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Atopische Dermatitis bei Hunden: Die Rolle der Hautbarriere

veröffentlicht 28/06/2024

Geschrieben von Yun-Hsia Hsiao

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Português , Español und English

Unser Verständnis der caninen atopischen Dermatitis macht stetig Fortschritte. In diesem Artikel wird insbesondere die Rolle der Hautbarriere beleuchtet und der Frage nachgegangen, wie ihre Dysfunktion zu dieser Erkrankung beitragen kann.

Klinisches Bild der cAD

Kernaussagen

Es gibt Hinweise darauf, dass eine defekte Hautbarriere ein Schlüsselfaktor für die Entwicklung einer atopischen Dermatitis (AD) bei Hunden ist.


Man geht davon aus, dass die individuelle Hautmikrobiota eines Hundes einen wichtigen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer AD hat.


Verschiedene Faktoren wie sekundäre bakterielle Infektionen und Hefepilzinfektionen, Flohallergie und Futtermittelunverträglichkeiten können eine AD verschlimmern.


Ein multimodaler Behandlungsansatz ist oft unerlässlich, um eine AD langfristig unter Kontrolle zu halten, wobei ein Schwerpunkt auf dem Erhalt einer gesunden Hautbarriere liegt.


Einleitung

Die Haut ist eine erstaunliche Struktur und das größte Organ des Körpers. Sie dient als wichtige Barriere zwischen den inneren Organen und der äußeren Umwelt, indem sie das Individuum vor Fremdsubstanzen schützt und zur allgemeinen Gesundheit beiträgt. Die Epidermis hat sich zu einer dynamischen Struktur mit homöostatischen Fähigkeiten entwickelt und kann sich auf wechselnde äußere Bedingungen einstellen, um diese zu bewältigen. Dieser Artikel liefert einen Überblick über die Rolle der Hautbarriere im Zusammenhang mit caniner atopischer Dermatitis (cAD) und erörtert, auf welche Weise sich ihre Gesundheit am besten optimieren lässt.

Anatomie der Epidermis

Die epidermale Schicht der Haut besteht aus mehreren Schichten von Korneozyten. Von innen nach außen sind dies das Stratum basale, das Stratum spinosum, das Stratum granulosum und das Stratum corneum. Der Korneozyt (Hornzelle) ist das Endprodukt der epidermalen Keratinisierung. Bei Hunden nimmt die Erneuerung der Epidermis etwa 22 Tage in Anspruch. Dabei wandern neue Zellen aus dem Stratum basale nach oben und ersetzen allmählich die äußere Schicht abgestorbener Zellen. Zusammengehalten werden diese Zellen durch eine Lipidmatrix, die aus den drei Hauptfraktionen Cholesterin, freie Fettsäuren und Ceramide besteht. Alle diese Komponenten tragen zur Bildung von extrazellulären lipidreichen lamellären Membranen bei. Eine häufig verwendete Analogie zur Beschreibung der Hautbarriere ist die des „Backstein-Mörtel-Modells“, wobei die Korneozyten im Stratum corneum die „Backsteine“ darstellen, und die lipidreichen Schichten zwischen den Zellen den „Mörtel“ bilden (Abbildung 1a) 1. Die Integrität des Stratum corneum, und hier insbesondere der Lipidmatrix, ist eine wichtige Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Hautbarrierefunktion. 

