Helfen Sie Katzen und Hunden, ihr gesündestes Leben zu führen
Veterinary Focus

Ausgabe nummer 26.2 Sonstiges Wissenschaft

Persönliche Empfehlungen… Die niesende Katze

veröffentlicht 28/01/2021

Geschrieben von Elizabeth Rozanski

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español , English und ภาษาไทย

Niesen bei Katzen ist ein bemerkenswert häufiger Grund für einen Besuch in der tierärztlichen Praxis. Ein Tierarzt, der mit einer Katze oder einer Gruppe von Katzen mit dieser Symptomatik konfrontiert wird, muss einen guten Überblick über sämtliche möglichen Ursachen haben und die verschiedenen diagnostischen und therapeutischen Optionen kennen.

Persönliche Empfehlungen… Die niesende Katze

Kernaussagen

Bild gebende Verfahren, Biopsien und eventuell eine Rhinoskopie führen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Diagnose. Eine PCR kann für die Bestätigung einer chronischen infektiösen Ursache hilfreich sein.


Bei älteren Katzen kann einsetzendes Niesen weiterführende diagnostische Schritte rechtfertigen, wobei sich die Wahl der Tests nach den Ergebnissen der klinischen Beurteilung und nach den Wünschen des Besitzers richtet.


Bei jungen, gesunden Katzen mit plötzlich einsetzendem Niesen liegt höchstwahrscheinlich eine infektiöse Ätiologie zugrunde. Die Symptome gehen in den meisten Fällen unabhängig von der gewählten Therapie zurück.


Niesende Katzen gehören zu den häufigsten Patienten in der Kleintierpraxis. Ein Tierarzt, der mit einem solchen Patienten konfrontiert wird, sollte die möglichen Ursachen, die diagnostischen Optionen und die therapeutischen Möglichkeiten kennen.


Einleitung

Durch Niesen versucht der Körper, reizende Substanzen oder Objekte aus der Nase zu entfernen. Es handelt sich im Allgemeinen um einen unwillkürlichen Prozess. Einige Ursachen von Niesen sind selbstlimitierend, wie zum Beispiel der Aufenthalt in einem staubigen Keller, während andere fortschreitender Natur und sogar lebensbedrohend sein können.

Aus praktischen Erwägungen erscheint es mir sinnvoll, niesende Katzen in die beiden Kategorien „einfach“ und „komplex“ zu unterteilen. Hilfreich ist dies insbesondere, wenn es um die Wahl der für eine zur Untersuchung vorgestellte Katze am besten geeigneten diagnostischen Schritte geht. „Einfache“ Fälle sind in der Regel Katzenwelpen mit geringgradigen Infektionen der oberen Atemwege, während es sich bei den „komplexen“ Fällen meist um Katzen mit chronischer Erkrankung handelt, die sich beharrlich weigert, zu heilen oder um Fälle, in denen die Ätiologie trotz umfassender Diagnostik im Dunkeln bleibt. Dieser Artikel bietet einen kurzen Überblick für den praktischen Tierarzt, dem eine niesende Katze vorgestellt wird.

Anamnestische Schlüsselfragen und klinische Untersuchung

Wie bei nahezu allen Erkrankungen ist das Signalement des Patienten bei der Beurteilung einer niesenden Katze sehr hilfreich. Weitere anamnestische Schlüsselfragen, die ich Besitzern betroffener Katzen stelle, umfassen die Abklärung eines Zugangs nach draußen („Outdoor“-Katze?) oder eines möglichen Kontaktes zu anderen Katzen, aber auch die Dauer der klinischen Symptome, den allgemeinen Appetit des Patienten und seinen Aktivitätslevel sowie den Erfolg etwaiger vorangegangener Behandlungen. Wichtig ist zudem die Klärung der Frage, ob Nasenausfluss vorhanden ist, welche Charakteristika dieser aufweist und ob es sich um einoder beidseitigen Ausfluss handelt.

Fieber kann die Diagnose eines infektiösen Geschehens stützen, wobei virale Infektionen häufig mit höherem Fieber einhergehen. Eine Asymmetrie im Gesicht und ein fehlender Atemluftstrom aus einem oder aus beiden Nasenlöchern unterstützen die Diagnose einer Obstruktion der Nase. Hochgradige Zahnerkrankungen oder oronasale Fisteln können den therapeutischen Schwerpunkt in Richtung einer Behandlung zugrunde liegender Zahnund/oder Maulhöhlenerkrankungen verschieben. Vergrößerte Mandibularlymphknoten können ein Hinweis auf eine Infektion (z. B. Cryptococcus spp.) oder ein tumoröses Geschehen sein. Bei niesenden Katzen mit akutem, signifikantem Gewichtsverlust oder schlechtem Allgemeinzustand besteht der Verdacht auf eine schwerwiegendere systemische Erkrankung.

