Persönliche Empfehlungen… Overgrooming bei Katzen
Das „Grooming“ ist ein normales Verhalten von Katzen und besteht aus dem Belecken und Beknabbern von Haaren und Haut und dem Abreiben des Gesichts mit den Vorderpfoten.
Ausgabe nummer 26.2 Human Resources
veröffentlicht 11/07/2023
Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español und English
Burnout und eine schlechte mentale Gesundheit sind mögliche Schlüsselfaktoren für den derzeitigen Mangel an Tierärzten und Tierärztinnen. In diesem Artikel werden die Ergebnisse einer kürzlich durchgeführten Umfrage vorgestellt, die versucht, das Ausmaß der Probleme zu ermitteln.
Die Umfrage ergab, dass bei tierärztlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ein signifikantes Burnout-Risiko besteht, wobei die höchsten Raten bei Mitarbeitern von Praxisketten und an Universitäten zu verzeichnen sind.
In den meisten tierärztlichen Arbeitsstätten (insbesondere in privaten Praxen) gibt es Initiativen, die das Wohlbefinden am Arbeitsplatz verbessern sollen.
50 % der Praxen hatten in letzter Zeit Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Mitarbeitern, wobei als wichtigster Grund der Mangel an Tierärzten und TFAs angegeben wird.
Das Arbeitsanforderungen-Arbeitsressourcen-Modell definiert berufliches Wohlbefinden als das Ergebnis der Wechselwirkungen und des Gleichgewichts zwischen den Arbeitsanforderungen und den Arbeitsressourcen eines Arbeitsplatzes und kann ein nützliches Instrument für die Beurteilung und Entwicklung von Maßnahmen sein.
In den letzten Jahren sind die psychische oder mentale Gesundheit und das Wohlbefinden praktischer Tierärzte und Tierärztinnen weltweit zu einem heißen Thema geworden. Mehrere Artikel berichten, dass Tierärzte und Tierärztinnen ein im Vergleich zu anderen Berufsgruppen höheres Risiko für Burnout (Box 1), Depression und sogar Selbstmord haben 1. In einer kürzlich durchgeführten Studie wurde bei 35 % der Vollzeit-Tierärzte in den USA eine niedrige „Compassion Satisfaction“ festgestellt, also ein geringes Wohlbefinden, das aus dem Gefühl entsteht, seine Arbeit gut machen zu können*, bei 50 % wurden hohe Burnout-Scores ermittelt, und bei 59 % hohe Scores für sekundären traumatischen Stress** 2. Allein diese Zahlen scheinen zu belegen, dass Maßnahmen zur Verbesserung des Wohlbefindens im Bereich Tiermedizin dringend erforderlich sind. Obwohl in den letzten Jahren verschiedene Initiativen zur Verbesserung dieser Probleme ins Leben gerufen wurden, muss in diesem Bereich noch viel mehr getan werden. Dieser Artikel befasst sich mit den Ergebnissen einer Umfrage, die auf zwei kürzlich abgehaltenen Kongressen durchgeführt wurde. Dabei wurden Tierärzte und Tierärztinnen nach ihrer Meinung zur Bedeutung des Wohlbefindens, zu Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Mitarbeitern und zu ihren Erfahrungen mit Maßnahmen zur Bewältigung von beruflichen Anforderungen gefragt.
*Compassion Satisfaction oder Mitgefühlszufriedenheit kann definiert werden als Freude oder positive Gefühle, die aus der Fähigkeit, anderen zu helfen entstehen.
**Sekundärer traumatischer Stress kann definiert werden als Stress, der aus der indirekten Erfahrung eines traumatischen Ereignisses entsteht, also aus etwas, was eine andere Person durchlebt hat.
Box 1. Was ist Burnout in der Tiermedizin?
