Physikalische Grundlagen und Wirkprinzip
Plasma beschreibt den sogenannten „vierten Aggregatszustand“ nach „fest“, „flüssig“ und „gasförmig“, und ist im Wesentlichen eine gasförmige Mischung freier Ladungsträger (Ionen oder Elektronen) auf einem engen Raum 9Filipić A, Gutierrez-Aguirre I, Primc G, et al. Cold plasma, a new hope in the field of virus inactivation. Trends Biotechnol 2020;38(11):1278-1291.
. In der Natur tritt das Phänomen zum Beispiel als Blitze oder Sonnenmaterie auf, und ist mit Entladungen elektromagnetischer Felder oder hohen Temperaturen assoziiert. Dieser Zustand kann jedoch auch künstlich erzeugt werden, zum Beispiel durch die Beschleunigung von Ladungsträgern in einem Gas entlang eines elektromagnetischen Feldes bei Raumtemperatur und unter normalem Atmosphärendruck. CAPP hat nachweislich einen positiven Einfluss auf die Gewebeheilung durch Beschleunigung des Heilungsprozesses und Reduzierung der Narbenbildung. Wie diese Effekte entstehen, wird aber immer noch nicht vollständig verstanden. Man weiß jedoch, dass CAPP bestimmte Wachstumsfaktoren (z.B. FGF-7 zur Migration der Keratinozyten) sowie antientzündliche Signalmoleküle (z.B. TGF-β) und Entzündungssignal-Pathways stark beeinflusst 6Hasse S, Duong Tran T, Hahn O, et al. Induction of proliferation of basal epidermal keratinocytes by cold atmospheric pressure plasma. Clin Exp Dermatol 2016;41(2):202-209.
7Schmidt A, Bekeschus S, Wende K, et al. A cold plasma jet accelerates wound healing in a murine model of full-thickness skin wounds. Exp Dermatol 2017;26(2):156-162.
8Daeschlein G, Scholz S, Ahmed R, et al. Cold plasma is well-tolerated and does not disturb skin barrier or reduce skin moisture. J Dtsch Dermatol Ges 2012;10(7):509-515.
9Filipić A, Gutierrez-Aguirre I, Primc G, et al. Cold plasma, a new hope in the field of virus inactivation. Trends Biotechnol 2020;38(11):1278-1291.
10Haertel B, Eiden K, Deuter A, et al. Differential effect of non-thermal atmospheric-pressure plasma on angiogenesis. Lett Appl NanoBioScience 2014;3(2):159-166.
11Metelmann HR, Vu TT, Do HT, et al. Scar formation of laser skin lesions after cold atmospheric pressure plasma (CAP) treatment: a clinical long-term observation. Clin Plasma Med 2013;1(1):30-35.
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War CAPP anfangs nur der Desinfektion und Wundheilungsförderung bei humanen Verbrennungsopfern vorbehalten, wird das Verfahren heute auch bei zahlreichen anderen Indikationen eingesetzt. Wirksam ist Kaltplasma unter anderem bei der Behandlung einfacher und komplizierter Hautinfektionen (insbesondere, wenn multiresistente Erreger beteiligt sind), aber auch bei zahlreichen anderen Wundheilungsstörungen, zum Beispiel in Folge von Diabetes mellitus 1Daeschlein G, Napp M, von Podewils S, et al. In vitro susceptibility of multidrug resistant skin and wound pathogens against low temperature atmospheric pressure plasma jet (APPJ) and dielectric barrier discharge plasma (DBD). Plasma Process Polym 2014;11(2):175-183.
3Koban I, Matthes R, Hübner N-O, et al. Treatment of Candida albicans biofilms with low-temperature plasma induced by dielectric barrier discharge and atmospheric pressure plasma jet. NJP 2010;12(7):073039.
6Hasse S, Duong Tran T, Hahn O, et al. Induction of proliferation of basal epidermal keratinocytes by cold atmospheric pressure plasma. Clin Exp Dermatol 2016;41(2):202-209.
. CAPP wurde vielfach als hocheffizient für die Bekämpfung von bakteriellen, viralen und mykotischen Erregern eingestuft, sogar im Falle einer Biofilmbildung 2Hüfner A, Steffen H, Holtfreter B, et al. Effects of non-thermal atmospheric pressure plasma and sodium hypochlorite solution on Enterococcus faecalis biofilm: an investigation in extracted teeth. Plasma Process Polym 2017;14(3):1600064.
3Koban I, Matthes R, Hübner N-O, et al. Treatment of Candida albicans biofilms with low-temperature plasma induced by dielectric barrier discharge and atmospheric pressure plasma jet. NJP 2010;12(7):073039.
5Sun P, Sun Y, Wu H, et al. Atmospheric pressure cold plasma as an antifungal therapy. Appl Phys Lett 2011;98(2):021501.
9Filipić A, Gutierrez-Aguirre I, Primc G, et al. Cold plasma, a new hope in the field of virus inactivation. Trends Biotechnol 2020;38(11):1278-1291.
