Verdauungstraktes.
© Shutterstock

3. Besprechen Sie ausgewogene Alternativen: Betonen Sie, dass ausgewogene und vollwertige kommerzielle Futtermittel von tierärztlichen Ernährungsexperten zusammengestellt und wissenschaftlich entwickelt werden, um sämtliche Ernährungsbedürfnisse eines Haustieres zu erfüllen. Besprechen Sie mit dem Besitzer die Angaben auf dem Etikett der Futtermittelverpackung, da nicht alle kommerziellen Futtermittel unbedingt optimal für die spezielle Situation seines Tieres geeignet sind. In einer hilfreichen Veröffentlichung der FEDIAF (Verband der europäischen Heimtiernahrungsindustrie) wird im Detail erklärt, wie Etiketten zu lesen und zu verstehen sind und welche Angaben auf Etiketten gemacht werden dürfen 20,21. Wenn ein Besitzer zu Hause zubereitete Nahrung für sein Tier bevorzugt, erklären Sie, dass es zwar möglich ist, vollwertige und ausgewogene Mahlzeiten selbst zuzubereiten, dies aber eine richtige Planung und Supplementierung unter der Anleitung eines tierärztlichen Ernährungsexperten voraussetzt 10,18.

Wenn Besitzer*innen auf einer Rohfütterung bestehen, erklären Sie, dass diese Ernährungsform zwar durchaus sicher sein kann, aber eine sorgfältige Planung, eine gezielte Supplementierung und sorgfältige Hygiene voraussetzt. Auch hier ist eine Beratung durch einen tierärztlichen Ernährungsexperten zu empfehlen, um sicherzustellen, dass das Tier alle notwendigen Nährstoffe in bedarfsgerechter Menge erhält 13,14,19, Wichtig ist bei diesen Ernährungsformen vor allem der Hinweis auf die essenzielle Bedeutung der Hygiene bei der Lagerung und Zubereitung roher Nahrungen, um Kontaminationen zu vermeiden. Diese Empfehlungen können durch Bereitstellung schriftlicher Informationsmaterialien verstärkt werden 9,13,14,15,16,17.

4. Wenn Besitzer*innen beharren: Wenn ein Tierhalter oder eine Tierhalterin trotz aller Bedenken und potenzieller Probleme auf der Fortsetzung einer nicht-traditionellen Ernährung besteht, sollte Ihre Reaktion respektvoll und unterstützend sein. Zum Beispiel könnten Sie so reagieren:

  • Erkennen Sie die Entscheidung des Tierhalters an: „Ich verstehe, dass Ihnen diese Ernährungsform sehr am Herzen liegt, und respektiere Ihr Engagement für das Wohlbefinden Ihres Tieres.“
  • Beratung anbieten: „Wenn Sie sich dafür entscheiden, diese Ernährungsform auch weiterhin beizubehalten, empfehle ich Ihnen, den Gesundheitszustand Ihres Tieres durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen zu überwachen. Bluttests und andere diagnostische Maßnahmen können uns helfen, möglicherweise entstehende Probleme frühzeitig zu erkennen.“
  • Supplementierungen vorschlagen: „ Rohnahrungen oder selbst zubereitete Mahlzeiten können eine Supplementierung mit Ergänzungsfuttermittel erfordern, um sicherzustellen, dass Ihr Tier alle notwendigen Nährstoffe in bedarfsgerechter Menge erhält, insbesondere wenn Sie nicht mit einem tierärztlichen Ernährungsexperten zusammenarbeiten.“
  • Bieten Sie Informationsmaterial an: Verweisen Sie auf Artikel und Bücher aus vertrauenswürdigen Quellen oder auf tierärztliche Ernährungsexperten, um den Besitzer dabei zu unterstützen, fundierte, informierte, evidenzbasierte Entscheidungen über die Ernährung seines Tieres treffen zu können.