Zusätzlich zu den interzellulären Lipiden ist die äußerste Schicht des Stratum corneum mit einer Vielzahl verschiedener hydrophober Moleküle beschichtet, die eine Schutzbarriere gegen Mikroorganismen und Allergene bilden. Die Hautoberflächenfunktion und die Hautoberflächenlipide wurden sowohl bei Menschen als auch bei Hunden mit atopischer Dermatitis (AD) eingehend untersucht, und heute geht man davon aus, dass die Beeinträchtigung der Integrität der Hautbarriere bei AD-Patienten in erster Linie mit Veränderungen der Lipidzusammensetzung (freie Fettsäuren und Ceramide) sowie mit Veränderungen der lamellären Strukturen zusammenhängt (Abbildung 1b) 2. Endgültige Evidenzen für den Zusammenhang zwischen einer Dysfunktion der Hautbarriere und der Entwicklung von cAD liegen bislang zwar noch nicht vor, es werden aber einige Kandidatengene mit einer defekten Integrität der epidermalen Barriere bei cAD in Verbindung gebracht, wie zum Beispiel die Gene, die für das Exoskelettprotein Plakophilin 2 (PKP2) und Filaggrin (FLG) kodieren 3. In der Humanmedizin werden der transepidermale Wasserverlust (TEWL) und die Hauthydratation als Kriterien zur Beurteilung der Hautbarrierefunktion, für die Evaluierung der Therapiewirksamkeit bei Atopiepatienten und zur Bewertung von kosmetischen Produkten herangezogen 4. Aufgrund ihres nicht-invasiven Charakters und ihrer Praktikabilität werden Messungen des TEWL und der Hauthydratation häufig in klinischen Studien durchgeführt, für die Anwendung bei Hunden sind diese Techniken aber bislang noch nicht standardisiert. 

„Backstein-Mörtel-Modell“ des Stratum corneum

Abbildung 1a. Nach dem „Backstein-Mörtel-Modell“ besteht das Stratum corneum aus festen Bausteinen (Korneozyten), die durch einen zwischenraumfüllenden, interzellulären Mörtel zusammengehalten werden. Innerhalb der Lipidmatrix der Haut befinden sich Peptide mit antimikrobiellen Eigenschaften, die die normale Flora im Gleichgewicht halten und pathogene Bakterien supprimieren.
© Yun-Hsia Hsiao/gezeichnet von Sandrine Fontègne

Pathogenese der cAD: interagierende Faktoren

Abbildung 1b. Das „Backstein-Mörtel-Modell“ eignet sich auch zur Veranschaulichung der Vorgänge bei gestörter epidermaler Barriere. Die Folgen solcher Defekte sind eine reduzierte Ceramidverteilung, ein erhöhter epidermaler Wasserverlust und eine verminderte Hauthydratation. Eine defekte Hautlipidbarriere kann das Eindringen von Mikroorganismen und Allergenen möglicherweise nicht wirksam verhindern.
© Yun-Hsia Hsiao/gezeichnet von Sandrine Fontègne

Die Mikrobiota der Haut

Die Haut wird von einer großen Bandbreite unterschiedlicher Mikroorganismen (Bakterien, Malassezien und Pilze) besiedelt, die in ihrer Gesamtheit als Mikrobiota bezeichnet werden. In den letzten Jahren haben verbesserte Technologien zur DNA-Sequenzierung wie das „Next-Generation-Sequencing“ die Identifizierung einer breiten Palette dieser Hautresidenten ermöglicht. Die Mikrobiota kann zwischen verschiedenen Körperstellen desselben Hundes in signifikantem Maße variieren. Anzumerken ist zudem, dass die Mikrobiota der Haut durch externe Faktoren wie topische Therapien, systemische Medikationen (insbesondere Antibiotika) und Umweltbedingungen beeinflusst werden kann.