Potenzielle Ätiologien

Niesen kann unzählige potenzielle Ursachen haben, die grob in die folgenden Unterkategorien eingeteilt werden können.

  • Fremdkörper/Irritanzien. Zu dieser Kategorie gehören inhalierte Fremdkörper wie Cuterebra-Larven oder Grashalme (Abbildung 1). Nasale Fremdkörper als Ursache von Niesen werden häufiger bei Katzen mit Freigang festgestellt und treten vorwiegend in den wärmeren Monaten des Jahres auf. Die klinischen Symptome sind tendenziell perakuter Natur, und begleitendes Würgen ist ein häufiger Befund. Viele Fälle sind selbstlimitierend und heilen in der Folge rasch ab. Ist dies nicht der Fall, sollten weiterführende diagnostische Maßnahmen eingeleitet werden, die mindestens eine Untersuchung der Maulhöhle unter Sedierung und gegebenenfalls eine Nasenspülung umfassen 1.
 
Abbildung 1. Dieser Grashalm befand sich über einen Zeitraum von fünf Monaten in der Nase einer Katze und hatte zu paroxysmalem Niesen geführt.

Abbildung 1. Dieser Grashalm befand sich über einen Zeitraum von fünf Monaten in der Nase einer Katze und hatte zu paroxysmalem Niesen geführt. © Elisabeth Rozanski

  • Traumata. In diese Kategorie gehören Katzen mit Gesichtsfrakturen, die am häufigsten durch Verkehrsunfälle entstehen. Betroffene Katzen niesen aufgrund von Traumatisierungen der Turbinalia und oft mit Frakturen im Gesichtsbereich einhergehenden Blutungen in die Nasenhöhle hinein. Diese Kategorie bereitet nur selten diagnostische Schwierigkeiten.

    Katzen, deren Nasenhöhlen durch getrocknetes Blut verlegt sind, können jedoch auch unspezifische Symptome zeigen, wie zum Beispiel eine Verweigerung der Nahrungsaufnahme. Heftiges Niesen kann bei diesen Patienten zu signifikanten Blutungen führen. Komplexere diagnostische Maßnahmen sind bei Patienten mit Niesen im Zusammenhang mit Traumata in der Regel nicht erforderlich, für eine detaillierte Beurteilung von Ausdehnung und Grad der zugrunde liegenden Verletzungen können sie jedoch sehr hilfreich sein.

  • Infektionen. Infektionen gehören zu den häufigsten Ursachen von Niesen bei Katzen. In den meisten Fällen liegen Viren zugrunde (Herpesvirus, Calicivirus), aber auch bakterielle Infektionen, zum Beispiel mit Bordetella bronchiseptica, Streptococcus canis, Mycoplasma spp. und Chlamydophila felis kommen als primäre Ursachen von Infektionen der oberen Atemwege bei Katzen vor, wenn auch relativ selten. Bei jeder Rhinitis kann es jedoch zu einer sekundären Besiedelung durch Bakterien kommen.

    Kulturelle Untersuchungen von Nasentupferproben sind jedoch nur selten hilfreich, da die Ergebnisse in aller Regel eine sekundäre bakterielle Besiedelung widerspiegeln. Bei Virusinfektionen erweist sich die Isolierung des kausalen Erregers als große Herausforderung und wird in der letzten Zeit weitgehend durch die PCR (Polymerase-Kettenreaktion) ersetzt. Auch Cryptococcus-Infektionen können Niesen hervorrufen. Die Diagnose erfolgt oftmals auf zytologischem Weg, und mit Hilfe der Serologie können sowohl die aktive Infektion als auch deren Resolution nachgewiesen werden.