Burnout wird von der WHO definiert als „ein Syndrom, das auf chronischen Stress am Arbeitsplatz zurückzuführen ist, der nicht erfolgreich verarbeitet wird“ 3, und ist in allen Lebensbereichen bekannt. In der Tiermedizin beeinträchtigt Burnout sicherlich nicht nur die psychologische und emotionale Gesundheit von Individuen 4, sondern auch die wirtschaftliche Gesundheit bestimmter Praxen sowie der gesamten Branche 5. Ein systematischer Review über die allgemeinen Folgen von Burnout kam zu dem Resultat, dass Burnout ein signifikanter Prädiktor für multiple körperliche Erkrankungen ist, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schmerzen des Bewegungsapparats und Depressionen 4. Darüber hinaus korreliert Burnout sowohl in der Tiermedizin als auch in anderen Gesundheitsberufen mit einer verminderten Qualität der Versorgung, wahrgenommenen klinischen Fehlern und einer hohen Wahrscheinlichkeit, dass TFAs bzw. Mitarbeiter im humanmedizinischen Gesundheitswesen ihren Job aufgeben 6,7. In der Tiermedizin zeigen Studien, dass Stress am Arbeitsplatz mit einer hohen Personalfluktuation und Fehlzeiten 7, verbunden ist, was letztlich zu höheren Kosten führt 5. |
Da Burnout ein berufsbedingtes Phänomen ist, geht es bei der Bewältigung von Stress in der Arbeitsumgebung in erster Linie um Ausgewogenheit und Gleichgewicht: Das berufliche Wohlbefinden wird sowohl von positiven als auch negativen Faktoren bestimmt. Erklärt werden diese Zusammenhänge im „Job Demands-Resources“-Modell (JD-R-Modell), also dem Arbeitsanforderungen-Arbeitsressourcen-Modell, das wir als theoretischen Rahmen für diese Studie verwendet haben 8 (Figure 1). (Abbildung 1). Das Modell betrachtet arbeitsbedingten Stress und Wohlbefinden als Ergebnis von Wechselwirkungen zwischen Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen. Unter Anforderungen versteht man in diesem Zusammenhang „physische, soziale oder organisatorische Aspekte der Arbeit, die eine anhaltende körperliche oder mentale Anstrengung erfordern und daher mit psycho-physiologischen Kosten verbunden sind“ 8. Dazu gehören unter anderem die Arbeitsbelastung und Schichtarbeit, Interferenzen zwischen Arbeit und Zuhause sowie Umweltstressoren. Arbeitsressourcen werden definiert als „physische, soziale oder organisatorische Aspekte der Arbeit, die zur Erreichung von Arbeitszielen beitragen, Arbeitsanforderungen verringern oder persönliches Wachstum und persönliche Entwicklung fördern“ 8. Dazu gehören unter anderem Belohnungen, persönliche Kontrolle über zugewiesene Aufgaben sowie positives Feedback und Unterstützung. Nach dem JD-R-Modell können Arbeitsanforderungen einen Prozess der Energieerschöpfung auslösen, der zu allgemeiner Erschöpfung und schließlich zu Burnout führen kann, während Arbeitsressourcen einen Motivationsprozess auslösen können, der zur Förderung des Arbeitsengagements beitragen kann 9. Im Falle eines Mangels an entsprechenden Ressourcen fällt es einer Person schwerer, ihre Arbeitsanforderungen zu erfüllen, und dies kann zu einem Desengagement von der Arbeit im Sinne eines Rückzuges oder Ausstieges führen, und schließlich auch eine Rolle bei der Entwicklung von Burnout spielen.
Um Informationen über die Rekrutierung und das Wohlbefinden zu sammeln, hat Royal Canin eine aus sieben Fragen bestehende Umfrage entwickelt (Tabelle 1). Die Umfrage war in zwei Abschnitte unterteilt: Rekrutierung und Wohlbefinden. Wenn die Befragten angaben, dass sie keine Schwierigkeiten bei der Rekrutierung haben (Frage 1), wurde der erste Abschnitt an dieser Stelle beendet; ebenso wurde der zweite Abschnitt an dieser Stelle beendet, wenn die Befragten der Meinung waren, dass Wohlbefinden am Arbeitsplatz nicht wichtig sei (Frage 5). Die Umfrage wurde 2022 auf dem European Congress of Veterinary Internal Medicine for Companion Animals (ECVIM-CA) in Göteborg und auf dem European Veterinary Dermatology Congress (EVDC) 2022 in Porto durchgeführt (Abbildung 2). Für die Durchführung der Umfrage wählte Royal Canin ausschließlich Studierende der Tiermedizin, da diese naturgemäß eine Affinität zum Thema haben und die erforderliche Empathie für die Befragten mitbringen. Darüber hinaus wurde beschlossen, mehrere Sachverständige einzusetzen (4 beim ECVIM, 6 beim EVDC), um die Daten zu triangulieren, und es wurde ein Studienleiter ernannt, der die Datenerhebung beaufsichtigte und die Konsistenz und Glaubwürdigkeit der Erhebungen auf beiden Kongressen optimierte. Vor der Erhebung wurden Gespräche zwischen dem Studienleiter und den Sachverständigen geführt, um ein gemeinsames Verständnis für das Projekt zu entwickeln und Unterschiede zwischen den Sachverständigen zu minimieren.