Die Exposition gegenüber einem breiten Spektrum unterschiedlicher Mikroorganismen während des frühen Lebens trägt zu einer Anpassung der Mikrobiota in Richtung nicht- schädlicher Mikroorganismen bei 5. Dies spiegelt sich in der so genannten „Hygienehypothese“ der Atopie beim Menschen wider. Aufgestellt wurde die Hygienehypothese im Jahr 1989, um die zunehmende Prävalenz atopischer Erkrankungen beim Menschen zu erklären. Der Hygienehypothese zufolge kann eine höhere Inzidenz von Infektionen während der frühen Kindheit einen Schutz vor der Entwicklung atopischer Erkrankungen im späteren Leben bieten. Säuglinge werden tendenziell mit einer durch Th2-Zellen (Typ2-T-Helferzellen) vermittelten Immunreaktion geboren. Postnatal kann die Th2-Reaktion unter dem Einfluss einer mikrobiologischen Exposition schnell abgeschaltet oder aber umgekehrt durch eine frühe Exposition gegenüber Allergenen verstärkt werden. Bekannt ist, dass Th2-Zellen an allergischen Reaktionen beteiligt sind, während die Th1-Reaktion im Wesentlichen gegen infektiöse pathogene Erreger gerichtet ist. Im Idealfall sollten sich beide Immunreaktionen in einem Gleichgewicht befinden. So wird zum Beispiel ein ausgewogenes, im Gleichgewicht befindliches Th1/Th2-Muster bei Kleinkindern beobachtet, die im späteren Leben eine geringere Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung atopischer Erkrankungen zeigen. Leider gibt es aktuell keine Forschungsergebnisse, die diese Hygienehypothese auch bei Hunden mit AD stützen würden. Untersuchungen deuten aber darauf hin, dass atopische Hunde eine geringere Diversität ihres Hautmikrobioms aufweisen als gesunde Hunde 6. Darüber hinaus kommt es bei AD-Hunden während akuter Erkrankungsschübe zu einer vorübergehenden Störung des Gleichgewichts der Mikrobiota (Dysbiose), die in erster Linie auf eine substanzielle Zunahme von Staphylococcus spp. zurückzuführen ist. Unter einer antibiotischen Therapie und nach Remission der Effloreszenzen geht der transepidermale Wasserverlust jedoch zurück, und die mikrobielle Diversität wird wiederhergestellt 7

Canine atopische Dermatitis  

Bei der cAD handelt es sich um eine pruriginöse, vorwiegend von T-Zellen angetriebene entzündliche Hauterkrankung. Ihre Entwicklung basiert auf einer multifaktoriellen Pathogenese mit einem komplexen Zusammenspiel von Immundysregulation, Defekten der Hautbarriere, genetischer Prädisposition, Umweltfaktoren und Dysbiose (Abbildung 2). Vermutet wird, dass Umweltfaktoren eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von cAD spielen 3, da die Lebensweise eines Hundes, insbesondere während des Welpenalters, einen erheblichen Einfluss auf die Reifung des Immunsystems hat. So können zum Beispiel das Aufwachsen in einer ländlichen Umgebung, eine hohe Anzahl von Familienmitgliedern und der Kontakt zu anderen Tieren das Risiko für die Entwicklung von cAD im späteren Leben senken. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass eine Infektion mit Toxocara canis eine schützende Wirkung gegen die durch Dermatophagoides farina (Hausstaubmilbe) ausgelöste cAD haben könnte 3.

Pathogenese der cAD: interagierende Faktoren

Abbildung 2. Bei der Pathogenese der cAD spielen verschiedene interagierende Faktoren eine Rolle. Obwohl die cAD als eigenständige Krankheitsentität betrachtet wird, ist es unerlässlich, verschiedene therapeutische Strategien kombiniert einzusetzen, um eine wirksame Behandlung zu erreichen.
© Yun-Hsia Hsiao/modifiziert nach (23, 24), gezeichnet von Sandrine Fontègne