  • Entzündung. Eine chronische Rhinitis führt zu einer Zerstörung der Turbinalia und zu einer Akkumulation von Schleim und Debris, die letztlich Niesen auslösen kann. Als initialer Auslöser einer chronischen Rhinitis kommt eine ganze Reihe verschiedener Erkrankungen in Frage, die letztlich jedoch alle zu Nasenausfluss und Niesen führen 2. Eine histopathologische Untersuchung kann die Diagnose einer zugrunde liegenden allergischen Ursache stützen, wenn bestimmte zelluläre Infiltrate (z. B. lymphozytär-plasmazellulär) nachzuweisen sind. Auch Zahnund Maulhöhlenerkrankungen können in die Kategorie „Entzündung“ und in einigen Fällen auch in die Kategorie „Infektion“ fallen.

  • Neoplasie. Nasale Neoplasien können Niesen hervorrufen. Die endgültige Diagnose erfordert jedoch eine histopathologische Untersuchung von Proben der Zubildung zur Bestimmung des Gewebetyps (Abbildung 2).
     

Abbildung 2. Diese Katze litt laut Vorbericht über einen Zeitraum von vier Wochen unter Niesen, das auf eine antibiotische Behandlung nicht angesprochen hatte. Die Biopsie ergab ein Lymphom.

Abbildung 2. Diese Katze litt laut Vorbericht über einen Zeitraum von vier Wochen unter Niesen, das auf eine antibiotische Behandlung nicht angesprochen hatte. Die Biopsie ergab ein Lymphom. © Elizabeth Rozanski

Alter und Lebensweise – Spezifische Überlegungen

Katzenwelpen und junge Katzen neigen sehr stark zu Infektionen der oberen Atemwege, insbesondere, wenn sie zusammen mit Artgenossen in Tierheimen oder in kleinen Gruppen gehalten werden. Virusinfektionen breiten sich sehr leicht von Katze zu Katze aus. Eine Übertragung kann jedoch auch über Pflegepersonal erfolgen, das als Infektionsträger fungiert. Weniger häufige Ursachen von Niesen bei jungen Katzen sind nasopharyngeale Polypen (Abbildung 3), nasopharyngeale Stenosen, Fremdkörper und – selten – ein persistierender rechter Aortenbogen, der zu einer Ansammlung von Flüssigkeit im Ösophagus mit nachfolgendem nasalem Reflux führt.

Katzen, die ausschließlich oder überwiegend im Freien leben („Outdoor“-Katzen) neigen eher zu Traumata und Fremdkörpern als Wohnungskatzen. Katzen, die keiner frei lebenden Katzenkolonie angehören, bleiben oft von Atemwegsinfektionen verschont, da sie ein relativ einzelgängerisches Leben führen und nur selten Kontakt zu anderen Katzen haben.

Katzen mittleren bis fortgeschrittenen Alters erkranken mit höherer Wahrscheinlichkeit an Neoplasien. Ein Tumorverdacht besteht immer dann, wenn eine Katze im in Frage kommenden Alter und mit einer entsprechenden Symptomatik, aber ohne anamnestische Hinweise auf eine vorangegangene Erkrankung der Nase und der Atemwege vorgestellt wird. Bei vielen Katzen mit chronischer Rhinitis findet man im Vorbericht Hinweise auf ein offenbar gutes Ansprechen auf eine antibiotische Behandlung.

Abbildung 3. Dieser nasopharyngeale Polyp wurde bei einem jungen Katzenwelpen mit Niesen, Würgen und Stertor entfernt.

Abbildung 3. Dieser nasopharyngeale Polyp wurde bei einem jungen Katzenwelpen mit Niesen, Würgen und Stertor entfernt. © Elizabeth Rozanski

Diagnose

Bei älteren Katzen mit neu einsetzenden Symptomen entscheide ich mich meist für ein umfassenderes diagnostisches Work-up. Für die Untersuchung einer niesenden Katze stehen verschiedene diagnostische Optionen zur Verfügung. Die Wahl der Tests richtet sich im Einzelfall in erster Linie nach den Ergebnissen der klinischen Beurteilung des Patienten und nach den Wünschen des Besitzers 3.

  • Routinemäßige Labortests, einschließlich eines großen Blutbildes, eines chemischen Profils und einer Harnanalyse werden bei einer kranken Katze üblicherweise durchgeführt. Zu allgemeinen Screeningzwecken sind solche Labortests zwar durchaus sinnvoll, für die Suche nach der spezifischen Ursache des Niesens sind sie aber nur selten besonders hilfreich. Ist eine Allgemeinanästhesie geplant, sollte zunächst immer ein routinemäßiges präanästhetisches Screening durchgeführt werden, um physiologische Organfunktionen sicherzustellen. Tests auf das feline Leukämievirus (FeLV) und das feline Immundefizienzvirus (FIV) sind insbesondere bei Katzen sinnvoll, die zuvor noch nie negativ auf Retroviren getestet worden waren. Insbesondere FeLV kann einen Patienten für ein Lymphom prädisponieren, und jegliche Form einer Immunsuppression kann die Wahrscheinlichkeit einer Cryptococcus-Infektion erhöhen.