Alle Umfragen wurden anschließend gesammelt und vom Studienleiter zur Erstellung einer Datenbank verwendet. Die wichtigsten Punkte waren laut dieser Analyse Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Personal für tierärztliche Praxen/Kliniken, die Bedeutung des Wohlbefindens, Maßnahmen zur Verbesserung des Wohlbefindens und das Ausmaß von Burnout am Arbeitsplatz. Diese Daten waren sowohl quantitativer als auch qualitativer Natur, wobei die qualitativen Daten nach dem JD-R-Modell klassifiziert wurden. Das „Signalement“ der Befragten umfasste ihren Arbeitsplatz (private Praxis/Praxiskette/Universität/andere), das Land, in dem sie beschäftigt sind, und ihr Geschlecht. Analysiert wurden die Ergebnisse mittels Vergleich von Gruppen mit Hilfe eines Chi-Quadrat-Tests oder eines exakten Fisher-Tests auf Unabhängigkeit, wo dies angebracht war. Alle Analysen wurden mit der Software SPSS durchgeführt, wobei ein zweiseitiger p-Wert < 0,05 eine statistische Signifikanz angibt.
Kongressteilnehmende (ausschließlich approbierte Tierärzte und Tierärztinnen) wurden nach dem Zufallsprinzip befragt, und schließlich antworteten 222 Teilnehmer (89 beim ECVIM und 133 beim EVDC) aus 33 verschiedenen Ländern. Insgesamt leben und arbeiten 187 (85 %) der Befragten in Europa, 11 in Südamerika, 9 in Nordamerika, 8 in Ozeanien, 4 in Asien und 1 in Afrika. Es gab 2 Antworten, bei denen das Land der Arbeitsstätte nicht genannt wurde (NA). Die Gruppe der Befragten setzte sich aus 66 Männern (32 %) und 143 Frauen (68 %) zusammen (13 NA). Von allen Befragten arbeiteten 114 (55 %) in unabhängigen privaten Praxen/Kliniken, 50 (24 %) in Praxis-/Klinikketten, 38 (18 %) in Universitätskliniken, und 6 (3 %) gaben bei ihrem Arbeitsplatz „andere“ an (14 NA). Zu beachten ist, dass von jeder individuellen Arbeitsstätte nur eine Person befragt wurde.
Die meisten Tierärzte und Tierärztinnen halten ihr eigenes Wohlbefinden (und das ihrer Kollegen) für wichtig: Von den 213 antwortenden Personen gaben 94 % eine entsprechend positive Antwort. Aufgrund der sehr geringen Anzahl negativer Antworten war es nicht möglich, diese Kohorte auf signifikante Unterschiede in Bezug auf Geschlecht, Arbeitsplatz oder Land zu analysieren.
80 % aller Arbeitsstätten hatten Maßnahmen zur Verbesserung des Wohlbefindens ihrer angestellten Tierärzte und/oder TFAs implementiert. Ausgehend von der Vorstellung, dass Wohlbefinden am Arbeitsplatz das Ergebnis eines Gleichgewichts zwischen Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen ist (Abbildung 1), haben wir beschlossen, die verschiedenen Maßnahmen zu kategorisieren. Maßnahmen, die auf die Arbeitsanforderungen abzielen, sind solche, die sich positiv auf das Arbeit-Freizeit Verhältnis, die Arbeitsbelastung oder Schichtarbeit auswirken, wie z. B. flexible Schichten, freie Tage oder eine 4-Tage-Woche. Maßnahmen, die sich positiv auf die Arbeitsressourcen auswirken, sind Belohnungen oder Anreize für persönliches Wachstum oder berufliche Entwicklung. Von den 164 Arbeitsstätten, an denen Maßnahmen zum Wohlbefinden ergriffen worden waren, hatten 26 Arbeitsstätten auf Arbeitsanforderungen gerichtete Maßnahmen ergriffen, 109 auf Arbeitsressourcen gerichtete Maßnahmen, und an 29 Arbeitsstätten gab es Maßnahmen, die sowohl auf die Arbeitsanforderungen als auch auf die Arbeitsressourcen abzielten (Abbildung 3).