Das zentrale klinische Merkmal der cAD ist Juckreiz, der entweder saisonal oder asaisonal auftreten kann. Effloreszenzen entstehen bei betroffenen Hunden häufig in der periokulären Region, im Bereich um die Schnauze, in den Achselhöhlen, in der Leistengegend, im Perianalbereich und an den Extremitäten (Abbildung 3). Zudem können bei Hunden mit cAD rezidivierende Probleme wie Otitis externa und Pododermatitis auftreten, die häufig mit sekundären bakteriellen Infektionen oder einer Malassezia-Überwucherung einhergehen. Die Diagnose einer cAD basiert in erster Linie auf dem differenzialdiagnostischen Ausschluss anderer pruriginöser Hauterkrankungen, die eine cAD klinisch imitieren können, wie zum Beispiel Flohbefall/Flohspeichelallergie, Räude und Futtermittelunverträglichkeit (Futtermittelallergie und Futtermittelintoleranz). Nach einer wirksamen Ektoparasitenprophylaxe und entsprechenden weiteren diagnostischen Untersuchungen sowie diätetischen Versuchen kann die klinischen Diagnose einer cAD schließlich anhand der Favrot-Kriterien gestellt werden (Tabelle 1) 8. Für eine spezifische Identifizierung von cAD-assoziierten Allergenen stehen Hauttests und IgE-Serologietests zur Verfügung, wobei zu beachten ist, dass diese Tests nur dann sinnvoll und erforderlich sind, wenn im Anschluss eine allergenspezifische Immuntherapie in Betracht gezogen wird 9.

Tabelle 1. Favrot-Kriterien für atopische Dermatitis bei Hunden. Wenn 5 oder mehr Kriterien erfüllt sind, besteht eine mindestens 80 %ige Wahrscheinlichkeit, dass AD die Ursache des Pruritus ist.

  1. Erste Symptome im Alter von unter 3 Jahren 
  2. Hund lebt überwiegend Indoor
  3. Juckreiz, der auf Glukokortikoide anspricht 
  4. Zu Beginn Juckreiz ohne Effloreszenzen (sine materia
  5. Schultergliedmaßen betroffen 
  6. Ohrmuscheln betroffen
  7. Ohrränder nicht verändert
  8. Lumbodorsalbereich nicht verändert 
Klinisches Bild der cAD: Alopezie um die Augen

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Klinisches Bild der cAD: Alopezie an der Schnauze

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Klinisches Bild der cAD: Alopezie am Abdomen

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Abbildung 3. Häufige Verteilung von Effloreszenzen und klinisches Bild der cAD; Alopezie um die Augen (a), an der Schnauze (b) und am Abdomen (c).
© Yun-Hsia Hsiao

Komplizierende Faktoren – Pyodermie

Staphylococcus pseudintermedius ist ein auf der Haut des Hundes lebender Kommensale und ein opportunistischer pathogener Erreger bei Pyodermie und Otitis externa, der häufig mit einer zugrundeliegenden cAD und/oder Futtermittelunverträglichkeit in Verbindung gebracht wird 10. Gesunde Haut verfügt über eigene Abwehrmechanismen zur Verhinderung einer bakteriellen Überwucherung, wie z. B. antimikrobielle Peptide (AMP), Beta-Defensine (BDs) und Cathelicidine (Caths) in den extrazellulären Räumen des Stratum corneum 11. Die Mikrobiota und die Hautbarriere arbeiten zusammen, um die Integrität der Haut zu erhalten und sie gegen die äußere Umwelt zu schützen. Welche Faktoren im Einzelnen bei Hunden mit AD zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen mit Staphylococcus spp. beitragen, ist nicht vollständig geklärt. Die Diagnose einer bakteriellen Hautinfektion (oberflächliche Follikulitis und Pyodermie) basiert in erster Linie auf dem typischen klinisch-dermatologischen Erscheinungsbild (Papeln, Pusteln oder epidermale Collarettes) (Abbildung 4), kombiniert mit dem zytologischen Nachweis intrazellulärer Kokken. Eine wirksame Bekämpfung oberflächlicher bakterieller Sekundärinfektionen der Haut kann in der Regel mit Hilfe topischer Behandlungen erreicht werden. Bei Hunden mit cAD kann zudem eine regelmäßige Haut- und Fellhygiene mit Hilfe von Shampoos besonders vorteilhaft sein, da sie hilft, eine gesunde Hautbarriere zu fördern und zu erhalten. Die Behandlung mit Shampoos sorgt für eine Reduzierung von an der Hautoberfläche und/oder im Fell haftenden Allergenen, wodurch weitere Irritationen verhindert werden. Zudem deuten In-vitro-Studien darauf hin, dass Shampoo- oder Schaumpräparate mit antiseptischen Inhaltsstoffen eine residuale Wirksamkeit von bis zu 14 Tagen erreichen können 12. Aus diesen Gründen können entsprechende Produkte mit Inhaltsstoffen wie Chlorhexidin, Benzoylperoxid, Ethyllactat, Povidon-Jod oder Triclosan bei der Behandlung oberflächlicher Pyodermien wirksam sein 13. Diese Präparate sollten so lange zunächst zwei bis drei Mal pro Woche angewendet werden, bis die Effloreszenzen abklingen und dann auf eine einmalige Anwendung pro Woche reduziert werden 13. Darüber hinaus werden Mupirocin und Fusidinsäure als topische antimikrobielle Wirkstoffe empfohlen, da sie mit einem geringeren Risiko für die Entwicklung multiresistenter S. pseudintermedius (MRSP) einhergehen. Eine systemische antimikrobielle Therapie sollte nur dann in Betracht gezogen werden, wenn sich die topische Behandlung als unwirksam erweist oder wenn die Gewebetiefe und die Lokalisation der Infektion die Reichweite der topischen Therapie übersteigt. Zu beachten ist, dass systemische Antibiotika stets auf der Grundlage bakterieller Kulturen mit Empfindlichkeitstests ausgewählt werden sollten. Eine systemische Behandlung sollte im Allgemeinen für eine Dauer von zwei Wochen über die Remission der Effloreszenzen hinaus fortgesetzt werden. Angesichts der weltweiten Zunahme von MRSP ist es jedoch dringend ratsam, bevorzugt auf topische Behandlungen zu setzen, anstelle wiederholter systemischer antimikrobieller Therapien, wenn dies der Zustand des Patienten zulässt. 