  • Komplexere Labortests, insbesondere PCR-Tests können je nach Indikation von Vorteil sein. Die PCR hat sich inzwischen zu einer außergewöhnlich hilfreichen Methode für den Nachweis zugrunde liegender Infektionserreger entwickelt, insbesondere bei Virusinfektionen 4. Bei der PCR- Methode wird in der Regel eine spezifische DNA-Sequenz nachgewiesen, um das Vorhandensein eines bestimmten Erregers nachzuweisen. Ein positiver PCR-Test bestätigt, dass der Erreger in der zur Untersuchung eingesandten Probe vorhanden ist, ein negatives Ergebnis schließt eine Infektion jedoch nicht notwendigerweise aus. Aber auch ein positives PCR-Resultat ohne gleichzeitig vorhandene klinische Erkrankung ist von zweifelhafter Signifikanz. Bei der Untersuchung eines Ausbruchs von Niesen in einer Katzenpopulation muss stets die Möglichkeit asymptomatischer Infektionsträger berücksichtigt werden. Solche Katzen können einen positiven PCR-Test aufweisen, und das weitere Vorgehen in diesen Fällen hängt vom isolierten Erreger ab. Bei einer aktiv niesenden Katze sollten positive PCR-Tests auf pathogene Erreger der oberen Atemwege immer als relevant betrachtet werden. Dagegen sind aerobe bakterielle Kulturen von Nasenausfluss wie oben erwähnt als diagnostisches Instrument kaum aussagekräftig. Solche Kulturen zeigen zwar fast immer ein positives Bakterienwachstum, dieses spiegelt in der Regel aber lediglich eine sekundäre Besiedelung der Nasengänge wider und keine primär pathogenen Erreger.

  • Röntgenaufnahmen des Schädels werden zur Beurteilung nasaler Erkrankungen häufig durchgeführt. Aufgrund der geringen Größe des Katzenschädels und der Überlagerungen verschiedener Körperstrukturen kann es jedoch sehr schwierig sein, solche Röntgenaufnahmen zu interpretieren, insbesondere, wenn es sich um undeutliche Weichteilgewebeveränderungen handelt. Spezielle Zahnröntgenaufnahmen können bei der Beurteilung der Nasenhöhle einer Katze ebenfalls hilfreich sein.

  • Hochentwickelte Bild gebende Verfahren wie die Computertomographie (CT) oder die Magnetresonanztomographie (MRT) können heute durch die Möglichkeit der Überweisung entsprechender Patienten an akademische Einrichtungen oder größere Tierkliniken in zunehmendem Maße auch von Allgemeinpraktikern genutzt werden. Die Nasenhöhle der Katzen eignet sich sowohl für ein CT als auch für ein MRT. Die mit Hilfe dieser Verfahren gewonnenen Bilder zeichnen sich insbesondere durch eine sehr viel bessere Detailgenauigkeit aus als konventionelle Röntgenaufnahmen (Abbildung 4).
Abbildung 4. Diese CT der Katze aus Abbildung 2 dokumentiert die Zubildung.

Abbildung 4. Diese CT der Katze aus Abbildung 2 dokumentiert die Zubildung. © Elizabeth Rozanski