Bieten Sie immer Unterstützung an und fördern Sie eine offene Kommunikation. Einige Tierhalter*innen sind felsenfest von ihrer Fütterungsweise überzeugt, und die Aufgabe von Tierärzt*innen und TFAs besteht dann darin, aufzuklären und zu beraten, ohne diese Kund*innen zu brüskieren oder zu verstimmen. Das Gespräch über die Ernährung sollte sich in erster Linie auf die Gesundheit und Sicherheit des Tieres konzentrieren, praktisch umsetzbare Informationen liefern und bei Bedarf Unterstützung anbieten, damit das Tier so gesund wie möglich bleibt. Praktische Tipps für die Einbindung von Tierhalter*innen finden Sie in Box 1.

 

Box 1. Tipps für den Dialog mit Besitzer*innen über die Ernährung ihrer Tiere.

  1. Automatisieren Sie die Beurteilung der Ernährung: Führen Sie bei jedem Praxisbesuch routinemäßig eine Beurteilung der Ernährung durch, einschließlich Body Condition Scoring (BCS). Die regelmäßige Überwachung von Gewicht und BCS, insbesondere bei Hunde- und Katzenwelpen, schafft die Grundlage für ernährungsbezogene Gespräche und kann die Lebensspanne und die allgemeine Gesundheit erheblich beeinflussen 3,4,5.
  2. Arbeiten Sie mit dem gesamten Team zusammen: Tierärzt*innen und Tiermedizinische Fachangestellte sollten zusammen mit dem Rezeptionspersonal und Hilfspersonal aktiv an der Führung von Gesprächen zur Ernährung beteiligt werden. TFAs sind besonders gut in der Lage, diese Gespräche zu führen und sorgen dafür, dass sich die Tierhalter*innen unterstützt und gut informiert fühlen 3,4,6.
  3. Follow-ups sind wichtig: Regelmäßige Follow-ups sind von entscheidender Bedeutung, insbesondere bei Tieren mit langfristigem diätetischem Bedarf oder Tieren in einem Gewichtreduktionsprogramm. Durch kontinuierliche Überwachung und Anpassungen wird sichergestellt, dass die Bedürfnisse des Tieres stets erfüllt werden 3,4,6.
  4. Schulung des Teams: Sicherstellen, dass alle Praxismitarbeiter*innen, insbesondere TFAs, in Fragen der Tierernährung und Diätetik geschult sind, damit sie Tierhalter*innen konsequent und fundiert beraten können 6.
  5. Klare Kommunikation: Eine einheitliche Kommunikation innerhalb des tierärztlichen Teams fördert Vertrauen und Klarheit, so dass Tierhalter*innen eine einheitliche Beratung erhalten und es ihnen dadurch leichter fällt, die Ernährungsempfehlungen mit Überzeugung zu befolgen 6.

 

Schlussfolgerung

Die Ernährung ist ein wesentlicher Bestandteil der tierärztlichen Versorgung und beeinflusst sowohl die unmittelbare als auch die langfristige Gesundheit von Haustieren. Die Einbeziehung des Themas Ernährung in jede tierärztliche Konsultation ist die wesentliche Voraussetzung für eine optimierte präventive Versorgung, bessere Behandlungsergebnisse und die Förderung des Vertrauens der Tierhalter*innen. Mit ihrem Fachwissen und ihrer einfühlsamen Herangehensweise stehen Tiermedizinische Fachangestellte dabei an vorderster Front. Indem sie sich ausreichend Zeit für umfassende Gespräche über Ernährung und für Follow-ups nehmen, können Tierärzt*innen und TFAs Besitzer*innen wesentlich dabei unterstützen, die Lebensqualität ihrer Haustiere zu steigern und deren Gesundheit und Wohlbefinden zu verbessern.

Literatur

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Liesbeth A. Verhoef-Hamers

Liesbeth A. Verhoef-Hamers

Liesbeth Verhoef-Hamers arbeitet seit mehr als 18 Jahren als zertifizierte Paraveterinair in einer großen niederländischen Tierklinik Mehr lesen

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