Häufige klinische Symptome einer oberflächlichen bakteriellen Infektion als sekundäre Folge einer atopischen Dermatitis: Papeln

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Häufige klinische Symptome einer oberflächlichen bakteriellen Infektion als sekundäre Folge einer atopischen Dermatitis: Pusteln

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Häufige klinische Symptome einer oberflächlichen bakteriellen Infektion als sekundäre Folge einer atopischen Dermatitis: Erythematöse Collarettes

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Abbildung 4. Papeln (a), Pusteln (b) und erythematöse Collarettes (c) sind häufige klinische Symptome einer oberflächlichen bakteriellen Infektion als sekundäre Folge einer atopischen Dermatitis.
© Yun-Hsia Hsiao

Komplizierende Faktoren – Malassezien 

Malassezia pachydermatis ist ein lipidabhängiger Hefepilz, der als Kommensale auf der Hautoberfläche vorkommt. Überschüssige Oberflächenlipide, Defekte der Barrierefunktion des Stratum corneum und eine aberrante Immunreaktion bei cAD können zu einer Überwucherung mit diesem opportunistischen pathogenen Erreger beitragen 14. Bei Hundewelpen erfolgt die Kolonisierung mit Malassezien auf ähnliche Weise wie mit Staphylococcus spp. auf dem Wege der Übertragung beim Belecken und Säugen durch die Mutterhündin in den sehr frühen Lebensphasen. Bei entsprechend günstigen Bedingungen können sich Malassezien im Stratum corneum vermehren und zahlreiche Antigene und Allergene bilden 14. Diese Antigene können die Epidermis penetrieren und bei Hunden mit cAD eine Immunreaktion auslösen, die zu Juckreiz und Erythemen führt. Malassezien gedeihen insbesondere in Hautbereichen mit hoher Feuchtigkeit sehr gut, wie zum Beispiel in Hautfalten im Bereich der Ohren, an den Lippen, am Anus, in den Achselhöhlen, in der Leistengegend sowie im Bereich der Krallen und im Interdigitalspalt. Klinisch kann sich eine Malasseziose in Form von Juckreiz und Erythemen manifestieren, begleitet von üblem Geruch der Haut oder einem fettigen Haarkleid. Einen Goldstandard für die Diagnose der Malassezien-Dermatitis gibt es nicht, die Hautzytologie und ein entsprechend kompatibles klinisches Bild besitzen aber eine hohe diagnostische Aussagekraft, während Kulturen, die Histopathologie und IgE-Tests keinen substanziellen klinisch-diagnostischen Wert haben. 