  • Eine Rhinoskopie kann bei der Untersuchung einer niesenden Katze hilfreich sein, obgleich diese Untersuchungsmethode aufgrund der größenbedingten Einschränkungen bei dieser Spezies möglicherweise weniger von Nutzen ist als bei größeren Hunden. Die Nasenhöhle der Katze kann über eine retrograde Rhinoskopie vom kaudalen Oropharynx und mittels rostraler Rhinoskopie über die Nasenlöcher untersucht werden 5. Mit einem gewissen Maß an iatrogenen Blutungen muss bei dieser Untersuchungstechnik allerdings gerechnet werden. Steht kein Rhinoskop zur Verfügung, kann ein Otoskop mit kleinem konischem Trichter eingesetzt werden, um die rostralen Abschnitte der Nase zu untersuchen. Mit Hilfe eines Kastrationshakens und eines Dentalspiegels kann es zudem gelingen, den kaudalen Abschnitt der Nasenhöhle adspektorisch zu untersuchen.
  • Die histopathologische Untersuchung von Biopsiematerial ist sehr hilfreich für den Nachweis einer zugrunde liegenden Pathologie und kann darüber hinaus bei der Erstellung eines spezifischen Behandlungsplans von Vorteil sein. Entsprechende Biopsien sollten immer unter Allgemeinanästhesie durchgeführt werden. Der orale Pharynx sollte hierfür immer mit Gaze austamponiert werden, um Flüssigkeiten oder Gewebeproben aufzufangen. Die Entnahme von Biopsieproben erfolgt entweder mittels Rhinoskopie unter visueller Darstellung der Zubildung oder blind mit Hilfe einer Biopsiezange (entweder endoskopische Biopsiezange oder größeres Instrument). Steht eine Biopsiezange nicht zur Verfügung, kann ein IV-Katheter mit großem Lumen (14-16 G) (ohne die Stahlkanüle) in die Nasenhöhle vorgeführt werden. Anschließend werden 10-20 ml physiologische Kochsalzlösung von rostral nach kaudal durch den Katheter gespült, und Biopsiematerial wird mit dem zuvor im Pharynx platzierten Gazetupfer aufgefangen. Bei einer Blindbiopsie im Bereich der Nasenhöhle ist sehr sorgfältig darauf zu achten, nicht die Siebbeinplatte zu durchstoßen und versehentlich das Gehirn zu biopsieren. 
  • Eine Rhinotomie kann bei Katzen mit chronischer Erkrankung der Nase durchgeführt werden, um eine nasale Zubildung abzutragen, um tiefe Biopsien durchzuführen oder um einen nasalen Fremdkörper näher abzuklären. Glücklicherweise ist eine Rhinotomie aber nur selten erforderlich, da es sich um einen sehr invasiven und radikalen Eingriff handelt, den ich zur Abklärung von Niesen bei Katzen nur in Ausnahmefällen durchführe. Als therapeutisches Instrument führt eine Rhinotomie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu einer Heilung. Chronische Rhinitiden neigen zu Persistenz, und nach meiner Erfahrung ist eine Rhinotomie in diesen Fällen nur selten erfolgreich.