In Anlehnung an die Definitionen der Arbeitsressourcen (wie zuvor beschrieben) haben wir drei Unterkategorien definiert. Wir stellten fest, dass 39 Maßnahmen in erster Linie physischer Natur waren, d. h., sich auf greifbare Dinge bezogen, 59 Maßnahmen waren soziale Ereignisse (Abbildung 4) und 91 Maßnahmen waren organisatorischer Natur, d. h., sie zielten auf das Funktionieren oder die Entwicklung des Mitarbeiters am Arbeitsplatz ab (Abbildung 5). Tabelle 2 enthält Beispiele für die genannten Ressourcen und ihre Einteilung in Kategorien.
Tabelle 2. Beispiele für Arbeitsressourcen.
Physisch | Sozial | Organisatorisch |
---|---|---|
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Relativ wenige Praxen/Kliniken (unabhängige private oder Ketten) gaben an, keine Maßnahmen zur Förderung des Wohlbefindens zu ergreifen (16 % bzw. 15 %), und in Universitätseinrichtungen stieg diese Zahl auf 35 % an. Zudem fanden wir heraus, dass Maßnahmen, die sowohl Arbeitsanforderungen als auch Arbeitsressourcen beeinflussen (also nicht nur einen Aspekt von beiden), hauptsächlich von privaten Praxen/Kliniken ergriffen wurden. Mit dem exakten Fisher-Test auf Unabhängigkeit (p = 0,042) wurden zwischen den Arbeitsstätten signifikante Unterschiede bei den Maßnahmen zur Förderung des Wohlbefindens festgestellt: in privaten Praxen/Kliniken wurden mehr Maßnahmen ergriffen als in anderen Arten von Arbeitsstätten.
70 % aller Befragten gaben an, dass in den letzten 12 Monaten mindestens ein Burnout-Fall an ihrer Arbeitsstätte aufgetreten war (entweder bei ihnen selbst oder bei Kollegen/TFAs/Studierenden) (Tabelle 3). Davon waren 54 % Tierärzte/Tierärztinnen, 12 % TFAs, 32 % betrafen sowohl Tierärzte/Tierärztinnen als auch TFAs und 2 % waren Studierende. Unter den Tierärzten und Tierärztinnen, die eine private Praxis/Klinik besitzen oder dort arbeiten, berichteten weniger Befragte über Burnout-Fälle (61 %) als unter Tierärzten und Tierärztinnen, die in Praxisketten (80 %) oder an einer Universität (83 %) arbeiten. Dieser Unterschied ist im Pearson-Chi-Quadrat-Test signifikant (p = 0,009). Keinen signifikanten Unterschied gab es dagegen in Bezug auf die Angaben zu Burnouts zwischen den Befragten, die in Praxen/Kliniken mit etablierten Maßnahmen zur Förderung des Wohlbefindens ihrer Mitarbeiter arbeiteten oder in Praxen ohne entsprechende Maßnahmen (68 % bzw. 73 %).
Tabelle 3. Die Burnoutrate in Praxisketten und Universitätskliniken ist signifikant höher als in unabhängigen privaten Praxen/Kliniken (p = 0,009 zwischen * und **).
Arbeitsstätte | Anzahl | Arbeitsstätten mit einem oder mehreren Burnout(s) | Prozentsatz der Arbeitsstätten mit Burnout(s) |