Zu den primären Behandlungsoptionen gehören Antimykotika wie topische Imidazole, Clotrimazol, Climbazol und Miconazol. Wirksame Alternativen sind das Antimykotikum Terbinafin und 2 % Chlorhexidin/2 % Miconazol-Shampoos. Antiseptische Inhaltsstoffe können eine Malassezien-Überwucherung zwar nachweislich in substanziellem Maße reduzieren, eine ähnliche klinische Wirksamkeit zeigen aber auch lindernde Bäder mit Reinigungsölen und lindernde Shampoos mit einem Feuchtigkeitsspender auf Ceramidbasis 15.

Komplizierende Faktoren – Flohbefall und Futtermittelunverträglichkeit  

Die Bekämpfung von Flöhen und die Vermeidung beziehungsweise Eliminierung von Futtermittelallergenen sind zentral wichtige Strategien bei der Behandlung von cAD, da sie dazu beitragen, die Juckreizschwelle zu senken, und dadurch letztlich die Lebensqualität des Patienten verbessern. Für eine wirksame ganzjährige Flohbekämpfung sind orale Adultizide angezeigt, da topische Produkte durch topische Behandlungen mit Schampoos ausspült werden und dadurch an Wirksamkeit verlieren. Isoxazolin-Produkte zeigen einen schnellen Wirkungseintritt und sind in der Lage, Flöhe innerhalb von 24 Stunden nach Verabreichung zu eliminieren, so dass weitere Flohstiche unmittelbar verhindert werden. 

Futtermittelunverträglichkeiten können mit cAD koexistieren, und Schätzungen zufolge liegt bei 9-50 % der Hunde mit Effloreszenzen, die auf eine atopische Dermatitis hinweisen, eine Futtermittelunverträglichkeit vor. Die Differenzierung zwischen Futtermittelunverträglichkeit und atopischer Dermatitis (die hauptsächlich auf Umweltallergene zurückzuführen ist) erfolgt mit Hilfe einer strengen achtwöchigen Eliminationsdiät auf der Grundlage eines neuen, also zuvor beim betroffenen Patienten noch nie gefütterten Proteins oder auf der Basis einer Diätnahrung mit hydrolysierten Proteinen. Zudem ist es ratsam, im Anschluss an eine Eliminationsdiät gezielte diätetische Provokationstests in Betracht zu ziehen, um spezifische Futtermittelallergene zu identifizieren, damit diese dann anschließend aus der täglichen Ernährung des Hundes entfernt werden können. Der genaue Immunmechanismus hinter einer Futtermittelunverträglichkeit ist noch nicht vollständig geklärt. Eine Studie mit betroffenen Hunden, die nach Eliminationsdiät eine signifikante klinische Verbesserung aufwiesen, zeigt aber, dass 90 % der Hunde erneut klinische Symptome zeigen (Juckreiz, Pfotenlecken, Gesichtreiben), wenn sie anschließend eine Provokationsdiät erhalten, wobei einige Hunde bereits innerhalb weniger Stunden nach der provokativen Fütterung reagieren 16

Yun-Hsia Hsiao

Es wird vermutet, dass Umweltfaktoren eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von cAD spielen. Die Lebensweise eines Hundes, insbesondere während der Welpenzeit, hat einen erheblichen Einfluss auf die Reifung des Immunsystems.