. Durch die physikalische Wirkweise des Plasmas sind Resistenzen gegenüber Antibiotika, Antimykotika oder Virostatika irrelevant. Einige Studien konnten zeigen, dass CAPP hochgradig bakteriostatisch wirkt bei Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA), Staphylococcus pseudintermedius (MRSP) und multiresistenten Pseudomonas aeruginosa (MRPA) – also bei den häufigsten bakteriellen Hauterregern in der Tiermedizin 1Daeschlein G, Napp M, von Podewils S, et al. In vitro susceptibility of multidrug resistant skin and wound pathogens against low temperature atmospheric pressure plasma jet (APPJ) and dielectric barrier discharge plasma (DBD). Plasma Process Polym 2014;11(2):175-183.
2Hüfner A, Steffen H, Holtfreter B, et al. Effects of non-thermal atmospheric pressure plasma and sodium hypochlorite solution on Enterococcus faecalis biofilm: an investigation in extracted teeth. Plasma Process Polym 2017;14(3):1600064.
3Koban I, Matthes R, Hübner N-O, et al. Treatment of Candida albicans biofilms with low-temperature plasma induced by dielectric barrier discharge and atmospheric pressure plasma jet. NJP 2010;12(7):073039.
4Kondeti VSK, Phan CQ, Wende K, et al. Long-lived and short-lived reactive species produced by a cold atmospheric pressure plasma jet for the inactivation of Pseudomonas aeruginosa and Staphylococcus aureus. Free Radic Biol Med 2018;124:275-287.
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Anwendung von Geräten verschiedener Bauweise in der Tiermedizin
Gegenwärtig stehen Geräte dreier grundlegender Bauweisen zur Verfügung, die alle ihre spezifischen Vor- und Nachteile haben. Wie oben erwähnt entsteht Kaltplasma durch die Ionisation eines Gases in seinen Plasmazustand. Meist werden hierfür entweder Sauerstoff/Stickstoff (Luft) aus der Umgebungsatmosphäre oder aber ein stabiles Edelgas wie z.B. Argon für die CAPP-Therapie genutzt.
- Der einfachste und kostengünstigste Gerätetyp (ab 2.000,- €) erzeugt eine elektrische Ladung an der Gerätekathode und nutzt die Haut als Gegenpol für die Plasmaerzeugung in der Luft im engen Spalt zwischen Kathode und Haut (Abbildung 2). Neben den relativ niedrigen Kosten liegt der Hauptvorteil derartiger Geräte in der Einfachheit ihrer Anwendung und der vergleichsweise einfachen Bauweise, die auch den Einsatz akkubetriebener Geräte ermöglicht. Von manchen Patienten wird das beim Betrieb des Gerätes entstehende Geräusch oder das je nach eingestellter Stromstärke entstehende „kribbelnde“ Gefühl, als unangenehm empfunden.
- Eine zweite Bauweise nutzt ein Zwischenmedium (z.B. Schaumstoff) zwischen Haut und Kathode als elektrischen Leiter, wodurch das oben genannte „kribbelnde“ Gefühl deutlich schwächer oder inexistent ist. Dafür muss jedoch die Wundfläche direkt berührt werden, was wiederum von manchen Patienten als unangenehm empfunden werden kann (Abbildung 3). Die meist recht große Behandlungsfläche, die eine zeiteffiziente Behandlung auch ausgedehnterer Wundflächen ermöglicht, stellt insbesondere bei großen Hunden einen bedeutenden Vorteil dieser Methode dar. Für kleine Patienten, kleinere Wundbereiche oder Läsionen in Hautfalten ist dies wiederum ein Nachteil, ebenso wie der Verschleiß der Schaumstoffkissen, die für jeden Patienten gewechselt werden müssen. Das Gerät kann zwar gut transportiert werden, zum aktuellen Zeitpunkt wird jedoch immer noch eine Stromsteckdose benötigt.
- Eine dritte Geräteform erzeugt das Plasma direkt im Gerät durch die Beschleunigung eines Gases aus einer Gasflasche (wie z.B. Argon) entlang eines elektromagnetischen Feldes. Das so gewonnene Plasma wird an der Spitze eines Behandlungsstiftes (dem „Pen“) als kleine berührbare Plasmaflamme (dem „Jet“) freigesetzt (Abbildung 1). Dieser „Jet“ wird in kreisenden Bewegungen in kurzem Abstand über die Wundfläche geführt, die Wunde selbst wird dabei jedoch nicht berührt. Ein solcher Gerätetyp ermöglicht eine punktuelle Behandlung auch in tieferen Hautfalten oder Wundhöhlen und forciert eine schnelle Abtrocknung von nässenden und purulenten Wundbereichen bei komplett irritations- und geräuscharmer Anwendung; der Patient fühlt meist nur einen moderaten Luftstrom. Der Nachteil liegt in den hohen Anschaffungskosten des Gerätes (bis zu € 15.000,-), sowie dem Gasverbrauch und der somit deutlich eingeschränkten Mobilität des Gerätes.