Therapie

  • Antibiotika werden bei Symptomen einer Erkrankung der oberen Atemwege häufig verordnet, sie sollten jedoch stets mit Bedacht eingesetzt werden. Bei Katzen mit primärer Viruserkrankung sind Antibiotika nicht a priori angezeigt. In vielen Fällen folgt einer Virusinfektion jedoch eine sekundäre bakterielle Infektion, und insbesondere systemisch erkrankte Katzen können durchaus von einer antibiotischen Behandlung profitieren. Die Mehrzahl der üblichen Antibiotika führt zu einer Besserung der klinischen Symptome, obgleich es in den meisten Fällen auch ohne antibiotische Therapie zu einer Besserung kommt. Vernünftige antibiotische Optionen wären Azithromycin, Doxycyclin, Amoxicillin/Clavulansäure und Fluoroquinolone, kombiniert mit einer standardmäßigen unterstützenden Behandlung 6 7. Bei Katzen mit chronischer Rhinitis führen Antibiotika in vielen Fällen zu einer offensichtlichen kurzfristigen Besserung der klinischen Symptome. Besitzer sollten jedoch darauf hingewiesen werden, dass diese Besserung lediglich auf eine Bekämpfung der sekundären bakteriellen Infektion zurückzuführen ist, und dass ein „stärkeres“ Antibiotikum in Anbetracht der aufgrund einer entsprechenden Chronizität des Geschehens bereits irreversibel geschädigten oder zerstörten Turbinalia nicht zu einer Heilung führen wird.
  • Antivirale Wirkstoffe wie Famciclovir (62,5-125 mg pro Katze ein- bis zweimal täglich) können zur Verkürzung der Dauer der klinischen Symptome eingesetzt werden. Unter klinischen Bedingungen kommen sie aber nur selten zum Einsatz, da die Heilung im typischen Fall ohnehin sehr schnell eintritt. In einer jüngsten Studie wurde Famciclovir als Einzeldosis bei Katzen zum Zeitpunkt der Aufnahme in ein Tierheim eingesetzt und zeigte keinerlei Vorteil im Hinblick auf eine Prävention von Krankheitsausbrüchen 8.
  • Lokale Therapiemaßnahmen, wie zum Beispiel die intranasale Instillation von Kochsalztropfen oder einer hypertonen Kochsalzlösung, können bei kooperativen Katzen durchgeführt werden, um die Schleimlösung zu unterstützen. Zusätzlich kann eine topische Behandlung mit Antibiotika (z. B. Ciprofloxacin-Tropfen) oder entzündungshemmenden Wirkstoffen (z. B. Dexamethason-Tropfen) hilfreich sein. Bei Katzen, die für diagnostische Maßnahmen narkotisiert werden, kann eine Nasenspülung mit physiologischer Kochsalzlösung die Entfernung von Schleim und Debris unterstützen und zu einer kurzfristigen Besserung führen.
  • Systemische Antiphlogistika können hilfreich sein. Eine Behandlung mit Glucocorticoiden kann bei einigen betroffenen Katzen zur Linderung des Entzündungsgeschehens führen. Bei einigen Katzen sind signifikantere Besserungen zu beobachten, wenn sie anstelle von Glucocorticoiden nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAIDs) erhalten. Vor der Langzeitanwendung eines NSAIDs bei einer Katze sollten jedoch zunächst die Empfehlungen des Herstellers berücksichtigt werden.
  • Alternative Therapien stehen ebenfalls zur Verfügung und können eine Überlegung wert sein. Dazu gehört unter anderem das Anfeuchten der Luft (z. B. platzieren der Katze im Bad, während man die heiße Dusche laufen lässt oder Anwendung eines Luftbefeuchters), um die Drainage von Sekreten zu unterstützen, oder die Gabe von N-Acetylcystein (70-100 mg/kg PO alle 12-24 h) zur Verdünnung des in der Nase festsitzenden Schleims. Der Nahrung zugesetzte Fisch-ölsupplemente können zu einer Linderung des Entzündungsgeschehens im nasalen Gewebe beitragen. Eine kleine Pilotstudie zeigt, dass eine Immuntherapie das Niesen bei älteren Katzen mit chronischer Rhinitis reduzieren kann 9.
  • Eine onkologische Therapie kann bei Katzen mit nasalen Neoplasien erforderlich sein. Betroffene Tiere können zumindest kurzfristig auf eine entsprechende Behandlung ansprechen. Eine Strahlentherapie kann sowohl bei Karzinomen als auch bei Lymphomen hilfreich sein, und bei einigen Katzen mit nasalem Lymphom können durchaus auch chemotherapeutische Behandlungen mit Erfolg eingesetzt werden 10.

Weitere Kommentare

Anästhesie

Eine Allgemeinanästhesie ist für nahezu alle diagnostischen Maßnahmen im Bereich der Nase erforderlich. Bei niesenden Katzen ist in der Regel jedes der üblicherweise eingesetzten Anästhesieprotokolle akzeptabel. Der kaudale Oropharynx ist bei dieser Spezies jedoch sehr empfindlich, und eine Untersuchung dieser Gewebe kann zu Husten und Würgen führen. Für eine Biopsie oder Spülung in diesem Bereich sollten Katzen immer intubiert werden. Gazetupfer zur Austamponierung des Oropharynx müssen rechtzeitig vor dem Aufwachen des Patienten aus der Narkose wieder entfernt werden. Während der Aufwachphase sollten narkotisierte Katzen immer sehr eng überwacht werden.

Prävention

Strategien zur Prävention von Niesen bei Katzen sind in erster Linie abhängig von der Ätiologie. Impfungen sind ein weithin verfügbares Instrument zum Schutz vor Infektionen mit Herpes- und Caliciviren. Interessanterweise zeigt eine neuere Studie 11, dass intranasale Impfungen gegen Viren auch zu einer wirksamen Linderung von Symptomen durch bakterielle Infektionen führen. Die Einführung einer neuen Katze oder eines Katzenwelpen in einen Haushalt, in dem bereits Katzen leben, sollte stets mit Vorsicht erfolgen 12, und eine ausreichend lange Quarantäneperiode für jedes neu hinzukommende Tier ist in diesen Situationen sicherlich ratsam.

