Einleitung
Bei der caninen Sebadenitis handelt es sich um eine spezifische dermatologische Erkrankung, gekennzeichnet durch eine entzündliche Pathogenese, die primär die Talgdrüsen betrifft und letztlich zu deren Degeneration führt 1. Weltweit werden praktische Tierärzte und Tierärztinnen mit Fällen caniner Sebadenitis konfrontiert. Entscheidend für eine optimale medizinische Versorgung betroffener Patienten ist zunächst ein umfassendes Verständnis dieser Erkrankung. Dieser Artikel befasst sich eingehend mit der caninen Sebadenitis, beschreibt ihre klinischen Merkmale, die Diagnose und die verfügbaren Behandlungsoptionen und beleuchtet schließlich die Prognose. Ziel ist es, praktische Tierärzte und Tierärztinnen beim Management von Patienten mit dieser oftmals sehr herausfordernden Erkrankung zu unterstützen.
Ätiologie
Der Begriff „Sebadenitis“ (engl.: sebaceous adenitis) bezeichnet die Entzündung mit anschließender Zerstörung von Talgdrüsen. Die physiologische Aufgabe der Talgdrüsen besteht in der Produktion von Talg, eines öligen Sekrets, das zur Gesunderhaltung von Haut und Haarkleid beiträgt 1,2. Die Ätiologie der Sebadenitis beim Hund ist noch nicht vollständig geklärt, man geht jedoch von einem multifaktoriellen Geschehen aus. Allerdings besteht ein starker Verdacht, dass eine genetische Prädisposition eine signifikante Rolle bei der Entstehung dieser Erkrankung spielt 1. So vermutet man, dass die Sebadenitis bei einigen Rassen wie dem Akita und dem Pudel autosomal rezessiv vererbt wird, und in laufenden Studien wird versucht, spezifische genetische Marker und Mutationen zu identifizieren, die zur Anfälligkeit für diese Erkrankung beitragen könnten 3,4,5.
Man nimmt an, dass neben genetischen Faktoren auch eine Dysfunktion des Immunsystems einen wesentlichen Beitrag zur Ätiologie der caninen Sebadenitis leistet 1. Die resultierende glanduläre Zerstörung steht dabei im Zusammenhang mit einer spezifisch auf die Talgdrüse abzielenden zellvermittelten immunologischen Reaktion. So wurden bei der immunhistologischen Analyse von Proben betroffener Individuen antigenpräsentierende dendritische Zellen und T-Zellen gefunden, die im mittleren Teil des Talgdrüsenfollikels konzentriert sind und bis in den Talgdrüsengang hinein reichen 6. Dieser histologische Befund spricht sehr stark für eine immunvermittelte Pathogenese. Zusätzlich gestützt wird diese Theorie empirisch durch das häufig zu beobachtende Ansprechen von Hunden mit Sebadenitis auf eine Behandlung mit Cyclosporin.
Weitere potenziell zur Entstehung von Sebadenitis beitragende ätiologische Faktoren sind Anomalien im Lipidstoffwechsel, eine defiziente Lipidspeicherung oder Anomalien der Keratinisierung, die zu einer Obstruktion der Talgdrüsengänge und zu Entzündungen infolge einer Lipidleckage führen können 1. Darüber hinaus kann die Erkrankung durch verschiedene Umweltfaktoren induziert oder zusätzlich verstärkt werden, zum Beispiel durch belastende, stressreiche Ereignisse wie Erkrankungen, eine Allgemeinanästhesie, chirurgische Eingriffe oder vermehrte Hitze 1,3. Auch eine Exposition gegenüber Sonnenlicht kann zu einer weiteren Verschlimmerung des Erkrankungsgeschehens beitragen (Photoaggravation) 1. Ein umfassendes Verständnis aller dieser vielfältigen potenziellen Faktoren ist essenziell für die präzise Diagnose und eine wirksame Behandlung der Sebadenitis.
Signalement
Die canine Sebadenitis ist eine seltene und komplexe dermatologische Erkrankung, die primär bestimmte Hunderassen betrifft wie Standardpudel, Akita, Samojeden, Havaneser und Vizsla, sie kann aber auch bei Mischlingen auftreten 1,7. Tendenziell tritt die Erkrankung bei jungen adulten bis mittelalten Hunden auf, sie kann grundsätzlich aber bei Hunden jeden Alters zu beobachten sein, und eine geschlechtsspezifische Prädilektion wird nicht festgestellt 1,7.
Klinisches Bild
Die klinischen Symptome einer Sebadenitis und der Grad der Erkrankung können bei individuellen Hunden in signifikantem Maße variieren und werden darüber hinaus auch von der Rassezugehörigkeit beeinflusst 8. Bei kurzhaarigen Rassen wie Vizsla, Zwergpinscher und Dackel beginnen die klinischen Effloreszenzen typischerweise mit ringförmigen Mustern, und sind vorwiegend durch Alopezie und Erytheme gekennzeichnet. Oft weisen diese Effloreszenzen zusätzlich feine, weiße, nicht-anhaftende Schuppen auf (Abbildung 1). Im Laufe der Zeit können sich die Veränderungen peripher ausdehnen, ein polyzyklisches Aussehen annehmen oder zu größeren Arealen koaleszieren (Abbildung 2) 1,6.