---|---|---|---|
private Praxis/Klinik | 114 | 67 | 60,9* |
Praxiskette | 50 | 39 | 79,6** |
Universität | 38 | 30 | 83,3** |
20 Befragte gaben hierzu keine Antwort.
Auf die Frage nach der Rekrutierung und Einstellung neuer Mitarbeiter innerhalb des letzten Jahres gingen 183 Antworten ein (Abbildung 6); andere Befragte gaben an, keine Mitarbeiter einzustellen oder nichts über den Rekrutierungsprozess zu wissen, und wurden daher in diesem Abschnitt nicht berücksichtigt. Von den 183 antwortenden Personen gaben 97 (53 %) der Tierärzte und Tierärztinnen an, dass sie (oder ihre Arbeitsstätte) große Schwierigkeiten bei der Personalrekrutierung hatten, 55 (30 %) beschrieben geringe Schwierigkeiten, und 31 (17 %) der Befragten gaben an, nur wenige oder gar keine Schwierigkeiten gehabt zu haben. Schwierigkeiten gab es im Allgemeinen sowohl bei der Rekrutierung von Tierärzten und Tierärztinnen als auch bei der Einstellung von TFAs. Wenn nur eine Kategorie als problematisch genannt wurde, dann waren es Tierärzte und Tierärztinnen, die schwieriger zu rekrutieren waren.
Die Befragten gaben zudem an, dass Schwierigkeiten bei der Rekrutierung auch einen Einfluss auf die Wahl neuer Mitarbeiter hatten. Insgesamt 195 Befragte arbeiteten in einer Einrichtung, in der ein neuer Tierarzt oder eine neue Tierärztin eingestellt worden war. Von diesen gaben 41 % an, dass diese Anstellung im Nachhinein nicht passte, dass es zu diesem Zeitpunkt aber keine anderen Möglichkeiten gegeben hatte und die Person dann wegen ihrer Verfügbarkeit eingestellt worden war, um nicht noch länger suchen zu müssen. Ähnlich verhält es sich bei freien Stellen für TFAs: 45 % der 199 Befragten, die eine neue TFA eingestellt hatten, waren anschließend der Meinung, dass die eingestellte Person nicht gut passte.
Verschiedene Gründe wurden für die Rekrutierungsschwierigkeiten genannt, wobei einige Befragte auch mehr als einen Grund angaben. Der am häufigsten genannte Grund (96 Mal) war der allgemeine Mangel an verfügbaren Tierärzten und Tierärztinnen und TFAs. Weitere wichtige Gründe waren die niedrige Bezahlung (52 Mal) und die Arbeitsbelastung/schwierige Schichten (46 Mal). Weniger häufig genannt wurden eine ländliche Lage der Praxis/Klinik (14 Mal), COVID (7 Mal) und andere Gründe.
Wir haben festgestellt, dass sich die meisten Tierärzte und Tierärztinnen der Bedeutung ihres Wohlbefindens durchaus bewusst sind und dass die Mehrheit der Arbeitsstätten Maßnahmen ergreift, um das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu verbessern. Dennoch ist die Burnout-Rate immer noch hoch, insbesondere unter Tierärzten und Tierärztinnen. Die geringste Burnout-Häufigkeit war im privaten Sektor festzustellen, wobei aber immer noch 60,9 % dieser Praxen in letzter Zeit mindestens einen Burnout-Fall zu verzeichnen hatten. Dies war aber deutlich niedriger als die Zahl der Burnouts in Praxisketten (80 %) und Universitätskliniken (83 %) – ein Ergebnis, das sich mit einer früheren Studie aus Finnland deckt, in der festgestellt wurde, dass Tierärzte in privaten Praxen/Kliniken am wenigsten von Burnout betroffen sind 10. (Interessanterweise stellte eine AVMA-Umfrage aus dem Jahr 2021 fest, dass Burnout bei Angestellten in privaten Praxen häufiger vorkommt als bei den Besitzern oder Besitzerinnen dieser Praxen 11, – in unserer Umfrage wurde aber nicht zwischen Angestellten und Praxisinhabern unterschieden). Ein Grund für die geringere Prävalenz von Burnout in privaten Praxen/Kliniken könnte darin liegen, dass diese schlicht besser darin sind, proaktive Präventivmaßnahmen zu ergreifen. So haben wir festgestellt, dass in diesem Sektor deutlich mehr Maßnahmen zur Förderung des Wohlbefindens ergriffen werden als in Praxisketten oder Universitätskliniken, und dass sich diese Maßnahmen sowohl auf die Arbeitsanforderungen als auch auf die Arbeitsressourcen bezogen und nicht etwa nur auf einen dieser beiden Aspekte. Anzumerken ist an dieser Stelle jedoch, dass in der Umfrage nicht versucht wurde, Einzelheiten zu den Arbeitsstätten zu erfassen, z. B. in Bezug auf die Größe der Praxis oder die Anzahl der Mitarbeiter, so dass wir nicht sagen können, ob hier möglicherweise weitere Faktoren eine Rolle spielen.