Elizabeth Rozanski

Wie bei nahezu allen Erkrankungen ist das Signalement des Patienten bei der Beurteilung einer niesenden Katze sehr hilfreich. Weitere anamnestische Schlüsselfragen, die ich Besitzern betroffener Katzen stelle, umfassen die Abklärung eines Zugangs nach draußen („Outdoor“-Katze?) oder eines möglichen Kontaktes zu anderen Katzen, aber auch die Dauer der klinischen Symptome, den allgemeinen Appetit des Patienten und seinen Aktivitätslevel sowie den Erfolg etwaiger vorangegangener Behandlungen.

Elizabeth Rozanski

Unter dem Aspekt der Prävention kann die ausschließliche Wohnungshaltung einer Katze die Exposition gegenüber Fremdkörpern natürlich reduzieren. Eine geeignete Zahnpflege zur Vermeidung von Zahn- und Maulhöhlenerkrankungen ist bei jeder Katze ratsam. Darüber hinaus empfehle ich Besitzern, im Umfeld ihrer Katze nicht zu rauchen. Der Entstehung von neoplastischen Erkrankungen kann natürlich kaum vorgebeugt werden.

Empfehlungen zur Ernährung

Bei den meisten niesenden Katzen ist eine Umstellung der Ernährung nicht erforderlich. Katzen, die eine Nahrungsaufnahme aufgrund einer Infektion der oberen Atemwege verweigern, können jedoch von speziellen Rekonvaleszenznahrungen mit hoher Akzeptanz profitieren. Bei Katzen mit nasalen Tumoren oder anderen Erkrankungen mit lang anhaltender Anorexie kann eine ösophageale Ernährungssonde gelegt werden, über die eine geeignete Rekonvaleszenznahrung verabreicht wird. Bei Katzen mit Verdacht auf eine Allergie kann eine hypoallergene Diätnahrung in Betracht gezogen werden.

Weitere Gedanken

  • Katzen mittleren bis fortgeschrittenen Alters haben fast nie nasopharyngeale Polypen. Solche Polypen treten nahezu ausschließlich bei jungen Katzen auf.
  • Chronische Rhinitis ist eine sehr frustrierende Erkrankung. Eine gewisse Besserung kann zwar eintreten, Besitzer sollten aber stets darauf vorbereitet werden, dass eine permanente Heilung unwahrscheinlich ist.
  • Einige Katzen mit Erkrankung der oberen Atemwege haben begleitend eine Erkrankung der unteren Atemwege oder „Asthma“. Bei einer Katze mit chronischem Niesen, die zusätzlich auch hustet, sollte deshalb immer auch der Verdacht einer Erkrankung der unteren Atemwege abgeklärt werden. In keinem Fall sollte man a priori davon ausgehen, dass es sich bei dem Husten einfach nur um die Folge eines nach kaudal abfließenden Nasensekrets handelt.

Niesen ist ein häufiger Grund für die Vorstellung von Katzen in der tierärztlichen Praxis. Bei jungen, ansonsten gesunden Katzen mit akut einsetzendem Niesen liegt am wahrscheinlichsten eine infektiöse Ätiologie zugrunde. In der Regel geht das Krankheitsgeschehen unabhängig von der durchgeführten (oder auch nicht durchgeführten!) Behandlung von selbst zurück. Fremdkörper kommen zwar seltener vor als Infektionen, sind aber durchaus als eine mögliche Ursache von Niesen in Betracht zu ziehen. Fremdkörperverdacht besteht in erster Linie bei Katzen mit Zugang nach draußen und plötzlich einsetzenden Symptomen, insbesondere, wenn begleitend kein Fieber vorhanden ist. Bei systemisch erkrankten Katzenwelpen sind eine unterstützende Behandlung und eine antibiotische Therapie angezeigt. Bei älteren Katzen oder bei Katzen mit akut einsetzendem Niesen sind in den meisten Fällen weitere diagnostische Maßnahmen gerechtfertigt, deren Wahl sich im Einzelfall nach den Ergebnissen der klinischen Beurteilung des Patienten und nach den Wünschen des Besitzers richtet. Computertomographie, Biopsie und Rhinoskopie sind die wichtigsten ergänzenden Untersuchungsverfahren, die mit der höchsten Wahrscheinlichkeit zu einer endgültigen Diagnose führen. Die PCR kann zur Bestätigung einer chronischen Infektion eingesetzt werden oder im Rahmen der Diagnostik und Behandlung einer größeren Katzengruppe. Bei einer chronischen Rhinitis handelt es sich um ein medizinisches Langzeitproblem. Eine vollständige Heilung ist sehr unwahrscheinlich, es gibt jedoch zahlreiche palliativ einsetzbare Behandlungsoptionen.