Yun-Hsia Hsiao

Kontrolle und Behandlung der cAD

Bei der cAD handelt es sich um eine nicht-heilbare Hauterkrankung, die in der Regel eine lebenslange und individuell auf den einzelnen Patienten zugeschnittene Behandlung erforderlich macht. Als spezifische Behandlung gilt die allergenspezifische Immuntherapie (ASIT) durch ansteigend konzentrierte Injektionen von Umweltallergenen, die zuvor mit Hilfe von Hauttests und der IgE-Serologie identifiziert wurden. Die klinische Wirksamkeit der ASIT liegt bei etwa 60 %, und es kann eine Behandlungsdauer von neun bis zwölf Monaten erforderlich sein, bevor eine erkennbare klinische Besserung eintritt 17. In jüngster Zeit wurden intralymphatische und sublinguale Immuntherapien als Alternativen zur traditionellen subkutanen Injektionsmethode eingeführt; diese neuen Verfahren ermöglichen eine schnellere Induktion, und Letztere kommt ohne den Einsatz von Injektionskanülen aus 18. Wichtig ist jedoch eine therapiebegleitende kontinuierliche Behandlung von Juckreiz und Effloreszenzen, bis eine Linderung der klinischen Symptome durch die Wirkung der ASIT eintritt. Art und Intensität der Behandlung einer cAD hängen in erster Linie vom Stadium der Erkrankung ab – also zum Beispiel eine schnelle Intervention bei akuten Schüben, eine langfristige kontinuierliche Kontrolle der chronischen Erkrankung oder eine Prävention von Rezidiven. Da Pruritus das Schlüsselsymptom der AD ist und die Effloreszenzen häufig eine sekundäre Folge von Juckreiz sind, sollte die Behandlung in erster Linie auf eine Linderung des Juckreizes ausgerichtet werden. Je nach Intensität des Juckreizes sowie nach Verteilung und Ausdehnung der Effloreszenzen können topische und/oder systemische Medikationen gewählt werden. Für die Kontrolle akuter Juckreizschübe gelten Glukokortikoide (topisch und systemisch) und Oclacitinib aufgrund ihres schnellen Wirkungseintritts nach wie vor als wirksamste Optionen. Allerdings sind Glukokortikoide bekannt für mögliche Nebenwirkungen wie Polyurie, Polydipsie, Polyphagie, erhöhte Infektionsanfälligkeit und iatrogener Hyperadrenokortizismus. Ist eine langfristige oder hochdosierte Anwendung von Glukokortikoiden angezeigt, sollte daher eine sorgfältige Überwachung des Patienten sichergestellt sein und nach Möglichkeit eine Umstellung auf alternative Therapieoptionen angestrebt werden. Wenn die Effloreszenzen auf ein geringgradigeres Niveau zurückgegangen sind, wird bevorzugt Oclacitinib eingesetzt. Aufgrund seiner hemmenden Wirkung auf pruritogene Signalwege und der Reduzierung proinflammatorischer Zytokine besitzt Oclacitinib eine gute Wirksamkeit gegen verbleibenden Pruritus und bei geringgradigen Schüben. Im Anschluss an eine initiale zweiwöchige Therapiephase mit zweimal täglicher Verabreichung von Oclacitinib kommt es nach Reduzierung der Behandlungsfrequenz auf eine Gabe täglich häufig zu einem Rebound-Phänomen 19. Um dies zu verhindern, kann zusätzlich topisches Hydrocortisonaceponat im Sinne einer Kombinationstherapie eingesetzt werden 20