Luc T. Theunisse
Wie im JD-R-Modell dargestellt, bestimmen Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen gemeinsam das berufliche Wohlbefinden. Während in unserer Studie bei der Angabe von Burnout-Fällen kein signifikanter Unterschied gefunden wurde zwischen Praxen, in denen Maßnahmen ergriffen wurden (68 %), und Praxen, in denen keine Maßnahmen ergriffen wurden (73 %), berichtet eine erst kürzlich durchgeführte große australische Studie, dass Arbeitsressourcen negativ mit Burnout korreliert sind während einige Arbeitsanforderungen positiv mit Burnout korreliert sind 7. Maßnahmen, die sowohl bei den Arbeitsanforderungen als auch bei den Arbeitsressourcen ansetzen, könnten also insgesamt wirksamer sein, und in einem Review konnte gezeigt werden, dass kombinierte Interventionen bei der Bekämpfung von Burnout am hilfreichsten sind 12. Unklar ist, warum in privaten Praxen mehr Maßnahmen ergriffen werden als in anderen Arbeitsstätten. Man könnte spekulieren, dass Praxisbesitzer und -besitzerinnen, die gleichzeitig Arbeitgeber sind, mehr persönlichen Kontakt zu ihren Mitarbeitenden haben und sich daher eher der Notwendigkeit bewusst sind, auf deren Wohlbefinden zu achten.
Darüber hinaus haben wir festgestellt, dass viele tierärztliche Einrichtungen Schwierigkeiten haben, neue Kollegen zu rekrutieren – nahezu die Hälfte der Befragten hatte erhebliche Probleme, Mitarbeiter zu finden. Da „Tierarztmangel“ häufig als Ursache genannt wurde (96 Mal), haben wir untersucht, ob es hierfür Belege gibt und wie groß das Problem tatsächlich ist. Ein Mangel an tierärztlichen Arbeitskräften würde bedeuten, dass es in einem Gebiet einen Mangel an Tierärzten (Angebotsseite) im Verhältnis zu den zu versorgenden Tieren (Nachfrageseite) gibt. Dies kann entweder auf eine schrumpfende Zahl verfügbarer Tierärzte und Tierärztinnen oder auf eine steigende Nachfrage nach tierärztlicher Versorgung von Haustieren oder aber auf beide Faktoren zusammen zurückzuführen sein. Verfügbare Daten deuten zweifellos auf eine insgesamt steigende Nachfrage hin. So ist in Europa die Zahl der Haustiere (bei gleichbleibender Population landwirtschaftlicher Nutztiere) zwischen 2010 und 2017 insgesamt gestiegen 13. Entsprechende Daten zeigen darüber hinaus, dass die durchschnittliche Zahl der klinischen Termine in tierärztlichen Praxen/Kliniken in den USA von 2020 bis 2021 um 6,5 % zunahm 14. Auf der Angebotsseite hat sich das Verhältnis von Tierärzten pro Kopf der Bevölkerung zwischen 2015 und 2018 nicht verändert, mit einem Durchschnitt von 0,38 Tierärzten pro 1.000 Menschen 15. Es ist jedoch möglich, dass es einen Rückgang der Verfügbarkeit gibt, also nicht bei der Gesamtzahl der Tierärzte, sondern vielmehr bei der Anzahl der Arbeitsstunden und bei der Produktivität pro Person. In unserer Studie gaben neun Tierärzte/Tierärztinnen Teilzeitarbeit (anstelle von Vollzeitarbeit) als einen wichtigen Grund für den Mangel an, und eine Umfrage unter Tierärzten und Tierärztinnen weltweit aus dem Jahr 2021 ergab, dass jeder vierte Befragte den Wunsch äußerte, seine Arbeitszeit durch Teilzeit oder Vertretungen zu reduziere16. Eine andere AVMA-Umfrage fand heraus, dass 30 % der Kleintierärzte weniger Stunden arbeiten wollen, verglichen mit 23-24 % im Jahr 2017-19 14. Außerdem wurden Tierärzten und Tierärztinnen in den USA insgesamt weniger