Literatur

  1. Reed N, Gunn-Moore D. Nasopharyngeal disease in cats: 1. Diagnostic investigation. J Feline Med Surg 2012;14(5):306-315.

  2. Litster AL, Wu CC, Leutenegger CM. Detection of feline upper respiratory tract disease pathogens using a commercially available real-time PCR test. Vet J 2015;206(2):149-153.

  3. Egberink H, Addie D, Belák S, et al. Bordetella bronchiseptica infection in cats. ABCD guidelines on prevention and management. J Feline Med Surg 2009;11(7):610-614.

  4. Reed N. Chronic rhinitis in the cat. Vet Clin North Am Small Anim Pract 2014;44(1):33-50.

  5. Litster AL, Lohr BR, Bukowy RA, et al. Clinical and antiviral effect of a single oral dose of famciclovir administered to cats at intake to a shelter. Vet J 2015;203(2):199-204.

  6. Bellei E, Pisoni L, Joechler M, et al. An unusual case of a nasal foreign body in a cat with chronic nasal discharge. J Am Anim Hosp Assoc 2015;51(4):249-251.

  7. Veir JK, Lappin MR, Dow SW. Evaluation of a novel immunotherapy for treatment of chronic rhinitis in cats. J Feline Med Surg 2006;8(6):400-411.

  8. Litster AL, Wu CC, Constable PD. Comparison of the efficacy of amoxicillin- clavulanic acid, cefovecin, and doxycycline in the treatment of upper respiratory tract disease in cats housed in an animal shelter. J Am Vet Med Assoc 2012;15;241(2):218-226.

  9. Bradley A, Kinyon J, Frana T, et al. Efficacy of intranasal administration of a modified live feline herpesvirus 1 and feline calicivirus vaccine against disease caused by Bordetella bronchiseptica after experimental challenge. J Vet Intern Med 2012;26(5):1121-1125.

  10. Elie M, Sabo M. Basics in canine and feline rhinoscopy. Clin Tech Small Anim Pract 2006;21(2):60-63.

  11. Haney SM, Beaver L, Turrel J, et al. Survival analysis of 97 cats with nasal lymphoma: a multi-institutional retrospective study (1986-2006). J Vet Intern Med. 2009;23(2):287-294.

  12. Spindel ME, Veir JK, Radecki SV, et al. Evaluation of pradofloxacin for the treatment of feline rhinitis. J Feline Med Surg 2008;10(5):472-479.

Elizabeth Rozanski

Elizabeth Rozanski

Dr. Rozanski schloss ihr Tiermedizinstudium 1992 an der University of Illinois in den USA ab und absolvierte anschließend ein rotierendes Internship an der University of Minnesota Mehr lesen

Andere Artikel in dieser Ausgabe

Ausgabe nummer 26.2 veröffentlicht 11/07/2023

Umfrage zu Arbeitsbelastung und Wohlbefinden

Burnout und eine schlechte mentale Gesundheit sind mögliche Schlüsselfaktoren für den derzeitigen Mangel an Tierärzten und Tierärztinnen. In diesem Artikel werden die Ergebnisse einer kürzlich durchgeführten Umfrage vorgestellt, die versucht, das Ausmaß der Probleme zu ermitteln.

von Gerdinique C. Maessen und Luc T. Theunisse

Ausgabe nummer 26.2 veröffentlicht 01/04/2021

Persönliche Empfehlungen… Overgrooming bei Katzen

Das „Grooming“ ist ein normales Verhalten von Katzen und besteht aus dem Belecken und Beknabbern von Haaren und Haut und dem Abreiben des Gesichts mit den Vorderpfoten.

von Kate Griffiths

Ausgabe nummer 26.2 veröffentlicht 01/04/2021

Persönliche Empfehlungen… Overgrooming bei Katzen

Das „Grooming“ ist ein normales Verhalten von Katzen und besteht aus dem Belecken und Beknabbern von Haaren und Haut und dem Abreiben des Gesichts mit den Vorderpfoten.

von Kate Griffiths

Ausgabe nummer 26.2 veröffentlicht 22/03/2021

Fütterung stationärer Katzen

Wann sollte eine Katze gefüttert werden? Grundsätzlich so früh wie möglich!

von Rene Dorfelt