Die beschriebenen Behandlungsprotokolle können als reaktive Therapien betrachtet werden, die in erster Linie bei fortgesetzten Schüben oder zur Juckreizbehandlung zum Einsatz kommen. Sobald die Hauterkrankung klinisch unter Kontrolle ist, sollte die Behandlung auf gezielter wirksame Engspektrum-Arzneimittel umgestellt werden, die für das Individuum weniger belastend sind, wie zum Beispiel Cyclosporin und Tacrolimus. Cyclosporin ist ein Calcinurin-Hemmer, der an das zytosolische Protein Cyclophyllin von Lymphozyten bindet und dadurch die Aktivierung von T-Zellen hemmt. Die klinische Wirkung von Cyclosporin setzt jedoch erst nach zwei bis vier Wochen ein. Aufgrund der längeren Halbwertszeit von Cyclosporin haben die mit diesem Wirkstoff behandelten Patienten im Vergleich zu anderen Arzneimittel aber bessere Chancen auf ein erfolgreiches Ausschleichen der Therapie in Richtung einer geringeren Applikationshäufigkeit. Cyclosporin gilt bei Langzeitanwendung als sicher, auch wenn die Patienten anfangs unter vorübergehenden Nebenwirkungen wie Erbrechen und Diarrhoe leiden können, die aber in der Regel ohne weitere Behandlung spontan zurückgehen. Tacrolimus-Salbe verursacht nicht die von Glukokortikoiden bekannten Nebenwirkungen (z. B. Hautatrophie oder Komedonen), bei einigen Hunden können aber leichte Irritationen auftreten. In gut gemanagten Fällen wird Lokivetmab, ein monoklonaler Antikörper, der auf Interleukin-31 (ein häufiger Juckreizmediator bei cAD Patienten) abzielt, als proaktive Therapie empfohlen 21. Das therapeutische Konzept dahinter basiert auf einer konstanten Reduzierung des verbleibenden subklinischen Entzündungsgeschehens, das plötzliche akute Schübe auslösen könnte. 

Ein weiterer wichtiger Faktor zur Verhinderung eines Rezidivs der AD ist die direkte Wiederherstellung der Hautbarrierefunktion. Orale essenzielle Fettsäuren (EFAs) oder mit Fettsäuren angereicherte Nahrungen werden in diesem Anwendungsbereich bereits seit vielen Jahren eingesetzt. In einer neunmonatigen Studie führten EFAs bei AD-Hunden nachweislich zu einer Reduzierung der Medikations-Scores und des Juckreizes 22. Für Antihistaminika und Probiotika liegen dagegen keine ausreichenden Evidenzen vor, die ihre Anwendung als Behandlungsoption bei cAD stützen würden. 

Schlussfolgerung 

Die canine atopische Dermatitis (cAD) ist eine chronisch rezidivierende, pruriginöse Hauterkrankung, die in der tierärztlichen Praxis häufig vorkommt. Die Pathogenese steht im Zusammenhang mit funktionellen Störungen der Hautbarriere, an deren Entwicklung zum einen Gene beteiligt sind, die mit einer defekten epidermalen Hornschicht zusammenhängen, zum anderen aber auch die Mikrobiota und Umweltfaktoren, die das Immungleichgewicht beeinflussen. Im Bereich der Behandlungsmethoden und der therapeutischen Strategien wurden im Laufe der vergangenen zehn Jahren signifikante Fortschritte erzielt. Der erste wichtige Schritt beim Management eines jeden cAD-Patienten ist jedoch nach wie vor das Stellen einer korrekten Diagnose. Begleitende Infektionen durch Bakterien und/oder Hefepilze können die Wirksamkeit der Behandlung beeinträchtigen, und letztlich hängt die Wahl der Therapie im Einzelfall immer von der Phase der Erkrankung und ihrem Schweregrad ab. Eine atopische Dermatitis ist zwar nicht heilbar, mit Hilfe eines multimodalen Therapieansatzes können betroffene Hunde aber eine gute Lebensqualität erreichen. Insbesondere die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung einer gesunden Hautbarriere sollte dazu beitragen, eine weitere Exazerbation von Juckreiz und Entzündung zu verhindern. 

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Yun-Hsia Hsiao

Yun-Hsia Hsiao

Dr. Hsiao schloss ihr Tiermedizinstudium an der Chia-yi-Universität ab und absolvierte anschließend einen Masterstudiengang in Chirurgie an der Chung-Hsing-Universität in Taiwan Mehr lesen