Patienten pro Stunde vorgestellt, und die durchschnittliche Produktivität ging um fast 25 % zurück, wenn man die Zahlen für 2020 mit denen für 2019 vergleicht 14. Insgesamt lässt sich also sagen, dass es zumindest in einigen Bereichen durchaus eine Krise bei tierärztlichen Arbeitskräften gibt. In einer Umfrage aus dem Jahr 2020 stellte die Federation of Veterinarians of Europe (FVE) fest, dass 78,5 % der Befragten in allen 28 untersuchten europäischen Ländern einen Mangel an Tierärzten und Tierärztinnen hatten 15, was mit unseren Ergebnissen übereinstimmt. Weiter stellt die FVE fest, dass dieser Mangel vor allem in ländlichen und abgelegenen Gebieten ein Problem darstellt und nicht mit einem landesweiten Mangel insgesamt zusammenhängt, obwohl in unserer Studie die ländliche Lage einer Praxis/Klinik als einer der weniger schwerwiegenden Gründe für Rekrutierungsschwierigkeiten angegeben wurde. Auch die Daten von VetsSurvey nennen die Rekrutierung von geeignetem Personal als eine der größten Herausforderungen, mit denen der Berufsstand derzeit konfrontiert ist, und auch dies wird als eine Ursache für die steigende Zahl unzufriedener Mitarbeiter in diesem Sektor angesehen 16.
Gerdinique C. Maessen
Es stellt sich also die Frage, ob der Mangel eine Ursache für den wahrgenommenen Rückgang der Jobzufriedenheit und den Anstieg von Burnouts 16 ist oder aber das Ergebnis davon. Wir glauben, dass beides zutrifft und dass beide Aspekte sich gegenseitig in einer Art von Abwärtsspirale beeinflussen. Der Arbeitskräftemangel spielt mit Sicherheit eine Rolle für das Wohlbefinden des tiermedizinischen Personals, da die verbleibenden Tierärzte und Tierärztinnen oft mehr Stunden arbeiten müssen, um der hohen Nachfrage der Tierhalter gerecht zu werden. Eine Studie aus Deutschland zeigt, dass die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden proportional zum Stressempfinden von Tierärzten und Tierärztinnen ist 17. Hinzu kommt, dass in den Praxen oft Tierärzte und TFAs beschäftigt werden, die für die Arbeit nicht geeignet sind. Unsere Ergebnisse zeigen, dass in 41 % der Fälle ein kürzlich eingestellter Tierarzt (nach Ansicht der anderen Mitarbeiter) letztlich nicht wirklich gut in die Praxis passte. Und dies wirkt sich nachteilig aus, da ein eng zusammengewachsenes Team einer der wichtigsten Faktoren für das berufliche Wohlbefinden ist (Abbildung 7). Auf der anderen Seite führen Burnouts aber auch zu Problemen bei der Mitarbeiterbindung; 40 % der Tierärzte und Tierärztinnen erwägen, den Beruf aufzugeben, wobei die beiden wichtigsten Gründe die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und die psychische, mentale Gesundheit sind 14,17. Burnout ist ein signifikanter Prädiktor sowohl für die Absicht, die derzeitige Tätigkeit aufzugeben, als auch für den vollständigen Ausstieg aus dem Beruf insgesamt 7. Hier besteht ein Zusammenhang mit der hohen Fluktuationsrate in der Tiermedizin, insbesondere im Vergleich zu anderen Gesundheitsberufen. Die durchschnittliche Fluktuation bei Tierärzten und Tierärztinnen ist doppelt so hoch wie bei Humanmedizinern – das heißt, ein Humanmediziner bleibt im Durchschnitt doppelt so lange in einem Job wie ein Tierarzt 5,15. So setzt sich der Teufelskreis fort: ein größerer Arbeitskräftemangel aufgrund von Burnouts und mehr Burnouts aufgrund einer höheren Arbeitsbelastung.
Es ist wichtig zu betonen, dass es sich hier um eine recht grundlegende Umfrage handelte, die nicht darauf abzielte, systematisch sämtliche Faktoren zu untersuchen, die für das Wohlbefinden und das Behalten von Jobs in der Tiermedizin von Bedeutung sind. Die Untersuchung konzentrierte sich auf Spezialisten und Residents auf zwei Kongressen, und die Bereiche Dermatologie und Innere Medizin stellen möglicherweise keine repräsentative Stichprobe für das „Wohlbefinden am Arbeitsplatz“ in der gesamten Tierärzteschaft dar. Es handelt sich aber durchaus um eine Momentaufnahme der aktuellen Situation. Anzumerken ist an dieser Stelle jedoch auch, dass nach unseren Erkenntnissen praktische Tierärzte oder Tierärztinnen mit Burnout wahrscheinlich nicht an Kongressen teilnehmen (oder einen früheren Burnout nicht zugeben wollen). Um die Dinge zu entpersonalisieren, fragten wir daher nach dem Auftreten von Burnouts in der Praxis/Klinik des Befragten, und dies könnte die hohe Burnout-Rate (70 %) erklären, die wir im Vergleich zu anderen Studien fanden. Künftige Erhebungen sollten auch andere Bereiche innerhalb des Tiermedizinsektors untersuchen, um festzustellen, ob sich dieselben Muster erkennen lassen, und darüber hinaus versuchen, das Durchschnittsalter der Personen mit Burnout zu ermitteln. Da Spezialisten in Praxisketten und Universitäten anscheinend mit höherer Wahrscheinlichkeit von Burnout betroffen sind, wäre es zudem sinnvoll, in späteren Erhebungen auch mögliche Störfaktoren wie Alter, Geschlecht, Klinikgröße und Arbeitszeiten zu untersuchen.
Wir möchten den Studierenden der Tiermedizin danken, die die Daten für diese Studie erhoben haben: Ricardo Azevedo, Lara Couto-Soares, Marta Gonçalves, Ines Preza Carvalho, Soraia Rodrigues, Luc Theunisse, Kathelijn van Heusden, Fraukje van Terwisga und Hannah Younge. |
Laut dieser Umfrage besteht für das Personal tierärztlicher Praxen/Kliniken ein hohes Burnout-Risiko. Burnout ist ein berufliches Phänomen, das mit zahlreichen negativen Folgen verbunden ist, wobei die höchsten Raten in Praxisketten und an Universitäten zu verzeichnen sind. Zusammen mit dem Mangel an Tierärzten und Tierärztinnen, der zu Schwierigkeiten bei der Rekrutierung führt, stellt dies eine Bedrohung für den Berufsstand dar. Im Kampf gegen Burnout ist man sich heute der Bedeutung des Wohlbefindens am Arbeitsplatz bewusst, und viele Arbeitsstätten haben inzwischen unterschiedliche Maßnahmen zur Verbesserung des Wohlbefindens ihrer Mitarbeiter ergriffen. Es gibt jedoch nur wenige Evaluierungen dieser Initiativen, und es würde den Rahmen der Umfrage sprengen, zu ermitteln, welche Ressourcen am wirksamsten sind. Um das Wohlbefinden am Arbeitsplatz weiter zu verbessern, ist eine robuste Analyse möglicher Interventionen dringend erforderlich. Das JD-R-Modell könnte hierbei ein nützliches Instrument sein, um die Entwicklung und die Beurteilung verschiedener Ressourcen zu erleichtern.
World Health Organization. Burnout an “occupational phenomenon”: International Classification of Diseases. (Internet). Available from: https://www.who.int/news/item/28-05-2019-burn-out-an-occupational-phenomenon-international-classification-of-diseases (Accessed 1st January 2023).
Gerdinique C. Maessen
Gerdinique Maessen schrieb sich 2016 an der medizinischen Fakultät ein Mehr lesen
Luc T. Theunisse
Luc Theunisse wurde 2020 Royal Canin Student Ambassador in Utrecht Mehr lesen
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Das „Grooming“ ist ein normales Verhalten von Katzen und besteht aus dem Belecken und Beknabbern von Haaren und Haut und dem Abreiben des Gesichts mit den Vorderpfoten.
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Verglichen mit den durch hämatophage (blutsaugende) Arthropoden auf Hunde übertragenen Krankheiten scheinen sich Tierärzte der globalen Bedeutung von vektorübertragenen Krankheiten bei Katzen, die international als „feline vector borne diseases“ (FVBD) bezeichnet werden, nur relativ wenig bewusst zu sein.